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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zustimmen würde. Wallander wußte, daß er viel zu wenig Geduld hatte.
    Er zog die Jacke an und wollte gehen.
    Im gleichen Augenblick öffnete sich die Tür. Es war Martinsson.
    |231| Man sah ihm an, daß etwas Wichtiges geschehen war. Er blieb in der Türöffnung stehen. Wallander sah ihn gespannt an.
    »Wir haben den Mann, der dich heute nacht niedergeschlagen hat, zwar nicht gefunden«, sagte Martinsson, »aber er wurde beobachtet.«
    Martinsson zeigte auf eine Karte von Ystad, die an Wallanders Wand hing.
    »Er hat dich an der Ecke Aulingata und Giöddesgränd niedergeschlagen. Dann flüchtete er wahrscheinlich die Herrestadsgata entlang und bog nach Norden ab. Kurz darauf wurde er in einem Garten in der Timmermansgata beobachtet, die unmittelbar in der Nähe liegt.«
    »Wieso beobachtet?«
    Wallander holte seinen Block aus der Tasche und blätterte in seinen Aufzeichnungen.
    »Da lebt eine junge Familie, sie heißen Simovic. Die Frau war wach, weil sie ihr drei Monate altes Baby stillte. Bei der Gelegenheit schaute sie aus dem Fenster und entdeckte einen Schatten draußen in der Dunkelheit. Sie weckte sofort ihren Mann, aber als er ans Fenster kam, war der Schatten bereits verschwunden. Ihr Mann sagte, sie habe sich etwas eingebildet. Sie ließ sich anscheinend überzeugen und ging wieder ins Bett, nachdem das Kind eingeschlafen war. Erst heute, als sie im Garten war, ist ihr das Ganze wieder eingefallen. Sie ist zu der Stelle gegangen, an der sie in der Nacht jemanden gesehen zu haben meinte. Dazu muß man sagen, daß sie inzwischen davon gehört hatte, daß Lamberg ermordet worden ist. Ystad ist ja so klein, daß auch die Familie Simovic ein Familienfoto in seinem Atelier hatte anfertigen lassen.«
    »Aber sie kann doch unmöglich von der nächtlichen Verfolgungsjagd gehört haben«, wandte Wallander ein. »Darüber haben wir nichts verlauten lassen.«
    »Das stimmt«, fuhr Martinsson fort, »deswegen können wir auch froh sein, daß sie sich überhaupt gemeldet hat.«
    »Kann sie uns eine brauchbare Personenbeschreibung geben?«
    »Sie hat nur einen Schatten gesehen.«
    Wallander betrachtete Martinsson fragend. »Dann helfen uns diese Beobachtungen nicht besonders viel.«
    |232| »Im Prinzip hast du recht«, sagte Martinsson, »wenn sie nicht im Garten etwas auf der Erde gefunden hätte, das sie vor einer Weile hergebracht und abgegeben hat. Und das jetzt auf meinem Tisch liegt.«
    Wallander folgte Martinsson über den Korridor zu dessen Zimmer. Auf dem Schreibtisch lag ein Gesangbuch. Wallander sah Martinsson argwöhnisch an. »Das? Das hat sie gefunden?«
    »Ja. Ein Gesangbuch. Eigentum der schwedischen Kirche.«
    Wallander überlegte. Warum war Frau Simovic überhaupt damit hergekommen? Es war ein Mord geschehen. Sie hatte jemanden entdeckt, der sich während der Nacht in ihrem Garten aufgehalten hatte. Zuerst hatte sie sich von ihrem Mann überzeugen lassen, daß es nur eine Einbildung gewesen sei, dann hatte sie dieses Gesangbuch gefunden.
    Er schüttelte langsam den Kopf.
    »Es muß nicht unbedingt derselbe Mann gewesen sein«, meinte Martinsson. »Auch wenn ich behaupten würde, daß vieles dafür spricht. Wie viele Menschen schleichen schon nachts in fremden Gärten herum? Noch dazu in Ystad? Außerdem haben die Nachtstreifen die Gegend abgesucht. Ich habe mit einem von ihnen gesprochen, der heute nacht mit draußen war. Mehrmals sind sie auch in der Timmermansgata gewesen. Ein Garten war also ein guter Platz, um sich zu verstecken.«
    Wallander sah ein, daß Martinsson recht hatte. »Ein Gesangbuch«, sagte er. »Wer zum Teufel trägt mitten in der Nacht ein Gesangbuch durch die Gegend?«
    »Und verliert es in einem Garten, nachdem er einen Polizisten niedergeschlagen hat«, fügte Martinsson hinzu.
    »Laß Nyberg das Buch untersuchen und danke der Familie Simovic für ihre Hilfe.«
    Als Wallander auf dem Weg aus Martinssons Zimmer war, fiel ihm noch etwas ein.
    »Wer nimmt denn die eingehenden Hinweise entgegen?«
    »Das macht Hansson. Aber es scheint noch nicht richtig in Gang gekommen zu sein.«
    »Wenn es das überhaupt je tut«, sagte Wallander skeptisch.
    Anschließend fuhr er in die Konditorei am Busbahnhof und aß |233| ein paar belegte Brote. Das Gesangbuch war ein rätselhafter Fund, der ebensowenig wie irgend etwas anderes auf eine logische Weise in die Ermittlung über den Tod des Fotografen eingeordnet werden konnte. Wallander war ratlos.
    Sie tappten im dunkeln.
     
    Nach dem Besuch in

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