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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Mannes. Dann
wandte Lytton sein Gesicht ab und verschwand in Richtung der Tür der
Kapitänssuite.
    Es
rasselte, als sich der Schlüssel von außen zweimal im Schloss herumdrehte.
     
    Unter der Oberfläche
     
    Gut
siebenhundert nautische Meilen nördlich des Nordkaps holte ein deutsches
Marine-U-Boot den Eisbrecher endlich ein. Es hatte seinen Antrieb von Diesel-
auf Wasserstoffmotoren umgestellt und glitt nun zwanzig Meter unterhalb des
Rumpfes der Jamal wie ein lautloser Schatten weiter.
     
    Unten im
U-Boot konnte Elena hören, wie die Jetstreams über ihnen die arktische
Eisplatte durchschnitten und sich das Schiff mit Hilfe von schweren
Düsenpropellern seinen Weg vorwärts bahnte.
    In der
engen Offizierskabine blubberte es wegen der Gewichtsregulierung hin und
wieder aus den Tanks. Es wurden keine unnötigen Gespräche geführt, es
herrschte Stille. Auch wenn man keine Radarsignale aussandte, hatte die
Besatzung den Männern der Stiftung geraten, keinerlei Risiken einzugehen. Denn
keiner konnte mit Sicherheit wissen, welche Art Messgeräte ein russischer Atomeisbrecher
möglicherweise an Bord hatte.
    Die
gefilterte Luft verursachte Elena dauerhafte Kopfschmerzen. Sie lag in einer
der schmalen Kojen, die sich wie Särge entlang der gewölbten Wände der Offiziersmesse
erstreckten.
    In den
anderen Kojen lagen die Kommandosoldaten, die der deutsche Sicherheitsdienst
für Vater ausgewählt hatte. Als wichtigste Voraussetzung galt Kampferfahrung
unter arktischen Bedingungen. Außerdem hatte man die Fähigkeit der Männer
beurteilt, über das, was sie zu sehen bekommen würden, schweigen zu können.
    Elena
spürte, wie sich die Koje zur Seite neigte, als die Kreuzrüder die
Feinabstimmung der Steuerung übernahmen. Sie drehte ihren Kopf und schaute
hinunter zu Vater und Eberlein, die in der Mitte der Kabine über den Tisch mit
der Karte gebeugt miteinander flüsterten.
    Sie waren
mit einem Düsenflugzeug bis zur äußersten Nordspitze Skandinaviens geflogen,
um am Marinestützpunkt außerhalb von Tromsö in das U-Boot umzusteigen. Sie
hatten es eilig gehabt, da sich der Eisbrecher rasch dem von den Sphären ausgewiesenen
Gebiet näherte. Doch jetzt, einen Tag später, schien Vater daran zu zweifeln,
dass Titelman und Eva Strand sich tatsächlich an Bord befanden.
    Aus seinem
zischelnden Flüstern hörte sie heraus, dass sie gerade den vierundachtzigsten
Breitengrad passierten, und der Eisbrecher seinen Kurs immer noch nicht
geändert hatte. Es gab auch keine Zeichen dafür, dass er an Geschwindigkeit
verlor. Über ihnen durchbrach die Jamal das Eis in
derselben bedächtigen Geschwindigkeit wie zuvor.
    Schweigend
lauschte sie der immer hitziger werdenden Diskussion. Elena sagte nichts, denn
sie wollte Vater nicht länger mit Hinweisen und Antworten zur Verfügung
stehen. Die Hand, die sie nach der Explosion wie durch einen Zauber geheilt
hatte, hatte sie auch in anderer Hinsicht gefestigt. Vater anzuschauen erregte
in ihr zwar immer noch Widerwillen, aber ihre Angst war nicht mehr so groß.
    Es schien,
als würde die aufgezwungene Verbindung anfangen, sich zu lösen, als hätte die
Handverwundung all das zum Leben erweckt, was so lange in ihr geschlummert
hatte. Ihre Sinne waren dabei, sich wieder zu schärfen, und sie erwiesen sich
bald als ebenso empfindsam wie die eines sechsjährigen Kindes.
    Vater schien
Verdacht zu schöpfen, denn sie durfte sich auf dem U-Boot nicht frei bewegen,
auch wenn es nur sechsundfünfzig Meter lang und voll mit uniformierten Männern
war. Vielleicht befürchtete er, dass sie einen Versuch unternehmen würde, es
aus später Rache zu versenken.
    Doch
diesbezüglich brauchte er sich keine Sorgen zu machen. In ihrem Inneren bewegte
sich Elena an ganz anderen Orten. Die liebevolle Stimme der Mutter zog sie
immer wieder in ihren Bann und führte sie durch die hellen Räume, die einmal
ihr Zuhause gewesen waren. Dort lauschte sie wie ein Kind dem Lachen und den
Stimmen ihrer Schwestern. Dort existierten keine Sorgen, dort war sie
vollkommen geschützt.
    Elena
wusste ganz sicher, dass sich das Kreuz oben auf dem Eisbrecher befand. Denn
jetzt, da sie die Augen geschlossen hatte, konnte sie seine Silhouette deutlich
vor sich sehen. Es schwebte ungefähr sechzig Meter über ihnen oberhalb von
einer Treppe, und derjenige, der das Kreuz und den Stern bei sich trug, war ein
sehr alter Mann. Sie hatte das Experiment mit dem Bunsenbrenner in den
vergangenen Stunden verfolgt und kannte bereits die

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