Wallander 08 - Die Brandmauer
des Telefons unterbrach ihn in seinen Gedanken. Es war Irene. Siv Eriksson warte an der Anmeldung. Er sprang vom Stuhl, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und ging hinunter. Sie war wirklich eine sehr attraktive Frau. Er hatte beschlossen, sie in sein Büro zu bitten, aber sie hatte keine Zeit.
|317| Sie reichte ihm einen Umschlag. »Hier ist die Liste, um die Sie mich gebeten haben.«
»Ich hoffe, es hat Sie nicht zuviel Mühe gekostet.«
»Nicht allzuviel. Aber mühsam war es schon.«
Sie lehnte dankend ab, als er ihr eine Tasse Kaffee anbot.
»Tynnes hat eine Reihe loser Fäden hinterlassen«, erklärte sie. »Ich will versuchen, sie zu ordnen.«
»Sie sind demnach nicht ganz sicher, ob er nicht noch andere Aufträge hatte?«
»Nein, aber ich glaube es nicht. In der letzten Zeit hat er vieles abgelehnt. Ich weiß das, weil er mich gebeten hatte, verschiedene Anfragen zu beantworten.«
»Wie haben Sie das aufgefaßt?«
»Ich dachte, er hätte vielleicht eine Verschnaufpause nötig.«
»Ist das vorher schon einmal vorgekommen? Daß er eine größere Anzahl von Anfragen abgelehnt hat?«
»Jetzt, wo Sie mich danach fragen, würde ich sagen, nein, eigentlich nicht. Es war tatsächlich zum erstenmal.«
»Und er hat nicht erklärt, warum?«
»Nein.«
Wallander hatte keine Fragen mehr. Siv Eriksson wandte sich zum Ausgang. Ein Taxi wartete vor der Tür auf sie. Als der Fahrer ihr die Wagentür aufhielt, sah Wallander, daß er ein schwarzes Trauerband am Arm trug.
Er ging zurück in sein Zimmer und öffnete den Umschlag. Die Liste war lang. Viele der Unternehmen, für die Falk und Siv Eriksson Aufträge ausgeführt hatten, waren ihm unbekannt. Aber mit einer Ausnahme waren alle in Schonen ansässig. Eine Firma hatte eine dänische Adresse. Wallander meinte zu wissen, daß dort Hebekräne hergestellt wurden. Aber zwischen all den unbekannten Unternehmen fand er auch einige, die er identifizieren konnte, unter anderem mehrere Banken. Sydkraft oder ein anderes Stromversorgungsunternehmen war jedoch nicht dabei. Wallander schob die Liste beiseite und verlor sich in Gedanken.
Tynnes Falk war tot vor einem Geldautomaten gefunden worden. Er hatte am Abend das Haus verlassen, um einen Spaziergang zu machen. Eine Frau mit Hund hatte ihn gesehen. Er hatte am |318| Geldautomaten haltgemacht und einen Kontoauszug ausdrucken lassen, aber kein Geld abgehoben. Und dann war er tot umgefallen. Wallander hatte plötzlich das Gefühl, etwas übersehen zu haben. Wenn Falk keinen Herzinfarkt bekommen hatte und auch nicht überfallen worden war, woran konnte er dann gestorben sein?
Nach weiteren Minuten des Nachdenkens rief er in der Filiale der Nordbank an. Bei mehreren Gelegenheiten hatte er einen Kredit in Anspruch nehmen müssen, wenn er einen neuen Wagen gekauft hatte. Dabei hatte er einen der leitenden Angestellten der Bank namens Winberg näher kennengelernt. Wallander ließ sich mit Winberg verbinden. Als die Frau in der Vermittlung sagte, Winbergs Apparat sei besetzt, bedankte er sich und legte auf. Er verließ das Präsidium und ging zur Bank. Winberg führte gerade ein Kundengespräch, nickte Wallander aber zu, sich zu setzen und zu warten.
Nach fünf Minuten war Winberg frei. »Ich habe schon auf Sie gewartet«, sagte er. »Ist wieder ein anderer Wagen fällig?«
Wallander hörte nie auf, sich darüber zu wundern, daß die Bankangestellten so jung waren. Als er zum erstenmal einen Kredit aufnahm, hatte er sich gefragt, ob Winberg, der den Kredit bewilligte, wohl schon das Alter für den Führerschein erreicht hatte.
»Ich komme wegen etwas ganz anderem. Eine dienstliche Angelegenheit. Der Wagen muß noch eine Weile warten.«
Winbergs Lächeln verschwand, Wallander sah, daß er nervös wurde.
»Ist hier in der Bank etwas vorgefallen?«
»Dann wäre ich zu Ihrem Chef gegangen. Ich benötige lediglich eine Information. Über Ihre Geldautomaten.«
»Aus Sicherheitsgründen ist es mir natürlich nicht möglich, allzuviel zu sagen.«
Wallander dachte, daß Winberg sich genauso hölzern ausdrückte, wie er selbst es oft tat.
»Meine Fragen sind eher technischer Art. Die erste ist ganz einfach. Wie häufig kommt es vor, daß einem Bankomat bei der Registrierung einer Abhebung oder bei der Ausgabe eines Kontoauszugs Fehler unterlaufen?«
|319| »Sehr selten. Aber ich habe keine Statistik zur Hand.«
»Für mich heißt ›sehr selten‹, daß es im Prinzip nie vorkommt?«
Winberg nickte. »Für mich
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