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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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er mit sich überstürzender Eile, »doch nun laß uns den Festsaal betreten, ich bin begierig, deine neuen Einrichtungen zu sehen.«
    Mit sichtlicher Hast drängt Psenophis seine Gäste nach dem unterirdischen Gemach, man sieht ihm an, daß er die Beute, die er nun einmal in den Klauen hält, sich nicht entgehen lassen will. Die Königin hält sich im Hintergrund der Säulenreihe verborgen, von wo aus sie stille, düstere Blicke auf ihren Gemahl schleudert. »Da schreitet er hin, der Judenliebhaber,« murmelt sie zwischen den Zähnen hervor. »Ich bin begierig, ob er in den Gefilden der Seligen auch schöne Jüdinnen findet, die ihm ihre Schönheit zum Opfer bringen. Jetzt wird ihn bald eine andere Geliebte umarmen – die tödliche Welle.«
    Der König ergreift seines Oberpriesters Hand, beide wandeln, anscheinend in gleichgültige, ja freundschaftliche Gespräche vertieft, dem unterirdischen Festsaale zu. Der König lobt die Anordnungen des Festes, die helle Beleuchtung des kühlen Raumes, den duftenden Blumenschmuck, den man auf den Boden gestreut, er lobt mit eigenem Lächeln die reichbesetzten Tische; die Malerei der Wände scheint seine Blicke zu erheitern.
    »Gute Gemälde,« sagt er lebhaft, als alles sich gesetzt. »Schöne Gemälde sehe ich da an den Wänden – wie lange mögen sie dauern?«
    »Wie lange, mein königlicher Gast? Welche Frage!« entgegnet Psenophis. »Solange wie diese Wände, dauern auch die Gemälde.«
    »Glaubst du?« fragt Ramses gleichmütig, einen stechenden Blick auf Psenophis schleudernd, der diesen erbleichen läßt. »Nun! mir scheint, diese Wand ist schlecht gebaut, ihr mischtet den Kalk zu dünn. Doch nun laßt uns zum Weine greifen.«
    Betroffen sehen sich die Verschworenen nach diesen Worten an. Der Prinz fixiert mißtrauisch seinen Vater, der mit auffallender Hast einen Becher voll Weines hinabgießt. Das Gespräch kommt schwerfällig in Fluß, nur scheues Geflüster, erkünsteltes Lachen ist vernehmbar, eine unheimliche Befangenheit lähmt die Lippen der Gäste. Psenophis flüstert der Königin leise zu: »Er schöpft Verdacht,« während die übrigen mit ihren Tellern spielen, von den aufgetragenen Speisen kaum kosten und scheu auf ihren Herrscher blicken.
    »Was flüstert ihr?« fährt der König die Königin an, die sich die Miene gibt, als ob sie sich langweile.
    »Nichts, Gebieter,« antwortet der Oberpriester. »Ich sagte: du liebtest den Wein.«
    »Den Wein? O gewiß, und ich hasse das Wasser,« ist des Königs kühl hingeworfene Antwort.
    »Herr, ich hoffe, daß Ihr den Wein nicht mehr gewässert findet, als ihn die Natur mit Wasser vermischt hat,« witzelt Psenophis, »bei Gott, wenn es sich anders verhielt, mein Mundschenk, der alte Weinschlauch, müßte vor Euren Augen geöffnet werden, damit sich bestimmen ließe, um wieviel er meine Schläuche erleichtert hat.«
    Der Mundschenk wird gerufen und beteuert seine Ehrlichkeit.
    »Laß ihn leben, guter Psenophis,« bittet der König, »er hat deinen Wein nicht verwässert. Aber sage mir: Was ist kostbarer, Wein oder Nilwasser?«
    »Ihr stellt schwer zu beantwortende Fragen, Herr!« versetzt der Verlegene, »ich denke, uns Ägyptern ist das Wasser des Nil die kostbarste Flüssigkeit.«
    »Stimmen damit alle überein?«
    »Meine Gäste – seid ihr nicht derselben Ansicht?«
    Alle sind derselben Ansicht.
    »Und dennoch,« lächelt der König, »wenn man mir die Wahl ließe, würde ich vorziehen, in einem Fasse voll Wein zu ertrinken, nicht in dem kostbaren Nilwasser – oder haltet ihr es umgekehrt? Ihr schweigt? Ich sehe euern erstaunten Gesichtern an, daß ihr Nilwasser vorzieht. Nun, nun, ich spreche ganz im allgemeinen, aber wenn ich einmal in die unangenehme Notwendigkeit versetzt würde, euch ertränken lassen zu müssen, glaubt mir, ich würde euch den Gefallen tun und euch in euer geliebtes Nilwasser setzen, dann mögt ihr die Fische spielen solange ihr wollt. Ich für mein Teil liebe das Trockene.«
    »Eure Laune Herr, ist eine sonderbare,« wagt der betroffene Prinz zu entgegnen.
    »Steh' auf, mein Sohn,« ruft der Herrscher plötzlich mit ernster Stimme.
    Dieser erhebt sich.
    »Auch du stehe auf, Psenophis – so! Und nun verbeugt euch vor mir – tiefer – noch tiefer. Gut so! Und merkt euch – noch bin ich König! Jetzt mögt ihr euch wieder setzen!«
    Verwundert sehen die Anwesenden auf dieses seltsame Spiel; in mehreren taucht der Gedanke auf, Ramses habe schon, ehe er den Festsaal betreten, zu viel

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