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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gefunden, als sie rausgefahren waren, um die Störung zu beheben.«
    »Wie weit reicht sie denn?«
    »Hansson zufolge ist ein Viertel von ganz Schonen lahmgelegt.«
    Wallander sah ihn ungläubig an. Ein Stromausfall war sehr selten derartig umfassend. Es kam gelegentlich vor, wenn ein schwerer Wintersturm übers Land zog. Oder wie bei dem Orkan im Herbst 1969.   Aber nicht, wenn es so wehte wie jetzt.
    Sie bogen von der Hauptstraße ab. Der Regen hatte zugenommen. Martinssons Scheibenwischer lief auf vollen Touren. Wallander bereute, daß er keine Regenjacke angezogen hatte, und an seine Gummistiefel kam er auch nicht heran. Die lagen im Kofferraum seines Wagens, der beim Präsidium stand.
    Hansson bremste. Eine Taschenlampe leuchtete in der Dunkelheit. Wallander sah einen Mann im Overall, der ihnen zuwinkte.
    »Das hier ist eine Hochspannungsstation«, sagte Martinsson. »Es wird kein schöner Anblick sein. Wenn es stimmt, daß jemand verbrannt ist.«
    Sie stiegen aus in den Regen. Hier draußen auf dem freien Feld war der Wind stärker. Der Mann, der ihnen entgegenkam, stand unter Schock. Wallander zweifelte nicht mehr daran, daß wirklich etwas Ernstes geschehen war.
    »Da drinnen«, sagte der Mann und zeigte zum Haus.
    |84| Wallander ging voran. Der Regen peitschte ihm ins Gesicht und nahm ihm fast die Sicht. Martinsson und Hansson waren hinter ihm. Neben ihnen ging der geschockte Olle Andersson. »Da drinnen«, sagte er, als sie vor dem Transformatorenhaus stehenblieben.
    »Steht da drinnen noch irgend etwas unter Strom?« fragte Wallander.
    »Nichts. Jetzt nicht mehr.«
    Wallander nahm Martinssons Taschenlampe und leuchtete ins Innere des Häuschens. Jetzt roch er den Gestank von verbranntem Menschenfleisch. Ein Geruch, an den er sich nie hatte gewöhnen können. Obwohl er ihn oft genug gerochen hatte, wenn Menschen bei Bränden umgekommen waren. Ihm fuhr unwillkürlich der Gedanke durch den Kopf, daß Hansson sich bestimmt übergeben würde. Leichengeruch ertrug er nicht.
    Der Körper war schwarz verkohlt. Das Gesicht war unkenntlich. Sie hatten einen rußigen Kadaver vor sich. Eingeklemmt zwischen Sicherungen und Leitungen.
    Er trat zur Seite, damit Martinsson sehen konnte.
    »Pfui Teufel«, stöhnte Martinsson.
    Wallander rief Hansson zu, er solle Nyberg benachrichtigen und die volle Besetzung anfordern.
    »Und sie sollen einen Generator mitbringen. Damit wir hier Licht haben.«
    Er wandte sich an Martinsson. »Wie heißt der Mann, der die Leiche entdeckt hat?«
    »Olle Andersson.«
    »Was tat er hier?«
    »Sydkraft hatte ihn hergeschickt. Sie haben natürlich Reparateure, die rund um die Uhr in Bereitschaft sind.«
    »Sprich mit ihm. Versuche, einen Zeitplan aufzustellen. Und trampelt hier nicht herum. Nyberg dreht sonst durch.«
    Martinsson nahm Andersson mit zu einem der Autos. Wallander war plötzlich allein. Er ging in die Hocke und leuchtete die Leiche an. Von der Kleidung war nichts übrig. Wallander hatte das Gefühl, eine Mumie zu betrachten. Oder einen Körper, der nach tausend Jahren in einem Moor gefunden worden war. Aber dies |85| war eine moderne Transformatorstation. Er versuchte nachzudenken. Der Strom war gegen elf ausgefallen. Jetzt war es kurz vor eins. Wenn es dieser Mensch war, der den Stromausfall verursacht hatte, dann war es vor ungefähr zwei Stunden passiert.
    Wallander kam wieder hoch. Die Taschenlampe ließ er auf dem Zementfußboden stehen. Was war geschehen? Ein Mensch verschafft sich Zugang zu einer abseits gelegenen Transformatorstation und verursacht einen Stromausfall, indem er sich das Leben nimmt. Wallander verzog das Gesicht. So einfach konnte es nicht sein. Schon häuften sich die Fragen. Er bückte sich nach der Lampe und sah sich im Raum um. Er konnte nichts anderes tun, als auf Nyberg zu warten.
    Aber gleichzeitig beunruhigte ihn etwas. Er ließ den Lichtkegel der Taschenlampe über den verkohlten Körper wandern. Woher sein Gefühl kam, wußte er nicht. Aber es war, als erkenne er etwas, was nicht mehr da war. Aber vor kurzem noch dagewesen war.
    Er ging nach draußen und betrachtete die massive Stahltür. Sie hatte zwei robuste Schlösser. Eine Spur von Gewalteinwirkung konnte er nicht erkennen. Er nahm den Weg zurück, den er gekommen war, und versuchte nur da aufzutreten, wo der Boden unberührt war. Als er zum Zaun kam, untersuchte er das Tor. Es war aufgebrochen worden. Was hatte das zu bedeuten? Ein Tor war aufgebrochen, eine Stahltür hingegen ohne

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