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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Wälder sie trennten. Sie hatte Myrrah an den entlegensten Teil des Landgutes geschickt, um dort am Nilkanal Papyrusstauden zu sammeln, mit welchen sie Handel trieb. Menes wurde unterdessen hastig in eine Gondel gedrängt, die ihn in den Hafen bringen sollte, wo das größere Boot seiner harrte. Er selbst mochte einsehen, daß es besser sei, den Abschied auf diese Weise zu erleichtern, denn er frug kaum nach Myrrah, sprach überhaupt keine drei Worte während des ganzen Tages seiner Abreise. Seine zusammengepreßten Lippen, seine brennenden Augen ließen wohl auf die Erregung seines Inneren schließen, sein äußeres Benehmen jedoch verbarg seine Stimmung aufs sorgfältigste. Als er bereits in der Gondel stand und den tränenschweren Blick wie suchend über das Ufer gleiten ließ, bewegte er die Lippen zum Sprechen; da er aber fühlen mochte, wie in diesem Moment auch das kleinste Wort seiner männlichen Fassung ein Ende gemacht haben würde, erhob er die rechte Hand wie drohend und sah seiner Mutter mit einem Blick ins Auge, der in seinem tiefen Seelenweh alles sagte, mehr als es seine Zunge vermocht. Asso flüsterte ihm Trost zu und versicherte, getreulich über Myrrah wachen zu wollen; sie solle es haben in ihrem Hause wie in den Gefilden der Seligen. Als man Myrrah die Nachricht von der Abreise ihres Geliebten brachte, rang sie sichtlich nach Atem und verschloß sich darauf in ihrem Zimmer. Von dem Tage an, welcher ihr Menes geraubt, ging sie noch stiller wie zuvor ihren häuslichen Beschäftigungen nach, ohne sich in das Gespräch der übrigen Diener, zu welchen sie jetzt gehörte, zu mischen. Sie lebte lautlos für sich, mitten in dem Treiben des großen, reichen Hauses, einsam, abgeschieden von allem Umgebenden. Nichts vermochte ihr Interesse zu erregen; es war, als habe sich eine schwere Wolke um sie gelagert, welche ihr die Verbindung mit der Außenwelt verbot. Ihr Auge blieb tränenlos, aber der Ausdruck ihrer Züge erzählte von durchwachten Nächten. Ihrer Gebieterin begegnete sie mit scheuer Unterwürfigkeit, auch mied sie dieselbe, soviel es in ihrer Macht stand. Tadel wie Lob nahm sie mit derselben Gleichmütigkeit hin, man sah ihr an, daß sie eine Welt im Inneren trug, die sie mit der äußeren nicht in Berührung kommen lassen wollte. Das einzige lebende Wesen, mit dem sie schließlich noch umging, das ihr eine innigere Teilnahme erregte, war das kaum zweijährige Kind einer syrischen Sklavin, welche für die Reinhaltung der Gefäße zu sorgen hatte. Mit diesem Kinde beschäftigte sie sich, sobald es ihre Arbeiten erlaubten, an seine unschuldige Seele klammerte sich ihre vom Schmerz zernagte; dies Kind, mochte sie dunkel empfinden, war das einzige Wesen, dem sie nun, nachdem sie ihn verloren, trauen durfte; es war noch nicht fähig, sich zu verstellen, seine Liebe war aufrichtig; hier fand sie, was sie suchte – ungeheuchelte Hingabe, Trost und Erquickung. Als die kleine Netkro anfing, den alleinigen Umgang mit Myrrah langweilig zu finden, als sie sich weigerte, der Unglücklichen auf ihr Zimmer zu folgen, mußte die Arme sich wieder mit sich selbst begnügen, bis der Vater des Kindes, den der Zustand des Mädchens rühren mochte, auf ein Auskunftsmittel verfiel. Er gab Myrrah eine von ihm aus Holz geschnitzte kleine Gondel, welche dann auch bald Netkro wieder auf das Zimmer ihrer Freundin lockte; aber auch dieses Spielzeug besaß nicht lange Anziehungskraft auf das Kinderherz; nach wenigen Wochen mußte sich Myrrah die Hauskatze zur einzigen Gefährtin erwählen.
    Natürlich fehlte es nicht am Spott der übrigen Dienerinnen. Wenn sie aufgefordert wurde, mit den Zofen den Ball zu werfen und sie sich ohne Gegenrede hinwegstahl, rief man ihr allerlei Necknamen nach.
    »Sie hat die Sprache verloren,« lachte der Haushofmeister, wenn er ihr einen Auftrag gab und sie, nichts darauf erwidernd, ihn still ausführte.
    »Sie ist eine Eule und wird erst bei Nacht lebendig,« lächelte der Gondelführer verschmitzt seinen Ruderknechten zu, wenn sie Kissen in die Gondel trug, um dieselbe zur Fahrt zu rüsten, und ohne sie eines Blickes zu würdigen, an den begehrlich dreinschauenden Gesichtern vorüberschritt.
    »Sie dünkt sich mehr als wir, sie ist anmaßend,« sagte die erste Kammerdienerin Hassura, wenn die arme Jüdin überhört hatte, daß sie der Herrin den Morgentrunk nebst dem Gebäck an das Lager bringen möchte. Solange Menes sich noch im Hause befunden, war Asso dem Mädchen mit einschmeichelnder

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