Wallenstein (German Edition)
weiteres.
Schwer schlug auf den Luxemburger die Kunde ein, daß der Papst sich auf einen Kampf auf Tod und Leben mit dem Kaiser gefaßt mache, daß die heilige Kirche bedroht sei von dem übermächtigen Wallenstein, der die Spanier unterstütze. Wieder nahe eine Entscheidungsstunde der Kirche. Der Luxemburger fing leise an von der Grundlosigkeit der päpstlichen Sorge zu sprechen; Lessius blieb taub. Sie kamen auf das Thema: wie weit muß der Papst im Besitz weltlicher Macht sein, und hat er sich an anderer weltlicher Macht zu messen. Die Antwort lautete: der Papst ist von Haus aus Führer der Menschheit, daher höchster Erdenkönig, der Städte und Staaten zerstören kann. Die Schwertgewalt hat sich ihm zu unterwerfen oder zu dienen.
Lamormain fragte gebeugt, wie lange Lessius in Regensburg verweilen wolle. Bis Lamormain den befohlenen Auftrag ausgeführt hätte.
AM BEGRASTEN Ufer der breiten, schnellfließenden Donau ritten die Majestäten auf hochbeinigen Tummelpferden, langsam, ohne Gespräch. Das Ufer wurde steiniger, schmaler. Sanfte Berge erhoben sich rechts und links. Bald war der Weg durch kleine Steinblöcke verlegt. Felsige Wände fielen in den Fluß ab. Man bog oberhalb des Ufers auf Hügel und Waldwege ein.
Die Mantuanerin, in weiß und grünem Jagdkleid wie die Herren auf dem Schimmel hängend, streckte die Linke mit der goldenen Peitsche aus: »Wie schön ist das Land.« »Es ist schön. Wir wollen öfter hierher.« »Ich möchte nach Hause.« »Wohin, Eleonore?« »Nach Wien.« »Ich möchte mit dir.« »So komm. Tu mir ein Liebes an. Das Land ist so schön. Komm nach Laxenburg. Nach Wolkersdorf.« »Ich will nicht lange mehr bleiben, Eleonore. Die Tagung wird nicht mehr lange dauern. Mich hält hier nichts mehr.« »In Wien haben die Kapuziner unsere Gruft gegraben. Ich möchte einmal sehen, wo ich begraben werde.« »Wie sprichst du.« »Regensburg verpestet mir das Blut, Ferdinand. Die Leute sehen mich an, als wenn sie etwas von mir wüßten.« Und obwohl er verstand, was sie sagte, bewegte sich in ihm nichts. Von Zeit zu Zeit drehte sie ihm ihr strenges zuckendes Gesicht zu; die weiße Hutkrempe warf sie sich mit einem Ruck an die Stirn; sie konnte vor Grauen vor ihm vergehen. Er hatte einen vertieften Ausdruck. Wie fremd sah er auf sie. Der Mann ist gestorben, fühlte sie. Er schlug sein Tier.
Hinterher ritten der spanische Sondergesandte, der Herzog von Doria, und Graf Trautmannsdorf. Der Herzog lachte viel, daß es zwischen den Bäumen scholl. Schön sei das Wetter und die Wege breit, bequeme Wälder zum Rasten, schattig. Welch prächtiges Terrain für Soldaten; hier könne sich Kavallerie nach Lust ergehen. »Welche Kavallerie meint Euer Liebden?« »Es wird nicht mehr lange dauern, daß wir hier spazieren reiten. Wallenstein ist schon gespannt wie eine Arkuballiste. Das alte Holz birst, wenn es zu lange malträtiert wird.« »Glaubt Ihr. Ich habe schon die Hoffnung aufgegeben, den Herzog zu Friedland kriegerisch in meiner Nähe zu sehen.« »Geduld, Ihr Leckermäulchen. Die Katze wird kommen, wenn die Milch schön kühl geworden. Dann wird ein Schlürfen anfangen, daß man es bis nach München und Paris hört.« »Der Kaiser besinnt sich sehr lange. Der Friedländer wartet und wartet.« Der Herzog von Doria, dickwanstig, wie er auf dem Hengst saß, brüllte vor Lachen so, daß man sich vorn umsah und sie seitwärts reiten mußten: »Leckermäulchen. Leckermäulchen. Wartet nur mit. Seid nur so gnädig. Bringt Euch nicht um vor Gier. Kuriosa von Regensburg. Wallenstein ist auf dem Sprung nach Norden, Süden, Westen; springt er auf Italien, Elsaß oder Regensburg? Mantua steht vor dem Fall, Casale auch. Die Kurfürsten werden dann die Schwänze einziehen. Es wird ihnen übel ergehen. Sie werden anbeten in Regensburg.« »Wir werden’s sehen.« »Wir werden’s, Leckermäulchen.«
Als auch die Kaiserin Eleonore durch ihre italienischen Begleiterinnen erfuhr, daß die Einnahme Mantuas bevorstände, tat sie im Kartäuserkloster einen Fußfall vor Pater Joseph und flehte ihn um Hilfe und Schutz an. Sie war unordentlich gekleidet; nur ihre Kämmerin ging hinter ihr und stand abgewandt an der Tür. Der leise Franzose tat die Läden zur Hälfte vor die Fenster, damit die Kaiserin sich nicht plötzlich im Hellen ihres Zustands schämte. Sie schluchzte den Boden um seine Füße naß, stammelte, winselte: »Mantua hin, Mantua hin«, und weiter brachte sie nichts hervor. Und er dachte, während er
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