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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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an, der Tilly werde ihm unterstellt. In den Kammern der Adligen ging man nicht auseinander. »Wir haben die Nachricht von erster Stelle. Der Römische Kaiser sucht sein Heil in Böhmen.« »Er fängt ihn, Wallenstein fängt ihn«, kreischte eine breithüftige Dame; sie raste so, daß alle mitgerissen wurden. »Wenn der Teufel seine Wege geht«, flüsterte einer, »geht er sie heimlich.« »Nein«, lachte einer, »er geht sie ja offen, am lichten Tage. Sieht man es nicht. Der Friedländer übernimmt die kaiserliche Armee.« »Man macht dem Verräter, dem Mörder die Tür auf, bittet ihn ins Haus, man drückt ihm den Dolch in die Hand.« »Man bittet ihn darum, er möchte eintreten.« »Küsse mich, Judas, damit keine Lücke im Text entsteht!« »Oh, wie man ihn bittet! Sie erzählen, Wochen um Wochen laufen schon die Kuriere von Wien mit kaiserlichen Brieflein. Aber der Friedländer will nicht.« Und alles lachte schallend: »Ei, er will nicht, er will es sich noch überlegen; er hat noch Zahnschmerzen.« »Sein Rachen ist weit. Ein paar hundert Quadratmeilen Land hat er bald heruntergeschluckt, er ist verstopft, der Hof gibt ihm Wein zu schlucken.«
    »Er ist katholisch.« »Katholisch wie der Teufel. Sinnt Tag und Nacht, wie er den geistlichen Herrn ihr Hab und Gut entreißen kann. Geflucht hat er neulich, die Gläser unter Tosen auf den Estrich geworfen und geschworen, wäre er Protestant, würde er dem Leckerle, dem Kardinal Dietrichstein, kein Haar auf dem Fell lassen.« »Lang lebe unser Landsmann Wallenstein, der Herr, der Fürst.« »Weiter! Gottes Allmacht.«
    In Dresden arbeitete der alte Graf Matthias Thurn. Als Wallensteins Ernennung vor der Tür stand, hofierte der Dresdener Hof den Grafen plötzlich auffällig; er begriff, was das hieß. Sich Wallensteins bemächtigen! Verräter sei der Friedländer, sagte achselzuckend Thurn dem zähen Kaspar Schönberg. Um so besser, meinte der, Verräter seien auch Verräter nach der andern Seite. Thurn, Feuerkopf, mit den sächsischen Emigrantenorganisationen nachsinnend, gab die Losung aus nach Prag: »In keinem Fall Aufsässigkeit zeigen, geheim für nahe Erhebung rüsten, sich jeder absprechenden Äußerung über den Friedländer enthalten.« Eine besondere Botschaft betraf den Vetter Wallensteins, den Maximilian, der, wie man wußte, Spionage für den Fürsten trieb: man solle ihn einladen zu den Versammlungen, in den Unterhaltungen lobend den Fürsten erwähnen, und daß man sich ausgesöhnt habe mit ihm, seine alten Taten nicht nachtrage.
    Das Elend der Emigration ließ die Hoffnung auf Wallenstein in Sachsen auflodern, die Botschaften, erst belächelt, wühlten hier wie ein Sturm.
    Eingestanden oder nicht schillerte in allen Gemütern ein sonderbar tiefes Vergnügen, daß das Heilige Römische Reich von einem Böhmen gerettet werden müsse. Alle Trümpfe hatte man im Spiel; die Sinne zusammen; es galt, klug und kühn zu werfen. Und wie auch immer, er, der Friedländer, er würde dem Habsburger das Messer auf die Brust setzen; würde sie rächen an Ferdinand.
    Die üppigen schwarzäugigen Frauen, deren Männer gefallen und verjagt waren, sprangen an den geölten Wänden herum: er werde sich rächen an Böhmen, indem er es verschlinge, er hat einen großen Rachen, zweitausend Meilen haben noch Platz. Verschlingen. Und das fiel wie Feuer in alle. Wallenstein würde sie an sich reißen, vielleicht um sie zu unterwerfen, über ihnen zu stehen; würde seinen Haß an ihnen kühlen, indem er über sie herrschte. Er sollte es nur. Das übermütige übermäßige Glück.
    Slawata wanderte zwischen ihnen. Die Lichter der Kammer brannten auf erhitzten Gesichtern, verzückten Augen. Er hatte sie jubeln hören, als sie ihn auf dem Prager Rathaus anfaßten, als ihr eitler Herr aus Heidelberg herzog. Jetzt jubelten sie Wallenstein zu. Die Kanaille, Adlige, seine Sippengenossen. In dem Tuscheln Schwatzen wurde man seiner ansichtig, aufmerksam verneigten sich von allen Seiten hertretend vor ihm die rachegeschwollenen Vettern, den Kaiser lobend ob seines Scharfblicks und wie der Friedländer das Reich in seiner Herrlichkeit werde herstellen. Er stand an der glatten Wand.
    »Was habt Ihr mich zum besten, liebe Vettern.« Rechtzeitig gewann er es über sich, gegen die Verblüfften zu lächeln, indem er ihnen zwinkernd die Hände und Wangen streichelte. Zu diesem aufgeregten Abend war in Prag die alte Magdalene aus dem Geschlecht der Trzka von Lipa erschienen, ein robustes

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