Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
Vom Netzwerk:
nicht gerade sagen«, antwortete ich erst nach einer kurzen Pause, weil ich so den Eindruck erwecken wollte, sorgfältig darüber nachgedacht zu haben. »Das Gegenteil ist aber auch nicht der Fall. Wir haben sozusagen nur unsere Arbeit gemeinsam erledigt – also die Flucht nach Catina und so weiter.«
    »Da ihr beide die ganze Zeit über so dicht aufeinandergehockt habt und solch schreckliche Gefahren durchstehen mußtet und niemand anderen hattet, an den ihr euch hättet wenden können, habt ihr euch doch bestimmt auch über andere Dinge unterhalten«, unterstellte Demeas.
    »Nicht, daß ich wüßte. Ehrlich.«
    »Ich verstehe.« Demeas stützte das Kinn nachdenklich auf dem Handballen ab und fuhr fort: »Weißt du, ich glaube dir natürlich, aber andere Leute möglicherweise nicht.«
    »Welche anderen Leute?«
    »Rein hypothetisch könnte es sich dabei um durchaus vernünftige Menschen handeln, wenn du so willst. Sie könnten zu der Annahme gelangen, daß es unter diesen Umständen nur natürlich gewesen wäre, wenn Aristophanes, sagen wir mal, weil er Gewissensbisse hatte oder ihn etwas bedrückte, dies gegenüber jemandem zugegeben hätte, der ihm in dieser schweren Zeit besonders nahestand, oder selbst gegenüber jemandem, der nur zufällig in seiner Nähe gewesen wäre.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Findest du nicht? Wenn du denen sagst: ›Nein, Aristophanes hat mir nichts davon erzählt‹, dann könnten die schnell zu der Annahme gelangen, diese beiden sind Freunde, sie haben gemeinsam die größten Schwierigkeiten gemeistert, also ist es nur natürlich, ja sogar ehrenwert, daß einer den anderen deckt und sie sich untereinander abgesprochen haben – nein, das ist nicht das richtige Wort. Es liegt mir auf der Zunge…«
    »Daß wir uns gemeinsam verschworen haben?«
    »Nicht direkt verschworen, doch könnte man so etwas durchaus vermuten. Aber diese rein hypothetisch existierenden vernünftigen Menschen würden sich allmählich unbehaglich fühlen, weil sie nicht wüßten, wer von den beiden wen deckt. Und wenn diese Männer zufällig zu diesem Zeitpunkt als Geschworene tätig sind, könnten sie euch beide zum Tode verurteilen, nur um sicherzugehen. Sie würden die Ansicht vertreten, daß das Decken eines Gotteslästerers und Verräters, moralisch gesehen, nicht besser ist, als das Verbrechen selbst zu begehen.«
    »Ach, ist das wirklich deren Denkweise?«
    »Leider ja.«
    »Und ist es wahrscheinlich, daß Geschworene in eine solche oder ähnliche Zwangslage geraten könnten, ich meine, in naher Zukunft?« erkundigte ich mich.
    »So was darfst du mich nicht fragen«, bekräftigte Demeas indirekt meine Befürchtungen. »Wo bist du eigentlich in der Nacht gewesen, bevor die Flotte auslief?«
    »Hier. Frag meine Frau.«
    »Schläft deine Frau denn nie? Leidet sie etwa an permanenter Schlaflosigkeit?«
    »Sie schläft sogar sehr gut. Aber wo bist du denn am Abend vor dem Auslaufen der Flotte gewesen?«
    »Auf Samos«, antwortete er mit einem süffisanten Lächeln. »Ich hatte dort ein Abendessen mit dem athenischen Statthalter und seinem Stab. Ich habe dort den Schmuggel verbotener Waren untersucht, und er und seine Mitarbeiter halfen mir dabei.«
    Mir fiel wieder das drohende Gerichtsverfahren ein. »Da kannst du aber von Glück reden, ein solches Alibi zu haben.«
    »Alibi?« Er zuckte die Achseln. »Weißt du, die Leute gehen mit Menschen, die einen solch ausgeprägten Gemeinschaftssinn haben wie unsereins, manchmal ganz schön streng ins Gericht. Mir ist es egal, wenn ich mich diesbezüglich etwas unbescheiden anhöre, aber ich bin der festen Überzeugung, daß ich einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Erhalt unserer Demokratie leiste.«
    »Ohne Männer wie dich könnte es gar keine Demokratie geben«, stimmte ich ihm zu.
    »Du sagst es. Und weißt du, ich bin wirklich kein dünnhäutiger Mensch, aber manchmal fühle ich mich von den Worten der Leute doch ganz schön verletzt.«
    »Welcher Leute?«
    »Na, ganz gewöhnlicher Leute, du würdest dich wundern. Aber es sind nicht nur gewöhnliche Leute. Irgend jemand ist immer da, der mit dem Finger auf einen zeigt.«
    »Wirklich?«
    »O ja«, seufzte Demeas und blickte betrübt drein. »Zum Beispiel bin ich vor ein paar Jahren bei einem Theaterstück gewesen, das auch einen ganz persönlichen Angriff gegen mich enthielt. Ich glaube, das sollte eine Komödie oder so was sein. Jedenfalls war da dieser eine Schauspieler mit so einer komischen Maske, die wohl

Weitere Kostenlose Bücher