Wallentin, Jan
einige
Reiseunterlagen beschaffen, und wenn Sie ein Ticket für die Fahrt haben wollen,
müssen Sie mich in Ruhe arbeiten lassen.«
Eva
verschränkte die Arme vor der Brust, schob den Stuhl vom Tisch weg und folgte
mit ihrem Blick eine Weile lang Hex' Händen, die über die Tastatur flogen. Sie
richtete ihren Blick auf Don, doch er saß mit dem Kopf auf die Hand gestützt
abwartend da. Dann spürte Eva, wie die Schmerzen in ihrem Bein wieder zunahmen,
und sie schloss langsam die Augen, um ihre Gedanken zu ordnen.
»Green
Cargo ...«, murmelte sie vor sich hin.
Der Waggon
Gegen zwei
Uhr nachts verstummten die Festplatten im Betonraum. Angesichts der
plötzlichen Stille erwachte Eva. Hex reckte sich und gähnte auf ihrem Bürostuhl
vor der Reihe erlöschender Bildschirme.
Dann
schnurrte die Schwester halb mit ihrem Stuhl herum und versetzte Don einen
Stoß. Als er halbwegs ansprechbar war, erklärte Hex, dass es an der Zeit sei
aufzubrechen. Absender, Adressat und Art der Güter waren endlich vom Green
Cargo System geschluckt worden, und man hatte geplant, den Güterwaggon mit
einer Abfahrtszeit um 03:43 Uhr in das europäische Transportsystem einzubinden.
Somit war die Zeit knapp bemessen, doch ansonsten hätte man die Reise um mehr
als einen Tag aufschieben müssen.
Oberhalb
des Abrisskellers auf dem halbfertigen Bahnsteig blies Eva der Nieselregen ins
Gesicht. Hex hatte eine starke Taschenlampe angeschaltet, mit deren Hilfe sie
die beiden über die Gleise der U-Bahn geleitete und schließlich eine steile
Böschung hoch in ein Dickicht hineinführte. Eva klammerte sich mit dem Arm an
Dons Schultern fest, um sich abstützen zu können. Dennoch rutschte sie mit
ihren Pumps immer wieder weg, und die Peitschenhiebe der Äste und Zweige
bewirkten, dass sie ein ums andere Mal kurz davor war, die Balance zu
verlieren. Dann gelangten sie auf eine Schotterstraße, und ein Stück entfernt
konnte sie im Schein der Taschenlampe halb im Straßengraben stehend ein verrostetes
Autowrack erkennen.
Als die
Schwester die Türen aufgeschlossen hatte, half Don Eva, auf die marode Rückbank
zu gelangen. Hex klemmte sich hinters Steuer und drehte den Schlüssel im
Zündschloss, nach einigen fauchenden Versuchen sprang der Motor stotternd an.
Von den beiden Scheibenwischern war nur einer funktionstüchtig, und mit einem
durchdringenden Quietschen im Ohr fuhren sie in der Dunkelheit einen Waldweg
entlang.
Über eine
Tankstelle gelangten sie auf die Autobahn, und durch die Regentropfen, die über
die Seitenscheiben liefen, erahnte man das Depot Rästagaraget, wo die roten
Busse von SL aufgereiht standen und auf ihren morgendlichen Einsatz warteten.
Die Fahrbahn vor ihnen war leer, was Eva als Glück betrachtete, da die Bremsen
kaum griffen, als sie vom Waldweg aus in Richtung Solna und Räsunda abgebogen
waren.
Sie
überquerten eine Brücke über eine zweispurige Eisenbahnlinie, und schließlich
erblickte Eva durch Dons Fenster ein cremefarbenes Gebäude. Ganz oben an
seiner Fassade leuchtete ein Schild mit der Aufschrift: Solna Tennis-Center.
Der Wagen
rollte langsam auf den Parkplatz. Die Handbremse wurde angezogen, und Eva löste
den schlabberigen Riemen, der irgendwann mal ein funktionierender
Sicherheitsgurt gewesen war.
Ihre
Absätze klackerten auf dem Asphalt, während Eva ihren Arm erneut um Dons
Schultern legte und in Richtung der Heckklappe schaute, aus der Hex gerade zwei
große Kunststoffkanister herausnahm.
Sie
zuckelten hinter der Schwester her auf ein Cafe zu, an dessen Außenwand sich
ein Wasserhahn befand. Hex blieb stehen, nahm eine kleine Zange zur Hand und
begann die beiden Kanister zu füllen. Als sie fertig war, hievte sie den einen
zu Don hinüber und schaltete die Taschenlampe aus, dann schlichen sie an der
Fassade einer Turnhalle entlang weiter. Sie stolperten über eine Hügelkuppe
mit wild wucherndem Baumbestand und rutschten auf der anderen Seite wieder
herunter, bis sie von einem hohen Zaun aufgehalten wurden. Hex ließ ihren
Blick entlang der Zaunpfähle gleiten und fand nach einer Weile eine mit
Stahldraht verschlossene Öffnung. Sie entfernte den Draht und warf ihn zur
Seite, so dass sich ein Loch im Maschennetz abzeichnete.
»Sie
bewachen das Gelände mit Hunden, also beeilt euch«, flüsterte die Schwester,
bevor sie mit ihrem Wasserkanister durch die schmale Öffnung hindurchglitt.
Don half
Eva, ihr zu folgen, und während sie versuchte, sich auf dem schmerzenden
Weitere Kostenlose Bücher