Wallentin, Jan
hindurch gelang es dem Praktikanten, Worte wie »ein letzter
Job« aufzuschnappen, und er hatte bereits seinen Mund geöffnet, um Nein, er
müsse los zu sagen, als der Nachrichtenchef die entscheidenden Worte
herausbrachte: »Erik Hall.«
Die Sache
war folgende, berichtete der Nachrichtenchef, als er seine Atmung wieder unter
Kontrolle hatte, dass dieser nervige Taucher in der vergangenen Woche andauernd
angerufen und gefragt hatte, was denn aus dem Interview mit dem Dalakurir
werden würde. Wie es aussähe, ob immer noch Interesse bestünde?
Die
Antwort war bis vor kurzem eine Selbstverständlichkeit gewesen: Die
Bergwerksgeschichte war tot und begraben. Doch gerade war ein Artikel für die
Samstagsbeilage geplatzt, und zwischen den Anzeigen klaffte ein unangenehmes
Loch. Vielleicht brauchte man den Artikel gar nicht so groß aufzuziehen?
Lediglich ein kleines Wochenendporträt von dem Taucher aus Dalarna, der für
eine kurze Zeit im Rampenlicht der Massenmedien gestanden hatte?
Erik Hall
also. Der Praktikant warf sein Jackett zurück über die Stuhllehne und wählte
dessen Nummer. Der Taucher nahm bereits nach dem ersten Klingeln ab; es schien
geradezu, als hätte er neben dem Telefon gesessen und gewartet: »Hall?«
Jetzt, da
die großen Zeitungen das Interesse verloren hatten, war man also nicht mehr so
schwer zu erreichen. Der Praktikant hatte den reservierten Ton in ihrem ersten
Gespräch nicht vergessen und bemühte sich nicht sonderlich um Höflichkeit. Was
der Dalakurir haben wollte, wenn es dem Taucher nun recht wäre, war ein persönlicheres
Interview darüber, wie er sich nach der ganzen Medienaufmerksamkeit und
Anspannung der vergangenen Woche fühlte.
»Tja, um
ehrlich zu sein, fühle ich mich ein bisschen leer«, entgegnete Erik Hall. »Ich
habe ...«
Der Praktikant
warf einen Blick auf seine Fahrkarte nach Stockholm. Es würde mindestens eine
Dreiviertelstunde dauern, um zum Sommerhaus des Tauchers zu gelangen.
»Eigentlich
sind in einem Artikel wie diesem die Fotos das Wichtigste ...«, begann der
Praktikant.
»Ja, man
schaut wohl hauptsächlich auf die Fotos. Wenn man mit jemandem von der Presse
zusammengesessen hat, möchte man natürlich ...«
»Dann
könnten wir das Interview ja vielleicht ...« Der Praktikant schaute in Richtung
Tür. »Wir könnten es zum Beispiel jetzt am Telefon machen.«
»Am
Telefon?«
»Ja, ich
bin etwas in Eile. Muss heute Abend noch nach Stockholm.«
»Ja,
natürlich, das ist klar.« Halls Stimme klang irgendwie hohl. »Unbedingt.«
Eine
Viertelstunde später waren alle Fragen beantwortet. Der Taucher hatte nichts
gesagt, was der Praktikant nicht auch erwartet hätte, aber genug, um
fünftausend Zeichen zusammenzubekommen, das heißt eine Seite im Wochenendteil
des Dalakurir. Ein Heldenporträt wollte der Praktikant sowieso nicht verfassen,
und so blieb nur noch die Sache mit den Fotos zu organisieren.
Er fuhr
seinen Computer herunter und ging hocherhobenen Hauptes über den Korridor der
Redaktion. Schlenderte am Kaffeeautomaten vorbei, bog links ab und umrundete
schließlich einen verschrammten Tisch aus hellem Holz und einen Kopierer. Dort
traf er die Fotografin, über eine Abendzeitung gebeugt, an.
Der
Nachrichtenchef war der Ansicht gewesen, dass dieser Job genau das Richtige für
sie sei, eine Aushilfskraft direkt von der Volkshochschule, die noch etwas praktische
Erfahrung benötigte. Sie trug einen Pferdeschwanz und war ziemlich stark
geschminkt, doch ihre kindlich runden Wangen verrieten, dass sie noch keine
zwanzig war.
Nachdem
der Praktikant Halls Adresse und Telefonnummer auf einen Post-it-Zettel geschrieben
hatte, bat er sie um ein paar Fotos, die möglichst natürlich wirken sollten.
Keine mit Taucheranzug, die man bereits in jeder Zeitung zu sehen bekommen
hatte. Die Fotografin nickte: ja klar.
Dann
schulterte sie ihre schwere Kameratasche, griff sich ihre Jeansjacke und
verschwand hinunter in Richtung der Redaktionswagen im Innenhof. Als der
Praktikant sie loslaufen sah, hörte er jemanden sorglos vor sich hin pfeifen.
Alles sprach dafür, dass er es selbst war.
»Willkommen
in Svartbäck«, sagte Erik Hall. »Sie möchten doch bestimmt einen Kaffee, oder?
Ich habe gerade welchen aufgesetzt.«
Er hatte
bereits am Holzzaun gestanden und auf sie gewartet. Und als sie nun den
geharkten Kiesweg entlanggingen, spürte die Fotografin die Hand des Tauchers
auf ihrem Rücken. Die Hand schob sie schließlich mit energischem Druck
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