Wallander 08 - Die Brandmauer
ergeben. Ich hätte es gemerkt, wenn Eva Persson unsicher gewesen wäre.
Ann-Britt schien seine Gedanken zu lesen. »Ich habe nicht soviel Erfahrung wie du. Ich wünschte, ich könnte dir eine bessere Antwort geben.«
»Früher oder später bekommen wir es raus. Wenn der Haupteingang verschlossen ist, muß man es durch die Hintertür versuchen.«
»Ich versuche, die Zusammenhänge zu verstehen«, sagte Ann-Britt. »Aber ich sehe noch keinen.«
»Es wird seine Zeit dauern«, sagte Wallander. »Fragt sich, ob wir nicht Hilfe benötigen. Wir sind viel zu wenige. Auch wenn wir dies natürlich vorrangig behandeln und alles andere liegenlassen.«
Ann-Britt betrachtete ihn verwundert. »Früher hast du immer darauf bestanden, daß wir unsere Ermittlungen allein durchführen. Hast du deine Meinung geändert?«
»Vielleicht.«
»Weiß eigentlich jemand, was die Umstrukturierung, die gerade läuft, beinhaltet? Ich jedenfalls nicht.«
»Etwas wissen wir trotzdem«, wandte Wallander ein. »Der Polizeibezirk Ystad existiert nicht mehr. Heute gehören wir zum Polizeidistrikt Südliches Schonen.«
»Der mit zweihundertzwanzig Planstellen ausgestattet sein soll. Und der gleichzeitig acht Kommunen umfaßt. Von Simrishamn bis Vellinge. Keiner weiß, wie das funktionieren soll. Wenn es überhaupt besser wird.«
»Das ist mir im Moment egal. Mich interessiert nur, wie wir die ganze Kleinarbeit in dieser Ermittlung bewältigen sollen. Sonst nichts. Ich werde es bei Gelegenheit mit Lisa besprechen. Wenn sie mich nicht suspendiert.«
»Eva Persson behauptet übrigens weiterhin, daß es so war, wie sie und ihre Mutter gesagt haben. Daß du sie ohne jeden Grund geschlagen hast.«
»Das glaube ich gern. Wenn sie in anderen Dingen bei ihren Lügen bleibt, warum nicht auch in diesem Punkt.«
|178| Wallander erzählte ihr von dem Einbruch in Tynnes Falks Wohnung.
»Ist die Leiche wieder aufgetaucht?«
»Soweit ich weiß, nicht.«
»Begreifst du das Ganze?«
»Kein bißchen«, antwortete Wallander. »Aber ich mache mir Sorgen. Vergiß nicht, daß ein großer Teil von Schonen lahmgelegt wurde.«
Sie gingen gemeinsam durch den Korridor. Hansson steckte den Kopf aus der Tür, um mitzuteilen, daß die Polizei in Växjö Eva Perssons Vater ausfindig gemacht habe.
»Den Kollegen zufolge lebt er in einem baufälligen Schuppen irgendwo zwischen Växjö und Vislanda. Jetzt fragen sie, was wir von ihm wissen wollen.«
»Nichts, bis auf weiteres«, sagte Wallander. »Andere Fragen sind momentan dringender.«
Sie beschlossen, um halb zwei, wenn Martinsson zurückgekommen war, eine Sitzung der Ermittlungsgruppe abzuhalten. Wallander kehrte in sein Zimmer zurück und rief die Kfz-Werkstatt an. Er konnte seinen Wagen abholen. Er verließ das Präsidium und ging die Fridhemsgata hinunter zum Surbrunnsplan. Der Wind kam ihm in heftigen Stößen entgegen.
Der Kfz-Meister hieß Holmlund und betreute Wallanders Autos seit vielen Jahren. Er war ein leidenschaftlicher Motorradliebhaber und sprach ein nahezu unverständliches Schonisch aus einem zahnlosen Mund. Holmlund hatte sich in all den Jahren wenig verändert. Wallander wußte nicht zu sagen, ob er fünfzig oder sechzig Jahre alt war.
»Das war ein teurer Spaß«, sagte Holmlund und lächelte sein zahnloses Lächeln. »Aber es lohnt sich. Wenn Sie den Wagen so schnell wie möglich verkaufen.«
Wallander fuhr davon. Das häßliche Motorgeräusch war fort. Der Gedanke an einen neuen Wagen versetzte ihn in gute Stimmung. Die Frage war, ob er Peugeot treu bleiben oder die Marke wechseln sollte. Er nahm sich vor, Hansson zu fragen, der über Autos ebenso gut informiert war wie über Traber.
Er fuhr zu einem Grill-Imbiß an Österleden. Beim Essen griff |179| er nach einer Zeitung und blätterte sie durch, hatte aber Probleme, sich zu konzentrieren. Ein Gedanke beschäftigte ihn. Er hatte nach einem Zentrum gesucht und verschiedene Wege ausprobiert, um weiterzukommen. Zuletzt war es der Stromausfall gewesen. Er hatte sich gefragt, ob das, was in der Transformatorstation geschehen war, nicht nur ein Mord, sondern zugleich ein gezielter Sabotageakt gewesen sein konnte. Aber was passierte, wenn er statt dessen versuchte, ein Zentrum zu finden, indem er von dem Mann ausging, der in dem Restaurant aufgetaucht war. Der Mann hatte eine falsche Identität gehabt. Außerdem war das Foto aus Tynnes Falks Wohnung verschwunden. Wallander verfluchte sich inzwischen selbst, weil er seinem ersten Impuls nicht
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