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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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gesagt hatte, und ich entspannte mich ein wenig.
    »Allerdings könnten wir wahrscheinlich so etwas wie einen annehmbaren Preis für euch beide zusammen erzielen«, fuhr der Schmied fort. »Natürlich nicht viel, aber ein bißchen was schon. Na ja, jedenfalls für den da.« Er deutete mit einer Zange auf Aristophanes.
    Ich wies mit panikerfüllter und jeder Überzeugungskraft beraubter Stimme darauf hin, daß das nur wenig Sinn habe, da der Markt bald mit athenischen Sklaven einer viel höheren Güteklasse überschwemmt werde. Dann werde er höchstwahrscheinlich feststellen müssen, daß er auf uns sitzenbleibe, während wir uns auf seine Kosten den Bauch vollschlügen und dadurch praktisch unverkäuflich seien. Er sah mich mit einem eigenartigen Blick an, als hätte sich gerade das Stück Fleisch in seinem Suppenteller aufgerichtet und ihn von einem zu hohen Essiggehalt in der Marinade unterrichtet, und strich sich nachdenklich am Kinn.
    Erneut trat ein bedrückendes Schweigen ein, und ich wurde langsam wieder nervös, als mich ein kleiner Glatzkopf mit einem Stock in die Seite stieß und fragte: »Du bist also Athener, nicht wahr?«
    »Ja«, bestätigte ich.
    »Schön«, sagte der Alte. »Dann unterhalt uns mal.«
    Dabei dehnte er das Wort ›unterhalt‹, als handle es sich dabei um einen Klumpen Teig für einen Honigkuchen, und ich verstand beim besten Willen nicht, was er damit meinte, obwohl mir einige grauenhafte Möglichkeiten durch den Kopf schossen. Doch bei den übrigen Sizilianern fand die Idee anscheinend Anklang, und der Schmied, der in diesem Dorf dem führenden Bürger am nächsten kam, trug sämtlichen Jungen auf, sofort loszulaufen und ihre Eltern zu holen.
    »Ich weiß, daß ihr Athener uns bloß für einen Haufen Tiere und Kyklopen haltet«, sagte der Schmied, »aber das sind wir nicht. Wir mögen die schönen Dinge des Lebens, wenn wir sie kriegen können. Ich sage dir, was wir tun werden: Ihr gebt uns eine gute Vorstellung, und wir geben euch« – er dachte einen Augenblick lang nach –, »wir geben euch jedem fünf Statere, einen Krug Weizenmehl und vielleicht ein paar Zwiebeln. Und wir lassen euch das Pferd. Gefallt ihr uns jedoch nicht, verkaufen wir euch an die Aufseher der Steinbrüche. Die sind, was die Qualität ihrer Arbeitskräfte angeht, nicht wählerisch, da ihnen die meisten sowieso nach etwa einer Woche urplötzlich wegsterben. Wir bekämen vielleicht dreißig Statere pro Kopf. Also, gebt ihr uns jetzt eine Vorstellung oder nicht?«
    Ich verstand immer noch nicht, worauf er hinauswollte. »Was für eine Vorstellung denn?« erkundigte ich mich kleinlaut, und die Sizilianer lachten.
    »Das ist uns egal, oder was meint ihr, Jungs?« grölte der Schmied. »Solange es von Euripides ist.«
    Da erinnerte ich mich plötzlich, als wäre gerade die Sonne aufgegangen, an den fetten Sizilianer, der bei der Aufführung des Heerführers, meiner ersten (und schlechtesten) Komödie, im Theater neben mir gesessen hatte. Er hatte gesagt, die Sizilianer seien verrückt nach Dramen, und obwohl ich damals angenommen hatte, er habe wie die meisten Idioten übertrieben, hatte ich mich womöglich doch geirrt.
    »Euripides?«
    »Ja, natürlich Euripides. Wer sonst ist außer ihm auch nur einen Pfifferling wert?«
    »Würdet ihr nicht lieber irgendeine Komödie hören?« erkundigte ich mich vorsichtig. »Ich kenne eine Menge von Eupolis.«
    »Nie von ihm gehört«, wandte der Riese ein. »Aristophanes, ja, von dem habe ich mal was gehört, aber noch nie etwas von dem Kerl, den du da gerade erwähnt hast.«
    Aristophanes trat vor. Bis zu diesem Moment hatte er den Mund nicht aufgemacht.
    »Zufällig bin ich Aristophanes, der Dichter«, verkündete er feierlich.
    »Du?«
    »Ich.«
    »Also, ich finde deine Stücke miserabel«, sagte der Riese. »Insbesondere die Art und Weise, in der du über Euripides herziehst. Euripides ist nämlich ein wirklicher Künstler.«
    »Zufällig kenne ich Euripides ganz gut«, warf ich schnell ein. »Ich glaube, er ist unser größter lebender Bühnenautor, und ich trüge mit dem größten Vergnügen gern einige Verse aus seinem allerneuesten Stück vor.«
    Das zu sagen, war dumm, weil ich bis auf die wirklich dümmlichen Abschnitte, die jedem Komödiendichter zu parodistischen Zwecken geläufig sein müssen, überhaupt nichts von Euripides kannte. Da ich jedoch ganz genau wußte, daß Aristophanes keine Rede auch nur für fünf Minuten behalten konnte (es sei denn eine seiner

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