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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Ahnung auf! Ich weiß nicht warum! Dies Ausbleiben des Königs – wenn es nur nichts zu bedeuten hat. Zwar frug ich den Gott, und dieser versicherte mir durch sichtliche Zeichen, Ramses würde erscheinen – o ihr Götter, täuscht uns nicht! Wenn wir einen Verräter unter uns gehabt, wenn dem König eine Andeutung –«
    »Unsinn,« fällt Cha-em-dyam barsch ein, »der einzige Verräter, den wir zu fürchten hatten, ist vernichtet; heute ist der Tag, an dem er ausgelebt; während wir sprechen, zerdrückt ihn die Maschine, die meine Rache ersonnen.«
    »So ist er tot,« fragt Psenophis gespannt, »wirklich tot?«
    »Sicherlich! Wie könnte er entkommen.«
    »Ich gäbe viel für die Gewißheit seines Todes.«
    »Du kannst dich darauf verlassen,« lachte der Prinz hämisch, »er atmet nicht mehr, er kann uns nicht mehr schaden.«
    »Sahst du ihn tot vor dir liegen?« fragt Psenophis.
    »Das nicht!«
    »Nicht?«
    »Nein,« entgegnet der Prinz, »ist auch nicht nötig, ist sogar unmöglich, denn das Futteral, in dem er zerquetscht liegt, läßt sich nicht öffnen. O, eine köstliche Erfindung meines Baumeisters, ein wahres Meisterwerk der Mechanik. Hältst du es für möglich; von meinem Schlafzimmer aus konnte ich durch den Druck auf eine Feder das Ineinanderschieben der Metallplatten leiten.«
    Psenophis zollte der Maschine seine Bewunderung. Ihm wollte es augenscheinlich nicht gefallen, daß er nicht greifbare Beweise von Menes' Tod in Händen hatte, dies beunruhigte sein Gemüt, doch sprach er nicht weiter darüber. Die Verschworenen suchen nun ihr Unbehagen hinter erkünstelter Heiterkeit zu verbergen. Einige lachen über die Maschine des Prinzen, andere treiben mit den Dienern und Dienerinnen Scherz, andere besichtigen mit dem Baumeister die Wasserwerke. Noch ist immer keine Spur von dem Nahen des Geladenen zu erblicken.
    »Ich fürchte, Ramses hat Wind erhalten von unserem Werk,« seufzte der Priester, »er könnte längst hier sein, er sagte so freundlich zu, als ich ihn einlud, und nun bleibt er aus.«
    Man wartet lange vergebens; die Befürchtung, daß der König von dem Plan unterrichtet sei, den man gegen sein Leben geschmiedet, greift immer mehr um sich; die Gesichter der Verschworenen nehmen einen immer ängstlicheren Ausdruck an, einige geben sogar nicht undeutlich zu verstehen, man solle ohne Zögern fliehen, jedoch dem widerspricht die Königin eifrig: Flucht rette sie nicht, errege aber sogleich Verdacht. Man schickt mehrere Boten nach dem Königspalaste aus. Diese kommen mit der Antwort zurück, dem Könige sei plötzlich unwohl geworden, er habe sich beim Reiten den Fuß verstaucht, er werde aber trotz seiner Schmerzen das Fest mit seiner Gegenwart zieren, denn wortbrüchig wolle er nicht werden, er werde erscheinen, und wenn man ihn sterbend in den Festsaal tragen müsse. Diese Nachricht trägt viel zur Beruhigung der Harrenden bei; der Plan wird gelingen, nur etwas später, als man gehofft. Endlich ertönte ein langgezogener Trompetenschall durch die Nacht. Freudiges Aufatmen fliegt durch die ganze Versammlung. »Der König! Der König!« brauste es durch die Hallen. »Das Ziel ist erreicht, er ist da, die Schlinge ist ihm bereits um den Hals geworfen.«
    Alle eilten stürmisch an das Portal, den Herrscher zu empfangen, der arglos in sein Grab schreitet. Der Oberpriester gibt dem Architekten rasch noch einige Andeutungen, die dieser pünktlich auszuführen verspricht. Der Prinz ist der erste, der den Sohn der Sonne begrüßt.
    »Wo bleibt mein königlicher Vater,« spricht er einschmeichelnd; »die Gäste unseres freundlichen Wirtes harrten deiner lange.«
    Der König steigt aus der fackelumleuchteten Sänfte. Allen fällt seine Blässe auf, sein starrer Blick, die Hast seiner Bewegungen, doch schreiben sie solches auf Rechnung seines Unwohlseins. Er sieht sich rings um und bemüht sich dann zu lächeln. Es ist ein seltsames, geheimnisvolles Lächeln.
    »Wo ist unser freundlicher Wirt?« sagt er mit mühsam sich abgerungener Milde.
    Psenophis tritt, sich verbeugend, vor.
    »Unser Herr, den die Götter vor Unfällen bewahren wollen,« schmunzelt er, »sei willkommen unter seinen Dienern. Ich weiß, du liebst die unterweltlichen Säle, die Stille, die Kühle, die daselbst herrscht, tut dir wohl; aus diesem Grunde lud ich dich in ein solches Gemach.«
    Der Herrscher reicht ihm die Hand.
    »Verzeihe mein Verspäten, ein kleiner Unfall, der weiter keine Beachtung verdient, hielt mich zurück,« sagt

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