Wallander 10 - Wallanders erster Fall
Kajsa Stenholm, der es nicht gelungen war, diesen Fall in Stockholm aufzuklären, als Bengt Alexandersson ermordet wurde, der erst im vorigen Jahr seine Aufklärung gefunden hat. Das hast du doch damals in der Hand gehabt. Ich dachte, das könnte vielleicht erklären, warum dein Gesicht in seinem komischen Fotoalbum vertreten ist.«
|238| Wallander nickte. Hansson mochte recht haben. Aber es brachte sie trotzdem nicht weiter.
Das Gefühl von Ratlosigkeit war jetzt sehr stark.
Sie hatten ganz einfach nichts in der Hand.
Der Täter war noch immer ein flüchtiger Schatten.
Am dritten Tag der Mordermittlung war das Wetter umgeschlagen. Als Wallander gegen halb sechs ausgeruht erwachte, schien die Sonne in sein Schlafzimmer. Das Thermometer vor dem Küchenfenster zeigte sieben Grad über Null. Vielleicht war der Frühling nun endlich im Anzug.
Wallander betrachtete sein Gesicht im Badezimmerspiegel. Die linke Backe war geschwollen und wies blaue Stellen auf. Als er vorsichtig das Pflaster an der Schläfe löste, begann es sofort wieder zu bluten. Er suchte ein neues Pflaster und klebte es über die Wunde. Dann tastete er mit der Zunge nach dem provisorisch behandelten Zahn. Er hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt. Er duschte und zog sich an. Der Berg von Schmutzwäsche bewirkte, daß er verärgert hinunter in die Waschküche ging und sich für eine Zeit eintrug, während oben der Kaffee durchlief. Er begriff nicht, wie sich in so kurzer Zeit so viel schmutzige Wäsche ansammeln konnte. Früher war es Mona gewesen, die sich um die Wäsche kümmerte. Es versetzte ihm einen Stich, als er an sie dachte. Dann setzte er sich an den Küchentisch und las die Zeitung. Der Mord an Lamberg nahm viel Raum ein. Björk hatte mit den Journalisten gesprochen, und Wallander nickte beifällig. Er konnte sich gut ausdrücken. Nannte die Dinge beim Namen und hielt sich nicht mit Spekulationen auf.
Kurz nach sechs verließ Wallander die Wohnung und fuhr hinauf ins Präsidium. Weil alle in der Ermittlungsgruppe viel zu tun hatten, wollten sie sich erst am Abend zusammensetzen. Die systematische Erfassung des Lebens von Simon Lamberg, seiner Gewohnheiten, seiner Finanzen, seines Umgangs, seiner Vergangenheit erforderte Zeit. Wallander selbst wollte nachforschen, ob etwas an den Gerüchten wahr sein konnte, die Gunnar Larsson erwähnt hatte. Daß Simon Lamberg sich in der illegalen Welt des Glücksspiels bewegt hatte. Er wollte zu diesem Zweck einen seiner alten |239| Kontakte nutzen. Er würde nach Malmö fahren und mit einem Mann sprechen, den er fast vier Jahre nicht gesehen hatte. Aber er wußte, wo er ihn mit größter Wahrscheinlichkeit antreffen würde. Er ging in die Anmeldung, blätterte die Telefonnotizen durch und stellte fest, daß nichts Wichtiges dabei war. Dann ging er weiter zu Martinsson, der wie immer früh bei der Arbeit war. Er saß vor seinem Computer und war mit einer Suchaktion beschäftigt.
»Wie kommst du voran?« fragte Wallander.
Martinsson schüttelte den Kopf. »Simon Lamberg muß das absolute Ideal des unbescholtenen Bürgers gewesen sein«, meinte er. »Kein dunkler Fleck, nicht einmal ein Bußgeld wegen Falschparkens. Nichts.«
»Aber das Gerücht besagt, daß er gespielt hat«, sagte Wallander. »Illegal. Außerdem soll er Schulden gehabt haben. Ich werde den Vormittag nutzen, um mehr darüber herauszufinden. Ich fahre jetzt nach Malmö.«
»Was für ein Wetter wir gekriegt haben«, sagte Martinsson, ohne den Blick vom Monitor zu heben.
»Ja«, antwortete Wallander. »Man fängt tatsächlich wieder an zu hoffen.«
Wallander fuhr nach Malmö. Die Temperatur war weiter gestiegen. Er genoß den Gedanken an die Verwandlung, die die Landschaft jetzt bald durchmachen würde. Aber es dauerte nicht lange, bis seine Gedanken wieder zu der Mordermittlung zurückkehrten, für die er die Verantwortung trug. Immer noch fehlte ihnen eine Richtung, in die sie gehen konnten. Sie hatten kein offensichtliches Motiv. Simon Lambergs Tod war unbegreiflich. Ein Fotograf, der ein stilles Leben geführt hatte. Der das tragische Schicksal erfahren hatte, eine schwerbehinderte Tochter zu bekommen. Der seit längerer Zeit praktisch von seiner Ehefrau getrennt lebte. Nichts von alldem sprach jedoch dafür, daß jemand das Bedürfnis gehabt haben könnte, mit wahnsinniger Wucht seinen Schädel zu zertrümmern.
Außerdem war vor sieben Jahren etwas auf einer Busreise nach Österreich geschehen. Etwas, was Lamberg
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