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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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betrachten kann.«
    Ein Knall
ertönte, als der dünne Riegel in der Glastür aufsprang.
    »Das wäre
doch etwas, was man in der Zeitschrift Advokaten veröffentlichen könnte«,
meinte Don.
    »Es gibt
immerhin Grenzen dessen, was man ertragen kann«, entgegnete Eva.
    Sie schob
das Messer zwischen Türblatt und Rahmen, zog die Tür auf und verschwand im
Dunkeln.
     
    Don war
beinahe eingeschlafen, als er hörte, wie sich das Klacken ihrer Absätze im
Weinkeller wieder näherte. Die Glastür glitt auf, und Eva stellte vorsichtig
eine verstaubte Flasche auf die Spüle. Sie war schwarz und abgerundet, und auf
ihrem Etikett konnte Don lesen: Graham's Vintage Port.
    »Eine
erlesene Sammlung hat sich der Botschafter da zugelegt«, ließ Eva verlauten.
»Dieser hier ist von 1948.«
    Dann holte
sie zwei grünlich schimmernde Gläser aus dem Schrank oberhalb der Spüle und
stellte sie neben die Portweinflasche. Don folgte ihren Bewegungen von der
Matratze aus.
    »Einer der
richtig großen ...«, fuhr sie fort, während sie die Kapsel entfernte. »Einer
der richtig großen Jahrgänge, nicht wahr?«
    Das war
eine Frage, die Dons Wissen bei weitem überstieg.
    »Tja, Sie
können natürlich so tun, als hätten Sie kein Interesse ...«
    Eva
entkorkte die Flasche.
    »Aber ich
sage Ihnen, dass gerade der Achtundvierziger ausgesucht ist. Dieser Portwein
könnte noch ein weiteres halbes Jahrhundert altern, ohne Schaden zu nehmen. Er
ist vollkommen zeitlos.«
    Sie
schenkte ihn aus und reichte Don ein Glas hinüber. Er konnte sehen, wie sie
intensiv seinen Gesichtsausdruck studierte, als er es zum Mund führte.
    »Genauso
hat Lissabon direkt nach dem Krieg geschmeckt«, erklärte Eva.
    Als er
einen ersten Schluck nahm, hatte Don den Eindruck, Sirup zu trinken. Ein
starker und nahezu unfassbar konzentrierter Geschmack nach Kaffee und Karamell.
    »In dem
Jahr war der Juli ungewöhnlich kalt gewesen«, fuhr Eva fort, nachdem sie den Portwein
in ihrem Mund herumrollen ließ. »Anfang August setzte dann eine drückende
trockene Hitze ein, so dass die Trauben schnell reiften. Wenn ich es richtig
erinnere, war die Hitze so stark, dass man die Ernte vorverlegen musste, und
dennoch vertrocknete das meiste. Er schmeckte schon damals ziemlich süß. Der
Achtundvierziger war bereits zu Beginn der 60er Jahre ein Klassiker und wurde
mit dem von 1942 verglichen, ebenfalls ein sehr gutes Jahr.«
    Sie ließ
ihre Zunge über die zuckrigen Lippen gleiten.
    »Für
Portwein vielleicht«, sagte Don und stellte sein Glas ab.
    Dann stand
er schwerfällig von seiner Matratze auf und unternahm einen Versuch, das
steife Gefühl aus seinen Armen und Beinen zu schütteln. Im Spritzschutz
erschienen seine Bewegungen wie das staksige Auf- und Abhüpfen einer
Vogelscheuche. Dort konnte er auch Evas Spiegelbild erkennen, die mit der Hüffe
gegen die Spüle gelehnt stand. Unter dem gesprenkelten Fischgrätenmuster ihrer
Kostümjacke hing die braune Bluse schief, und aus ihrem hochgesteckten Haar
hatte sich eine graue Strähne gelöst, die ihr über die Augen fiel.
    »Schauen
Sie selbst, was Sie finden können«, sagte sie und nickte in Richtung der
aufgebrochenen Glastür.
    »Es muss
doch noch etwas anderes geben, was wir tun können, oder?«, fragte Don
irritiert. Sie zuckte lediglich mit den Achseln.
     
    Im
Weinkeller war es kalt, und ein kühler Luftstrom kam ihm entgegen, als er sich
in den Korridor zwischen den herausragenden Flaschenhälsen begab. In die Decke
eingelassene Lampen verbreiteten ein spärliches Licht, in dem er ein Weinfass
erblickte, auf dem ein vergoldeter Korkenzieher und zwei Kristallgläser
standen.
    Neben dem
Fass verlief eine Treppe, die zu einem Untergeschoss zu führen schien. Don warf
einen Blick über die Schulter zurück und erkannte die Konturen von Evas
wartender Gestalt durch das getönte Glas. Doch dann beschloss er
hinunterzugehen.
    Der untere
Teil des Weinkellers war mit Wänden aus rauen gehämmerten Ziegeln versehen. An
ihnen entlang verliefen dicht nebeneinander grobe Holzplanken, die reihenweise
mit eingestaubten Flaschen gefüllt waren. Vereinzelte Glühlampen hingen an
Kabeln mit Textilummantelung von der niedrigen Decke herab.
    Don fragte
sich, wie die Rechtsanwältin sich so schnell zurechtgefunden hatte, schloss
dann jedoch, ohne ein größerer Weinkenner zu sein, dass die besten Flaschen
wohl ganz hinten aufbewahrt wurden. Als er bis in den hintersten Winkel des
Weinkellers vorgedrungen war, stellte er sich auf die

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