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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Himmler ging auf Nummer
sicher und mietete die Burg zu dem symbolischen Preis von einer Reichsmark pro
Jahr.
     
    Als die SS
die Schlüssel übernahm, war die Burg extrem heruntergekommen und verfallen.
Der Nordturm hatte sich geneigt und wurde lediglich von dürftigen
Eisenverstrebungen gehalten.
    Karl Maria
Wiligut bot großzügig an, sich um die praktische Organisation der
Renovierungsarbeiten zu kümmern. Schon bald rollten Betonmischer in den
triangelförmigen Innenhof der Burg. In ihren Trommeln befand sich ein
Materialgemisch, von dem Wiligut behauptete, dass es das Widerstandsfähigste
sei, das es je gegeben hätte. Mit diesem ließ er den inneren Bereich des
Nordturms ausgießen, nur um den restlichen Teil der Wewelsburg kümmerte er
sich nicht.
    Im oberen
Teil des Turms konstruierte Wiligut einen runden Saal mit einem Fußboden aus
hellgrauem Marmor. Eine neue Decke wurde mit Stuck überzogen und zwischen Decke
und Fußboden zwölf massive Säulen errichtet. An den Wänden entlang verliefen Arkaden,
und acht schmale Fenster sorgten für ausreichend Lichteinfall.
    In der
Mitte des Bodens ließ Wiligut ein Mosaik in Form eines Sonnenrades einlassen,
das so dunkelgrün war, dass es abends schwarz aussah. Es besaß zwölf
hakenförmige Strahlen und seine Nabe bestand aus einer Platte puren Goldes.
    Als
Himmler es inspizierte, erklärte Wiligut, dass die Schwarze Sonne eigentlich
aus drei ineinander verschlungenen Hakenkreuzen gebildet wurde. Doch ehrlich
gesagt wusste keiner so recht, wo er das Symbol entliehen hatte.
    Direkt
unter dem Saal veranlasste Wiligut den Bau einer Krypta. Der Boden unter dem
Turm wurde abgesenkt und mit geheimnisvollem Material aus den Betonmischern
gefüllt. In die Mitte der Krypta ließ Wiligut fünf Meter unter der
Erdoberfläche ein wasserloses Becken ein, das noch heute existiert. An den
Wänden wurden zwölf Sockel in angemessener sitzfreundlicher Höhe angebracht.
Von ihnen aus hatte man einen Blick auf das Gasrohr, das aus der Mitte des
Bassins aufragte. Über dem Rohr, so versprach Wiligut, würde für immer und ewig
eine Flamme brennen.
    Auf einen
Hinweis von Himmler ließ er widerwillig ein Hakenkreuz in den Hohlraum der
Decke gießen. Doch am Scheitelpunkt des Kreuzes brachte er vier eckige Öffnungen
im Gewölbe an. Diese Öffnungen in der Decke verzerrten die Akustik, die in der
Krypta herrschte. Wenn man sprach, klang es, als würden die Worte unmittelbar
angesogen und im Nordturm der Burg verschwinden.
    Die
restlichen Säle, die Wiligut in ihrem ursprünglichen Zustand beließ, fanden
keine Nutzung. Und in welcher Form der alte Mann den Nordturm zu nutzen
gedachte, wurde ebenfalls nie bekannt. Denn ein Jahr vor Beginn des Krieges
wurde er unerwartet von Himmler entlassen; als Ursache gab man »mangelnde
mentale Gesundheit« an. Kurz darauf verschwand Karl Maria Wiligut spurlos im
Nebel der Geschichte.
    Die
beständigste Erinnerung an ihn bildete nach Ansicht der Neonazis außer dem
Nordturm der Wewelsburg der Totenkopfring, den Wiligut für die höchsten
Offiziere der SS entworfen hatte. Himmler bestand darauf, dass sich die Gravur
ausschließlich aus altnordischen Runen zusammensetzen sollte. Dennoch gelang es
Wiligut, zusätzlich einen Stern in ihm unterzubringen, dessen Form stark an
eine ägyptische Hieroglyphe erinnerte. Keiner konnte den alten Mann fragen, was
dieser Stern zu bedeuten hatte, weil ganz einfach niemand wusste, wo er sich
befand. Doch ein überstürzter Abschied von der SS verhieß selten etwas Gutes.
     
    Trotz
Wiliguts eigenwilliger Ideen in Bezug auf den Nordturm war Himmler sehr
zufrieden, als er schließlich die Burg in Besitz nahm. Die leeren Säle im
Hauptgebäude konnte der SS-Führer nun nach eigenem Gutdünken einrichten.
    In
Wiliguts oberem Saal ließ Himmler einen runden Eichentisch platzieren. Er
nannte ihn Obergruppenführersaal und ließ zusätzlich zwölf Stühle mit Polstern
aus Schweinsleder anfertigen. Auf ihnen sollten die zwölf hochrangigsten
SS-Offiziere in einer nationalsozialistischen Variante von Arthurs Tafelrunde
um den Tisch versammelt sitzen. Auf diese Weise würde man auch vermeiden
können, auf das schwarze Sonnenmosaik zu blicken, das jegliches Licht in sich
aufzusaugen schien.
    Die untere
Krypta wurde nicht eingerichtet und blieb ungenutzt, da keiner ihren Zweck
erkennen konnte. Himmler machte einen Bogen um sie, und wenn jemand nachfragte,
gab er vor, seine Luftröhre vertrüge die kühle Atmosphäre

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