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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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lokalen Zeitung Smålandsposten eine hitzige Debatte ausgelöst hatte, ihn dazu bewogen hatten, eine Versetzung zu beantragen. Er kam ursprünglich aus Göteborg und gab sich keinerlei Mühe, seinen Dialekt zu verbergen. Sunde galt als kompetent, aber ein wenig faul. Ein anderes Gerücht besagte, Sunde sei in Ystad eine neue Beziehung eingegangen, mit einer Frau, die vom Alter her seine Tochter sein könnte. Wallander misstraute Männern in seinem Alter, die sich allzu junge Frauen suchten. Es nahm selten ein gutes Ende, führte häufig sogar zu neuen aufreibenden Scheidungen.
    Ob seine eigene Einsamkeit eine bessere Alternative war, blieb jedoch sehr zweifelhaft.
    Sunde begann seine Darstellung. Es ging um die Tote im Sumpf. Ein Fall, bei dem es sich vermutlich um einen Selbstmord und parallel dazu um einen Mord handelte. Ihr Mann hatte tot in ihrem Haus in einem kleinen Dorf nicht weit von Marsvinsholm gelegen. Die Situation war insofern besonders heikel, als der Mann einige Tage zuvor in Ystad gewesen war und erklärt hatte, er glaube, seine Frau wolle ihn erschlagen. Aber der Polizist, der die Anzeige aufnahm,hatte sie nicht ernst genommen, weil der Mann verwirrt gewirkt und widersprüchliche Angaben gemacht hatte. Jetzt galt es, den Hergang möglichst schnell zu klären, damit nicht die Medien Wind von der Sache bekamen und sich darauf stürzten, dass einer Anzeige keine Beachtung geschenkt worden war. Wallander ärgerte sich über Sundes allzu beflissenen Tonfall. In dieser Form Angst davor zum Ausdruck zu bringen, was die Medien möglicherweise beabsichtigten, hielt er für reine Feigheit. Hatte man einen Fehler gemacht, musste man dafür geradestehen.
    Er fand, dass er darauf hinweisen sollte, ruhig und sachlich, aber ohne die Gelassenheit zu verlieren. Doch er schwieg. Auf der anderen Seite des Tisches saß Martinsson und lächelte ihm zu. Er weiß, was mir durch den Kopf geht, dachte Wallander. Er ist meiner Meinung, ob ich sie nun ausspreche oder nicht.
    Nach der Sitzung fuhren sie hinaus zu dem Haus, in dem der Tote gefunden worden war. Mit Fotos in den Händen und Plastikschutz an den Füßen gingen Martinsson und er mit einem Kriminaltechniker durch die Zimmer. Er hatte plötzlich ein Déjà-vu-Erlebnis, als hätte er dieses Haus schon einmal besucht und eine Okularinspektion des Tatorts vorgenommen – wie Lennart Mattson sagen würde. Natürlich war es nicht so, er hatte einfach Ähnliches schon so viele Male getan. Vor einigen Jahren hatte er im Ausverkauf ein Buch erstanden, das von einem Verbrechen im frühen neunzehnten Jahrhundert handelte. Als er das Buch zunächst skeptisch, dann immer engagierter las, hatte er das Gefühl, in die Erzählung eintreten und gemeinsam mit dem Landgendarm und dem Vogt den Mord an einem Kleinbauernpaar auf Värmdö bei Stockholm aufklären zu können. Der Mensch war nun einmal so: Die gewöhnlichsten Verbrechen waren nur Wiederholungen der Untaten früherer Generationen. Die Ursachen waren fast immer Streit um Geld oder Eifersucht, vielleicht auch Rachsucht. Vor ihm hatten diePolizisten früherer Generationen, Gendarmen, Vögte oder öffentliche Ankläger, die gleichen Beobachtungen gemacht. Heute war man technisch weiter in der Sicherung von Spuren. Aber die Fähigkeit, Dinge mit eigenen Augen wahrzunehmen, war immer noch ausschlaggebend.
    Wallander hielt abrupt inne und unterbrach seinen Gedankengang. Er war ins Schlafzimmer des Paares gekommen. Auf dem Fußboden und auf einer Seite des Bettes war Blut. Aber Wallanders Aufmerksamkeit war durch ein Bild abgelenkt, das über dem Kopfende des Bettes hing. Es stellte einen Birkhahn in einer Waldlandschaft dar.
    Martinsson trat neben ihn. »Das Werk deines Vaters, nicht wahr?«
    Wallander nickte und schüttelte gleichzeitig ungläubig den Kopf. »Ich bin jedes Mal wieder erstaunt.«
    »Er brauchte jedenfalls nicht zu befürchten, gefälscht zu werden«, sagte Martinsson nachdenklich.
    »Natürlich nicht«, sagte Wallander. »Aber aus künstlerischer Sicht ist es einfach Mist.«
    »Sag das nicht«, protestierte Martinsson.
    »Ich sage nur die Wahrheit«, erwiderte Wallander. »Wo ist die Mordwaffe?«
    Sie gingen hinaus auf den Hof. Unter einem aufgespannten Plastikschutz lag eine alte Axt. Sie war blutig, auch der Stiel bis hinauf zum Griff.
    »Gibt es ein denkbares Motiv? Wie lange waren sie verheiratet?«
    »Letztes Jahr haben sie Goldene Hochzeit gefeiert. Sie haben vier erwachsene Kinder und eine große Anzahl

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