Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
hat er gemacht«, sagte Nyberg. »Ein einziges. Und dann nichts mehr. Wir lassen es so schnell wie möglich entwickeln.«
    »Sie waren seit zwei Stunden verheiratet«, sagte Wallander.
    »Dieser Verrückte kann anscheinend keine glücklichen Menschen |400| ertragen. Oder er sieht es als seine Lebensaufgabe an, Freude in Trauer zu verwandeln.«
    Wallander vernahm Nybergs letzten Kommentar eher abwesend. Unten am Strand ging Edmundsson mit Kall. Eine zweite Hundestreife suchte etwas weiter oberhalb am Strand. Vor den Absperrungen hatten sich bereits zahlreiche Schaulustige versammelt. Weit draußen am Horizont sah Wallander ein Schiff mit Kurs nach Westen ziehen. In ein paar Stunden würde es den Sund passieren und aufs offene Meer hinausfahren.
    Noch immer konnte er das Geschehene nicht wirklich fassen. Er hatte gefürchtet, daß es geschehen würde. Aber gehofft hatte er das Gegenteil.
Ein guter Polizist hofft immer
, hatte Rydberg stets gesagt.
Ein guter Polizist hofft, daß ein Mord nicht geschieht. Daß ein Täter nicht trifft, wenn er die Waffe auf einen wehrlosen Menschen richtet. Ein guter Polizist hofft, daß die Verbrechen, die geschehen, so aufgeklärt werden, daß die Staatsanwälte zufrieden sind und die Gerichte Strafen verhängen können. Vor allem hofft ein guter Polizist, daß die Kriminalität abnimmt. Aber ein guter Polizist weiß gleichzeitig, daß dies kaum eintreten wird. Solange die Gesellschaft ist, wie sie ist. Solange Ungerechtigkeit der Motor des gesellschaftlichen Fortschritts ist.
    Er pflegte noch etwas anderes zu sagen, dachte Wallander.
Verbrechensbekämpfung ist stets eine Frage des Durchhaltevermögens. Wer hält am meisten aus, wer hält am längsten durch?
    Lisa Holgersson und Thurnberg tauchten an seiner Seite auf. Wallander war so tief in Gedanken versunken, daß er zusammenzuckte.
    »Hier hätten Straßensperren errichtet werden müssen«, sagte Thurnberg.
    Wallander sah ihn an. Thurnberg hatte nicht gegrüßt, nicht einmal mit einem Nicken.
    In diesem Moment beschloß Wallander zwei Dinge. Er würde die Leitung der Ermittlungen nicht freiwillig aus der Hand geben. Er würde außerdem offen sagen, was er dachte. Und damit würde er jetzt anfangen.
    »Nein«, entgegnete er. »Hier hätten keineswegs Straßensperren errichtet werden müssen. Du hättest das natürlich anordnen |401| können. Aber dann hättest du selbst erklären müssen, warum. Von mir hättest du keine Hilfe bekommen.«
    Thurnberg hatte eine solche Antwort von Wallander nicht erwartet. Für einen Augenblick verlor er seine Selbstsicherheit.
    Da hat er sich zu stark aufgeblasen, dachte Wallander voller Genugtuung. Er hat sich so weit aufgeblasen, daß er geplatzt ist.
    Demonstrativ wandte er Thurnberg den Rücken zu. Lisa Holgersson war blasser, als er sie je gesehen hatte. In ihrer Angst erkannte er seine eigene wieder.
    »Es ist also derselbe Mann?«
    »Ja. Kein Zweifel.«
    »Aber ein Brautpaar?«
    Das war auch sein erster Gedanke gewesen. Doch er wußte, daß es nur eine einzige Antwort gab. »Auch ein Brautpaar ist irgendwie verkleidet.«
    »Und darauf hat er es abgesehen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was sollte es denn sonst sein?«
    Wallander antwortete nicht. Er wußte keine Antwort. Auch wenn es noch viel zu früh für irgendwelche Schlußfolgerungen war, kam es ihm im Moment so vor, als sei das Erklärungsfundament, das sie sich so mühsam aufgebaut hatten, eben in sich zusammengefallen.
    Er sah nur noch einen Wahnsinnigen vor sich. Einen Wahnsinnigen, der nicht in jeder Beziehung wahnsinnig war. Der acht Menschen getötet hatte. Darunter einen Polizisten.
    »Ich glaube, so etwas Entsetzliches habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht mitgemacht«, sagte sie.
    »Schweden war einmal für seine genialen Erfinder berühmt«, sagte Wallander. »Dann wurden wir wegen des Volksheims berühmt, wie der Wohlfahrtsstaat sich nannte. Außerdem waren wir eine Zeitlang von dem zählebigen Ruf umgeben, der fälschlicherweise die schwedische Sünde genannt wurde. Jetzt ist die Frage, ob wir nicht Aufsehen erregen, weil ein Mörder sich verhält wie noch kein anderer vor ihm.«
    Er bereute seine Worte sofort. Die Vergleiche waren sinnlos, die Gelegenheit unpassend, die Bemerkung völlig unangebracht.
    |402| »Die Angehörigen«, sagte sie. »Wie bringt man Familien und Freunden eines Brautpaars, das vor weniger als zwei Stunden die Kirche verlassen hat, bei, daß die beiden nicht mehr leben?«
    »Ich weiß es nicht«,

Weitere Kostenlose Bücher