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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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lehnte
sich gegen den Barschrank. Die Erschütterungen des Schiffsrumpfes der Jamal setzten
sich bis in seine Beine hinauf fort.
    »Wir waren
finanziell schlecht gestellt, wie ich schon sagte«, fuhr Lytton fort. »Und
nicht nur wir, so ging es zu dieser Zeit allen auf Svalbard. Andree und seine
Schweden mit ihrer deutschen Goldmark benötigten schließlich alle Hilfe, die
sie bekommen konnten. Wir haben einen Teil ihrer Transporte nach Danskön hin
und von dort weg übernommen. Während dieser Wochen hat sich mein Junge Olaf mit
Knut Frankel angefreundet. Er hat ihn bewundert, Senor
Titelman. Sie wissen ja, wie Jungs sein können. Einige Tage bevor die
Expedition aufbrach, vertraute Fraenkel Olaf das Geheimnis des Kreuzes und des
Sterns an. Der Strahl, der die Position ... na ja, Sie wissen das ja alles.
Als er es mir erzählte, wurde mir sofort klar, dass dieses Geheimnis
höchstwahrscheinlich unfassbar viel Geld wert sein würde. Und obwohl der Junge
es nicht wollte, zwang ich ihn, gemeinsam mit mir dem Ballon übers Meer zu
folgen. Außer Olaf und mir waren noch einige meiner engsten Männer dabei.«
    Don hielt
die Flasche mit dem weichen russischen Wodka immer noch in der Hand. Es macht
nisht oys, was spielt es für eine Rolle? Er goss sich mit unsicheren
Händen ein weiteres Glas ein. Nahm es mit sich zum Sofa und sank in die
Polster.
    »Waren Sie
es oder Ihr Sohn, der Ingenieur Andree und Strindberg ermordet hat?«
    »Ermordet?«,
Lytton verzog das Gesicht. »Jetzt muss ich Sie aber bitten, auf Ihre Worte
achtzugeben.«
    »Ermordet,
erschossen, hingerichtet? Welcher Ausdruck gefällt Ihnen am besten?«
    Lytton
warf Eva einen verärgerten Blick zu.
    »Eva, mi
hija, muss ich wirklich ...?«
    Sie
nickte, und Don hörte, wie Lytton nach Luft rang. Nach einem Blick auf die Uhr
entschied sich der Südamerikaner schließlich fortzufahren:
    »Andrees
Heißluftballon war natürlich viel schneller als unser mit Dampf betriebenes
Schiff, doch wir kannten uns mit den Winden aus und konnten vorhersagen,
welche Richtung er einschlagen würde. Als der Ballon über dem Packeis eintraf,
hatte er bereits an Fahrt verloren. Wir erreichten die beschädigte Gondel knapp
vierundzwanzig Stunden, nachdem die Schweden sich auf den Weg gemacht hatten,
auf Skiern. Von dort aus konnten wir unschwer die Spuren von Andree, Strindberg
und Fraenkel bis hin zur Tunnelmündung verfolgen.«
    »Und dort
...?«, fragte Don.
    »Dort...
Ja, als wir dort ankamen, war alles leer - nur die öde daliegende Eisfläche,
in der ein kreisrundes Loch klaffte.«
    »Leer?«
    »Na ja,
nicht direkt leer«, korrigierte sich Lytton und blies den Rauch seines
Zigarillos in die Luft. »Die Schweden hatten natürlich ihre Zelte
aufgeschlagen, bevor sie sich in den Tunnel hinunterbegaben. Unser Plan
bestand darin, ihr Gepäck nach dem Kreuz und dem Stern zu durchsuchen und dann
schnell wieder zu verschwinden. Doch als die Schweden plötzlich zurückkehrten
... Alles war irgendwie etwas chaotisch. Andree war derjenige, der als Erster
ahnte, was wir vorhatten, während hinter ihm Strindberg und Fraenkel
auftauchten. Es herrschte ein dichtes Schneetreiben so wie heute Nacht, und ich
glaube nicht einmal, dass Andree unsere Gesichter im Sturm erkennen konnte.
Wir versuchten den Schweden zuzurufen, dass wir lediglich auf das Kreuz aus
waren, doch Andree hatte bereits sein Gewehr in der Hand. Dann - und das war
das Merkwürdige - fasste er sich plötzlich an den Flals und sackte einfach
zusammen. Wir haben überhaupt keinen Schuss gehört, da es so entsetzlich
stürmte. Doch als ich mich umdrehte, warf Olaf sein Gewehr von sich. Der Junge
hatte Andree durch Zufall in den Hals geschossen - ein Warnschuss, Senor
Titelman. Er hatte lediglich zeigen wollen, dass wir ebenfalls bewaffnet
waren, nichts anderes.«
     
    Don strich
mit seinen Fingern über das Wodkaglas. Vor seinem inneren Auge sah er erneut
Eberleins schwarzgesprenkeltes Negativ in der Bibliothek der Villa Lindarne.
Der dichte Schneefall, Andrees Silhouette vor der scharfkantigen Mündung des
Lochs.
    »Ein
Warnschuss, sagen Sie ... Gilt das auch für Knut Fraenkel und Nils Strindberg?«
    Lytton
wand sich betreten.
    »Na ja,
Sie wissen bestimmt von Fraenkels Verletzungen ... Ja, Fraenkel ...«
    »Vater«,
ermahnte ihn Eva streng. Lytton schaute weg:
    »Ich habe
Knut Fraenkel erschossen, Senor Titelman. Ich habe Knut Fraenkel in den Rücken
geschossen, als er und Nils Strindberg zu fliehen versuchten.«
    »In

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