Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
Vom Netzwerk:
setzte. Sie ergriff seinen Arm
und half ihm, sich im Sofa aufzusetzen. Lytton trommelte ungeduldig mit den
Fingern auf die Sessellehne.
    »Eva, was
soll denn das ...«
    Ein Blick
von ihr ließ den alten Mann verstummen. Dann führte sie Don das Wodkaglas zum
Mund.
    »Also Sie
...«, versuchte es Don.
    Er wusste
nicht recht, wo er anfangen sollte.
    »Sie sind
also Jansen? Dieser Norweger, der damals den Stern und das Kreuz von Strindberg
gestohlen hat? Der Mörder von Andree?«
    Lytton
starrte ihn an, ohne zu antworten. »Vater?«
    Evas
auffordernde Stimme.
    »Ja, ja«,
seufzte Lytton schließlich. »Ja, das stimmt, Sefior Titelman. Früher hieß ich
Jansen. Doch dieser Name wurde mit der Zeit ... Wie soll ich es ausdrücken ...?
Zur Belastung. Ich war gezwungen, vollständig mit meiner Vergangenheit zu
brechen, um die Geschäfte weiterhin am Laufen zu halten.«
    »Und warum
haben Sie sich für den Namen Lytton entschieden?«
    Der alte
Mann rollte mit den Augen.
    »Sefior
Titelman, ich rate Ihnen, an die fortschreitende Zeit zu denken. Mit jeder
Minute entfernen wir uns weiter von der Öffnung, die Strindbergs Strahl
ausgewiesen hat.«
    Don
stellte sein Glas auf dem Tisch ab und fixierte es mit den Augen. Er spürte,
dass er irgendwo einen festen Punkt anvisieren musste.
    »Sie sind
also Olafs ... Sie behaupten also, dass Sie der Vater des Toten im Bergwerk
sind? Der 1918 starb?«
    »Ja, aber
was meinen Sohn betrifft, möchte ich lieber nicht ... Das hat nichts mit dieser
Sache hier zu tun, und ich weiß nicht, ob ...«
    Lytton
warf Eva einen Blick zu, doch sie ließ ihm keine Wahl.
    »Olaf, ja
...«, begann Lytton zögernd. »Ich habe den Jungen wirklich geliebt. Aber es
...«
    Plötzlich
versagte ihm die Stimme. Lytton wirkte selber erstaunt.
    »Du hast
es versprochen«, sagte Eva mit Nachdruck.
    Der alte
Mann nahm noch ein paar Züge an seinem Zigarillo. Blinzelte in einer Wolke aus
gelblichgrauem Rauch. Saß eine Weile schweigend da, als versuche er sich zu
sammeln.
    »Mein
Olaf...«, begann Lytton erneut, jetzt flüsternd. »Er wurde Ende der 70er Jahre
geboren. Bereits als Teenager hatte er gelernt, mit der Harpune umzugehen,
besser als ich und mein Vater. Wir waren seit drei Generationen Walfänger.
Können Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlt, gemeinsam mit seinem eigenen
Sohn draußen auf dem Meer zu arbeiten?«
    Tief in
den Höhlen seines Schädels schlossen sich Lyttons Augen. Seine Stimme wurde
wieder fester:
    »Unsere
Schiffe lagen auf den Lofoten und auf Svalbard. Ein bescheidener kleiner
Betrieb, dessen Geschäfte sich gerade so trugen. Als mein Vater starb, im Herbst
fünfundneunzig, besaßen wir kaum noch Geld. Der Junge war erst siebzehn Jahre
alt, also ...«
    »Fünfundneunzig?«,
unterbrach ihn Don. »Sie sprechen von 1895?«
    »Ja ja,
natürlich. 18951«, bestätigte Lytton irritiert. »All diese Lügen«, sagte Don
und sammelte Kraft um aufzustehen.
    »Senor
Titelman?«
    »Sie
versuchen mir einzureden, dass Sie weit über hundertfünfzig Jahre alt sind.
Ich verstehe zwar nicht, warum, aber ...«
    »Hören Sie
sich einfach an, was mein Vater zu sagen hat, Don.«
    »Und Sie,
Eva, Sie wären dann um die hundert, oder? Es tut mir leid, aber ...«
    Don
richtete sich auf und begann zu schwanken.
    »Das
erscheint mir nicht besonders glaubwürdig.«
    Eva
ergriff seinen Arm:
    »Vaters
Chemiker haben in den 20er Jahren eine Methode entwickelt, die den natürlichen
Alterungsprozess verzögert. Doch es zeigte sich, dass sie ihren Preis hat,
besonders was Frauen betrifft. Was mich betrifft. Die Telomere der DNA-Spirale
besitzen Bindungen, die ...«
    »Meinetwegen
brauchst du es nicht auszuführen«, unterbrach sie Lytton. »Alte Sorgen wieder
aufzuwärmen, was hat das für einen Sinn?«
     
    Don beugte
sich zum Tisch vor und griff nach seinem leeren Wodkaglas. Ging zum Barschrank
und goss sich nach. Trank einige Schlucke, und dann war die Versuchung zu groß:
    »In dem
Fall, Lytton oder Jansen, oder wie ich Sie nun nennen soll, würde ich gerne
wissen, was Nils Strindberg, Knut Fraenkel und Ingenieur Andree wirklich
zugestoßen ist.«
    Er hörte
das Donnern einer riesigen Eisscholle, die draußen in der Dunkelheit
auseinanderbrach. Lytton schaute fragend zu Eva, und nach einem neuerlichen
Seufzer begann er zu antworten:
    »Ich war
es, der den Jungen dazu überredet hat, den Schweden zu folgen, nachdem ihr
Ballon abhob. Es ging um Geld; nichts hat sich jemals um etwas anderes als um
Geld gedreht.«
    Don

Weitere Kostenlose Bücher