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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gelegen hatte, war verschwunden.
    Er war sicher. Er irrte sich nicht. Der Stein war nicht mehr da.

 
14
     
    Der Ausflug hatte Wallander müde gemacht. Gleichzeitig hatte er ihm neue Denkanstöße gegeben. Nicht nur die Frage, warum der Stein fort war. Er fragte sich auch, warum er so hellhörig geworden war, als Sten Nordlander sagte: Vor wessen Augen hätte es verborgen werden sollen? Håkan von Enke konnte eigentlich nur einen Grund haben, seinen Ordner zu verstecken. Es war immer noch etwas im Gange. Er wühlte nicht nur in der Vergangenheit, er versuchte nicht nur, eine eingeschlafene oder mumifizierte Wahrheit wieder zu beleben. Das Geschehen von damals hatte bis auf den heutigen Tag Brisanz.
    Wallander saß reglos auf dem Sofa und suchte nach etwas, was die Mühlsteine zu zermahlen versäumt hatten. Es musste sich um Menschen handeln. Noch lebende Menschen. An einer Stelle hatte Håkan von Enke eine Liste mit Namen aufgeschrieben, die Wallander nichts gesagt hatten. Mit einer einzigen Ausnahme, einem Mann, der im Kontext der U-Boot-Jagd in den achtziger Jahren häufig in den Medien zu sehen gewesen war; er hieß Sven-Erik Håkansson und hatte einen hohen Posten in der Marine bekleidet. Hinter seinem Namen standen ein Kreuz und dazu ein Ausrufezeichen und ein Fragezeichen. Was konnte das bedeuten? Die Aufzeichnungen waren nicht zufällig gemacht worden, alles war genau berechnet, auch wenn es sich in vielfacher Weise um eine geheime Sprache handelte, die zu entschlüsseln Wallander nur zum Teil gelungen war.
    Er holte die Aufzeichnungen hervor, betrachtete die Namen und fragte sich, ob es sich um Menschen handelte, dieauf die eine oder andere Weise in den Kampf gegen die Eindringlinge verwickelt waren, oder ob es verdächtigte Personen waren. Und falls Letzteres zutraf, wessen verdächtig?
    Er atmete heftiger. Endlich glaubte er zu verstehen. Håkan von Enke war auf der Jagd nach einem russischen Spion gewesen . Nach einem Mann, der die russischen U-Boote mit genügend Informationen versorgte, dass sie die schwedischen Verfolger an der Nase herumführen, ja sogar deren Waffeneinsatz lenken konnten. Ein Mann, der immer noch dort draußen war, noch nicht enttarnt. Vor ihm versteckte er seine Aufzeichnungen, vor ihm hatte er Angst.
    Der Mann vor dem Zaun, dachte Wallander. War er jemand, dem es nicht gefiel, dass von Enke nach einem Spion suchte?
    Wallander richtete die Stehlampe aufs Sofa und ging noch einmal den dicken Ordner durch. Er hielt bei den Aufzeichnungen inne, die Hinweise auf die Spuren eventueller Spione enthalten konnten. Vielleicht war dies auch die Antwort auf eine andere Frage, das Gefühl, dass jemand Papiere aus dem Archiv im Arbeitszimmer entfernt hatte. Derjenige, der die Dokumente herausgenommen hatte, war vermutlich kein anderer als Håkan von Enke selbst gewesen. Es war wie bei einer russischen Puppe, einer Frau, die eine andere Frau in sich hatte, die wiederum eine Frau in sich hatte. Håkan von Enke hatte seine Aufzeichnungen nicht nur versteckt, er hatte vor Unbefugten auch verborgen, was eigentlich dort stand. Er hatte einen Nebelschleier ausgelegt, oder vielleicht eher eine Minensperre, die er aktivieren konnte, wann er es wollte, etwa wenn er merkte, dass jemand in seiner Nähe wäre, der dort nicht hingehörte.
    Wallander löschte schließlich das Licht und legte sich hin. Aber er konnte nicht einschlafen. Einer spontanen Eingebung folgend, zog er sich an und verließ das Haus. In früheren Jahren hatte er, wenn die Einsamkeit ihm besonders zusetzte, Linderung auf langen nächtlichen Spaziergängengesucht. Es gab keine Straße in Ystad, die er nicht auf einer seiner Wanderungen besucht hatte. Jetzt ging er zum Strandväg hinunter und hielt sich links, um zur Brücke zu kommen, die nach Djurgården hinüberführte. Die Sommernacht war warm, es waren noch Menschen auf den Straßen, viele von ihnen laut und betrunken. Wallander fühlte sich wie ein scheuer Fremdling, als er sich dort zwischen den Schatten vorwärtsbewegte. Er ging an Gröna Lund vorbei und machte erst kehrt, als er Thielska Galleriet erreicht hatte. Er dachte an nichts Besonderes, wanderte durch die Nacht, statt zu schlafen, das war alles. Als er in die Wohnung zurückkam, schlief er auch sogleich ein, die nächtliche Wanderung hatte die beabsichtigte Wirkung gehabt.
    Am nächsten Tag fuhr er nach Hause. Er war noch vor Einbruch des Abends zurück in Schonen und kaufte Lebensmittel ein, bevor er das letzte Stück

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