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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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blauen Zettel gegen die
Fensterscheibe. Auf dem Papier stand eine hingekrakelte Telefonnummer. Aus dem
Mund des Nachrichtenchefs entwich eine Rauchwolke, woraufhin er die Worte
»rufen Sie an« formte.
    Der
Praktikant setzte sich ermattet auf die Schreibtischkante, grub aus dem Wust
auf dem Schreibtisch ein Tastentelefon hervor und tippte die Telefonnummer ein.
Nach ein paar Signalen meldete sich eine Stimme, die zunehmend schärfer wurde.
    »Das waren
also Sie, die den Artikel im heutigen
Dalakurir verfasst haben? Tja, von den Abendzeitungen kann man ja nicht gerade
viel erwarten ... aber dass unsere eigene Morgenzeitung derartige Spekulationen über Mord, Nazismus und Germanenkult und was
weiß ich noch alles in Gang setzen würde ... das ist wirklich beängstigend.«
    Der
Praktikant murmelte etwas in der Art, dass es ihm leidtäte, dass der Leser so
dachte, aber diese Texte über Niflheim und Näströndu und nicht zuletzt ein
erschlagener Mann in einem Bergwerk nun einmal existierten.
    »Ein Mann, sagen
Sie«, entgegnete die aufgebrachte Stimme.
    »Ja, gerade
dieses Faktum hat die Polizei stark betont«, antwortete der Praktikant.
    »Es ist in
der Tat so, dass ich eine Person kenne, die diesen Mann, von dem Sie sprechen, leibhaftig gesehen hat«, fuhr
die Stimme fort.
    Der
Praktikant klemmte den Hörer hinters Ohr und angelte sich einen mit
Kaffeeflecken versehenen Kollegblock. Dann begann er auf der Suche nach einem
funktionierenden Kugelschreiber hektisch die herumliegenden Bic-Stifte
auszuprobieren.
    »Sie ...
Sie kennen also jemanden, der das Mordopfer gesehen hat? Weiß derjenige denn,
um wen es sich handelt, kann er den Mann identifizieren, ist es jemand aus
Falun?«
    »Na ja,
kann man das denn einer Person anvertrauen, die in ihren Artikeln lediglich
eine Menge Gerüchte verbreitet?«
    »Sie haben
das Recht, anonym zu bleiben, Sie können ...«
    Die Stimme
unterbrach ihn irritiert:
    »Ja, ich
kann Ihnen wirklich keine Details nennen, aber Sie können
es ja als Tipp betrachten, wenn Sie in Zukunft das Vertrauen bekommen sollten,
weiter über den Fall zu schreiben. Es ist nämlich so, dass ein Freund, ein enger
Freund von mir Rechtsmediziner im
Krankenhaus von Falun ist. Und ausgehend von dem, was er über die Obduktion des
>Mannes< berichtet hat, ist dieser Fall vollkommen einzigartig. Oder
besser gesagt: Der Fall ist nahezu einzigartig.«
    »Ich
verstehe nicht ganz, was Sie meinen.«
    »Vitriol«,
entgegnete die Stimme. »Wie bitte?«
    »Kupfervitriol.«
    Der
Praktikant hatte es endlich geschafft, einen funktionierenden Stift zu finden,
und schrieb das Wort auf, kreiste es ein und setzte drei Fragezeichen dahinter.
»Kupfervitriol, sagten Sie ...?«
    »Sie
kommen nicht einmal aus Dalarna, oder?«, fragte die Stimme und legte auf.
    Als der
Nachrichtenchef vom Balkon wieder hereinkam, hielt der Praktikant immer noch
den Hörer in der Hand. »Und um was ging es?«
    »Ein
Leser, der etwas über Kupfer berichten wollte«, antwortete der Praktikant.
    »Das sind
doch alles Verrückte, diese Anrufer. Gehen Sie lieber und beschäftigen Sie sich
mit etwas Nützlichem.«
    »Also ich
...?«
    »Sie
machen weiter.«
     
    Als er in
sein Zimmer zurückkam, versuchte der Praktikant als Erstes, zum ungefähr
hundertsten Mal Erik Hall zu erreichen. Das Foto des Tauchers war inzwischen
ins Internet gestellt worden, und jeder schwedische Journalist schien bereits
ein eigenes Interview bekommen zu haben.
    Als er
nach dem fünften Signal schon aufgeben wollte, hörte er plötzlich:
    »Hall?«
    Doch
sofort sank das Interesse des Tauchers spürbar: »Ach, es ist nur die
Lokalzeitung. Sie können ja in ein paar Tagen noch mal von sich hören lassen,
es rufen gerade so viele an.«
    »Aber wir
würden sehr gerne ...«
    »Ach
übrigens, der Dalakurir ...?« Halls Stimme veränderte sich. »Waren nicht Sie
das, der behauptet hat, ich hätte etwas von einer Frau gesagt, die da unten
lag? Von einem kleinen Mädchen? Wenn das so ist, dann brauchen Sie überhaupt
nicht wieder anzurufen, Sie mit Ihrem Scheißjournalismus.«
    Und dann
saß der Praktikant erneut mit einem tutenden Hörer in der Hand da.
    Er schaute
resigniert auf das erste Blatt seines Kollegblocks. Dort stand ein Wort mit
schwarzem Kugelschreiber eingekreist:
     
    Kupfervitriol???
     
    Er wusste
nicht mal, was das Wort bedeutete, und es wäre wohl am einfachsten gewesen,
sich auf den Weg zu machen und einen der fest angestellten Reporter im Korridor
zu fragen.
    Bereits
ein

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