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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Opfer
wurden im Konzentrationslager Natzweiler-Struthof ausgewählt, und die
Hinrichtungen mussten sauber durchgeführt werden. Es durften keine Skelettteile
beschädigt werden, da dies den wissenschaftlichen Wert der Sammlung
zunichtemachen würde. Die Leichen wurden in Lastwagen in ein neu eingerichtetes
Laboratorium verfrachtet, wo man sie zur Aufbewahrung in Tanks legte, die mit
einer alkoholischen Lösung gefüllt waren.
    In diesem
Zusammenhang entstand ein Problem, das die Beamten nur unter Schwierigkeiten
zu lösen vermochten: Wie sollte man das Muskelgewebe von den Skeletten ablösen,
ohne unnötige Spuren auf der Oberfläche der Knochen zu hinterlassen?
    Zuerst
versuchte man die Muskeln mit Hilfe von Chemikalien aufzulösen. Doch dieser
Prozess erwies sich als zeitintensiv und führte dazu, dass die Leichen
abscheulich stanken.
    Die
nächste Methode lief darauf hinaus, die Leichen der Juden in eine Anzahl von
geschlossenen Containern zu legen. Dort sollten Kolonien von Insekten sie in
aller Ruhe vom Fleisch befreien. Doch auch hier änderte man seine Meinung
rasch, denn in einem neu erbauten Labor wurden Insekten weder als reinlich
noch als angenehm empfunden.
    Schließlich
kamen die Beamten zu dem Schluss, dass das Beste wohl eine Form des Auslaugens
sein würde. Indem man die Leichen in ein Bad aus Kalkchlorid legte, lösten
sich die Muskeln langsam auf. Nach einer weiteren Zeit der Lagerung in
gereinigtem Benzin würden schließlich auch die letzten Fett- und Knorpelreste
entfernt werden.
    Die
Referenzsammlung war bereits angelegt worden, als das Labor von den Alliierten
eingenommen wurde. In den Sälen der Klinik fanden die Soldaten bald darauf
sechzehn Leichen von jungen Frauen und Männern. Sie trieben nackt in großen
Behältern, und keiner der deutschen Beamten schien eine Ahnung davon zu haben,
wie sie dort gelandet waren.
    Bei
fünfzehn von ihnen hatte sich die Haut des linken Armes bereits abgelöst, doch
bei der sechzehnten war die verwaschene blaue Tätowierung noch vorhanden, die
darauf verwies, woher die Leichen kamen.
     
    Selbst
gegen Ende des Krieges hatte Himmler noch weitreichende Pläne mit der
Wewelsburg. Er war so angetan von Wiliguts Nordturm, dass er ihn als Herzstück
eines gigantischen zukünftigen SS-Komplexes betrachtete.
    Die
Zeichnungen waren bereits fertig, und man berechnete die Fertigstellung auf
eine Dauer von zwanzig Jahren. Mitte der 60er Jahre sollte der Komplex stehen,
mit Flughafen und eigener Talsperre.
    Um dem
Staudamm genügend Wasser zuführen zu können, müssten große Teile des Tales um
die Stadt Wewelsburg herum überschwemmt werden. Die Bevölkerung würde
zwangsumgesiedelt werden - doch als die amerikanischen Truppen anrückten,
wurde alles auf Eis gelegt.
    Im März
1945 wurde die Burg durch eine Spezialeinheit der SS in die Luft gesprengt. Man
wollte sie nicht in die Hände der Alliierten fallen lassen, die nur einige
Meilen entfernt stationiert waren. Doch wie die SS-Männer es auch anstellten,
sie brachten den Nordturm nicht zum Einstürzen. Genau wie Karl Maria Wiligut es
vorhergesagt hatte, war er widerstandsfähig und ließ sich auch nicht durch
Dynamit beeinträchtigen.
     
    Unmittelbar
nach dem Krieg erklärte die politische Elite Wewelsburgs, dass man die Burg
als Kriegsmonument deklarieren sollte. Sie wurde sorgfältig renoviert und zu
einem Museum umfunktioniert, dessen Sammlungen sich hauptsächlich auf die Zeit
vor 1933 konzentrierten.
    Die
Geschäfte der Burg wurden von einer lokalen Stiftung geführt, die einmal im
Monat im Direktorenzimmer des großen Bankgebäudes tagte. Von dessen
Panoramafenster aus kann man Wiliguts Nordturm sehen, falls man irgendwann
einmal vorbeikommen sollte.
     
    Wewelsburg
     
    Die
Vibrationen der rotierenden Reifen des Taxis pflanzten sich bis zur Sitzfläche
unter ihm fort. Und selbst als Don versuchte, seine Beine stillzuhalten,
zitterte der Pappkarton auf seinen Knien, wenn auch nur leicht.
    Der Karton
wog nahezu nichts. Unter der Verschnürung befanden sich lediglich zwei
Schichten locker drapierter Baumwolle und dazwischen Strindbergs weißer Stern,
der aus einem eigenartigen federleichten Metall geschmiedet war.
     
    Don hatte
alle Instruktionen von Hex befolgt. Sie hatte aus einer Entfernung von
hundertzwanzig Meilen das Kommando übernommen. Dennoch fragte er sich jetzt,
ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war.
    Die
Mitteilung, die die Deutschen hinterlassen hatten, war kurz und kam nahezu
einer

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