Wallander 10 - Wallanders erster Fall
verleihen.
Fabricius lachte und salutierte. Wallander sah ihm an, daß er es nicht ironisch meinte.
Als alle Päckchen geöffnet und die Bündel gezählt waren, überschlug Wallander die Summe. Das meiste waren amerikanische Dollar. Aber es waren auch englische Pfund und Schweizer Franken dabei. »Ich komme auf ungefähr fünf Millionen schwedische Kronen«, sagte er. »Nicht gerade
peanuts
.«
»Mehr Geld hätte man auch kaum in den Safe pressen können«, sagte Rydberg. »Aber wenn dieses Geld das Motiv war, dann hat der oder haben die Täter nicht bekommen, was sie wollten.«
»Und trotzdem haben wir so etwas wie ein Motiv«, sagte Wallander. »Dieser Safe war versteckt. Nyberg meint, daß er schon einige Jahre dort stand. Irgendwann hielten die Schwestern es also für nötig, ihn anzuschaffen, da sie große Geldsummen zu verwahren und zu verstecken hatten. Es sind fast alles neue und ungebrauchte Dollarscheine. Also muß es möglich sein, ihre Herkunft zu ermitteln. Sind sie auf legalem oder auf illegalem Weg nach Schweden gekommen? Außerdem brauchen wir so schnell wie möglich Antwort auf mehrere Fragen. Was hatten diese Schwestern für Kontakte? Was für Gewohnheiten hatten sie?«
»Wir brauchen auch die schlechten«, warf Rydberg ein. »Die sind mindestens so wichtig wie die anderen.«
|330| Gegen Ende der Sitzung kam Björk ins Zimmer. Er stutzte, als er das viele Geld auf dem Tisch liegen sah. »Das hier muß genau registriert werden«, sagte er, als Wallander ein wenig angestrengt erklärte, was passiert war. »Selbstverständlich darf nichts wegkommen. Außerdem frage ich mich, was mit der Eingangstür geschehen ist.«
»Ein Arbeitsunfall«, antwortete Wallander. »Als der Gabelstapler den Safe hereinheben sollte.«
Er sagte das mit solchem Nachdruck, daß Björk nicht dazu kam, Einwände zu machen.
Sie beendeten die Sitzung. Wallander verließ schnell den Raum, um nicht mit Björk allein zu bleiben. Es war Wallander zugefallen, Kontakt mit einem örtlichen Tierschutzverein aufzunehmen, in dem den Angaben der Nachbarn zufolge mindestens eine der Schwestern, Emilia, aktiv gewesen war. Svedberg hatte ihm einen Namen und eine Adresse gegeben: Tyra Olofsson in der Käringgata 11. Als Wallander die Adresse sah, mußte er lachen: Altweibergasse. Er fragte sich, ob es in Schweden noch eine andere Stadt außer Ystad mit so merkwürdigen Straßennamen gab.
Bevor Wallander das Polizeigebäude verließ, rief er Arne Hurtig an, den Autohändler, bei dem er in der Regel seine Autos kaufte. Er erklärte die Situation mit seinem Peugeot. Hurtig machte ihm verschiedene Angebote. Wallander fand sie alle zu teuer. Aber als Hurtig versprach, ihm für seinen alten Wagen noch einen guten Preis zu machen, entschied er sich für einen anderen Peugeot. Er legte auf und rief bei seiner Bank an. Es dauerte ein paar Minuten, bis er mit dem Angestellten sprechen konnte, der ihn normalerweise betreute. Wallander bat um einen Kredit von 20 ooo Kronen. Das sollte kein Problem sein. Er könnte am nächsten Tag kommen, um den Kreditvertrag zu unterschreiben und das Geld abzuholen.
Der Gedanke an ein neues Auto versetzte ihn in gute Laune. Warum er immer Peugeot fuhr, wußte er nicht. Ich bin wohl doch mehr Gewohnheitsmensch, als ich bisher geglaubt habe, dachte er, als er das Polizeipräsidium verließ. Er blieb stehen und sah sich den verbeulten Rahmen der Eingangstür an. Da niemand in der Nähe war, trat er noch einmal kräftig dagegen. Die Beule wurde größer. Er ging schnell davon und duckte sich gegen den böigen |331| Wind. Natürlich hätte er Tyra Olofsson anrufen sollen, um sicherzugehen, daß sie zu Hause war. Aber da sie Rentnerin war, ging er einfach davon aus.
Als er an der Tür klingelte, wurde sie fast sofort geöffnet. Tyra Olofsson war klein und trug eine Brille, die verriet, daß sie sehr kurzsichtig war. Wallander erklärte, wer er war, und zeigte ihr seinen Ausweis, den sie wenige Zentimeter vor ihre Brille hielt und genau studierte.
»Die Polizei«, sagte sie. »Dann muß es mit der armen Emilia zu tun haben.«
»Das stimmt«, antwortete Wallander. »Ich hoffe, ich störe nicht.« Sie bat ihn herein. Im Flur roch es stark nach Hund. Sie führte ihn in die Küche. Auf dem Boden zählte Wallander vierzehn Freßnäpfe. Schlimmer als Haverberg, dachte er.
»Ich halte sie draußen«, sagte Tyra Olofsson, die seinem Blick gefolgt war.
Wallander fragte sich, ob es im Stadtzentrum wirklich erlaubt war,
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