Wallander 07 - Mittsommermord
ist. Es könnte ein Mittsommerfest sein. Aber es kann nicht in diesem Jahr gewesen sein. Weil Lena Norman nicht dabei ist, dagegen allerdings Astrid Hillström.«
»Sie kommt mir etwas jünger vor.«
Wallander stimmte ihr zu. »Der Meinung bin ich auch. Das Bild kann ein oder zwei Jahre alt sein.«
»Nichts auf dem Bild macht einen bedrohlichen Eindruck«, sagte sie. »So ausgelassen war man in dem Alter. Das Leben war endlos, und Sorgen kannte man kaum.«
»Ich glaube, einen solchen Anfang einer Ermittlung habe ich noch nie erlebt«, sagte Wallander. »Natürlich ist Svedberg der Dreh- und Angelpunkt. Aber ich sehe nicht, in welche Richtung wir uns wenden müssen. Die Kompaßnadel dreht sich im Kreis.«
»Es liegt sicher auch an unserer Furcht«, meinte sie. »Der Furcht davor, daß Svedberg in etwas verwickelt sein könnte, vor dem wir am liebsten die Augen verschließen würden.«
»Ylva Brink sagte etwas Eigentümliches, als ich gestern mit ihr sprach. Sie behauptete, Svedberg habe gesagt, ich sei sein bester Freund.«
Sie betrachtete ihn fragend. »Wundert dich das?«
»Natürlich.«
»Er hat außerdem zu dir aufgesehen. Das wußten alle.«
Wallander schaltete den Projektor aus und steckte die Fotos wieder in den Umschlag. »Wenn sich nun zeigt, daß Svedberg ein ganz anderer war, dann gilt das ja auch für seine Einstellung zu mir.«
»Was bedeuten würde, daß er dich eigentlich haßte?«
Wallander verzog das Gesicht. »Das glaube ich kaum. Aber wer weiß das schon?«
Sie verließen das Sitzungszimmer. Ann-Britt Höglund nahm den Umschlag mit den Bildern, um ihn Nyberg zu bringen, der ihn auf Fingerabdrücke untersuchen sollte. Zuerst wollte sie jedoch eine Reihe von Fotokopien der beiden Bilder machen.
|152| Wallander ging aufs Klo und pinkelte lange. Farbloser Urin. Dann trank er im Eßraum fast einen Liter Wasser.
Er hatte es übernommen, noch einmal mit Eva Hillström zu sprechen und einen zweiten Besuch bei Sture Björklund in Hedeskoga zu machen. Er ging in sein Zimmer und legte die Hand auf den Telefonhörer, entschied sich dann aber dafür, mit Astrids Mutter anzufangen. Ohne sich vorher anzumelden. Ann-Britt klopfte und reichte ihm die Kopien. Das Bild der Jugendlichen hatte sie so stark vergrößert, daß ihre Gesichter deutlich hervortraten.
Es wurde zwölf, bevor Wallander das Polizeipräsidium verließ. An der Anmeldung hörte er jemanden sagen, es seien 23 Grad. Bevor er in den Wagen stieg, zog er die Jacke aus.
Eva Hillström wohnte im Körlingsväg, nicht weit von der östlichen Einfahrt zur Stadt. Er parkte vor dem Gartentor. Das Haus war sehr groß. Es war Anfang das Jahrhunderts gebaut worden und lag in einem weitläufigen Garten. Er klingelte an der Tür. Eva Hillström öffnete. Sie zuckte zusammen, als sie ihn sah.
»Es ist nichts passiert«, sagte Wallander schnell, besorgt, sie könnte seinen Besuch als Bekräftigung ihrer schlimmsten Befürchtungen auffassen. Eva Hillström trug einen Trainingsanzug und war barfuß. Sie betrachtete ihn mit unruhig flackerndem Blick.
»Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen.«
Sie murmelte etwas, was Wallander nicht verstand. Dann folgte er ihr in ein großes Wohnzimmer. Möbel und Bilder machten einen teuren Eindruck. Es sah nicht danach aus, als sei die Finanzlage der Familie Hillström besorgniserregend. Er setzte sich gehorsam auf das Sofa, auf das sie zeigte.
»Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
Wallander schüttelte den Kopf. Er hatte Durst. Aber um ein Glas Wasser wollte er aus irgendeinem Grund nicht bitten.
Sie setzte sich auf die äußerste Kante eines Stuhls. Wie eine Läuferin, die in den Startblöcken sitzt und sich auf den Startschuß konzentriert, dachte Wallander. Er holte die Kopien hervor und zeigte ihr als erstes das Bild des Frauengesichts. Sie warf einen Blick darauf und sah ihn verwundert an. »Wer ist das?«
»Sie kennen sie also nicht?«
»Hat sie etwas mit Astrid zu tun?«
|153| Ihre Frage klang aggressiv. Wallander sah ein, daß er einen energischeren Ton anschlagen mußte. »Die Polizei muß manchmal eine Reihe von Routinefragen stellen«, sagte er. »Ich zeige Ihnen dieses Bild. Und ich möchte wissen, ob Sie die Frau kennen.«
»Wer ist sie?«
»Antworten Sie bitte auf meine Frage.«
»Ich habe sie noch nie gesehen.«
»Dann brauchen wir nicht weiter darüber zu reden.«
Sie wollte gerade eine neue Frage stellen, als Wallander ihr das zweite Bild reichte. Wieder warf sie flüchtig einen Blick
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