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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Bescheidenheit nur zu sehr, wie sie an allem, was die Männer fesseln kann, unter der reichen Tochter des großen Oberfeldherrn stand. Der Zweifel an der Treue ihres Menes war einmal in ihre Seele geschleudert und er tauchte von Zeit zu Zeit beim Arbeiten, beim Ruhen wieder auf, als beängstigender Traum oder düsteres Grübeln, so sehr sie sich auch klar machte, daß Asso keinen anderen Zweck verfolge, als sie zu betrüben, sie aus dem Herzen ihres Sohnes zu verbannen. War nicht dieser Heiratsvorschlag der deutliche Beweis, wie sehr Asso eine Trennung zwischen den beiden zustande zu bringen suchte? Aber Myrrah schauderte vor dem Gedanken, einem anderen anzugehören, zurück wie vor dem Tode, und selbst wenn Menes an der Seite eines fremden Weibes sein Leben, ohne ihrer zu gedenken, verbrachte – war es nötig, daß, weil er ihr untreu geworden, sie ihm wieder untreu werden mußte? Sie sah Menes am Hofe des Königs von Pracht umgeben, bewundert von schönen Frauen, die Frauen bewundernd, geehrt, umschmeichelt – aber kein Gefühl von Eifersucht stieg bei solchen Betrachtungen in ihrem Busen auf, kaum daß der Schmerz sich zu erheben wagte in ihr, sie wünschte ihm diese Triumphe, sie freute sich seines Glanzes. In unglücklichen Stunden schien es ihr sicher zu stehen, daß er sie vergessen habe; dann wieder machte sie sich Vorwürfe, an ihm auch nur einen Augenblick irre geworden zu sein. Zu einem war übrigens dieses Brüten gut; sie vergaß dadurch zu bemerken, wie man sie im Hause der Witwe immer geringschätziger behandelte. Hatte man es doch gewöhnlich nicht mehr nötig gefunden, ihren Platz bei Tische mit Speisen zu versehen; sie mußte oft tagelang Hunger leiden. Diese Herabsetzung fühlte sie jetzt, nachdem ihre Gedanken von jenem Zweifel hin und her gerissen wurden, nur noch wie durch einen dichten Schleier hindurch; die ganze Welt war ihr wie in Nebel gehüllt; selbst grobe Beleidigungen verloren ihr gegenüber ihren Stachel; sie konnte, ohne zu wissen, was sie tat, lächeln, wenn ihr eine Dienerin Schmähungen entgegenwarf. In diesem Zustand von Schmerztrunkenheit gewahrte sie auch nicht, wie ein dunkelbärtiger fremder Mann seit einigen Tagen im Hause verkehrte. Er schien oft stundenlange Unterredungen mit der Herrin zu pflegen, trat scheu, ja geheimnisvoll auf, warf, wenn er ihr auf dem Gange begegnete, Myrrah wohlwollende Blicke zu und wurde allmählich von der Witwe mit einer Art Freundlichkeit, ja Ehrerbietung behandelt. Die Diener steckten über die seltsame Erscheinung dieses schwarzen Juden neugierig die Köpfe zusammen; Gerüchte über seine Absichten tauchten unter ihnen auf; man brachte ihn in Verbindung mit Myrrah. Schließlich drang auch etwas von diesen Gerüchten in die Abgeschlossenheit der Jungfrau. Sie bekam abgerissene Reden über den rätselhaften Juden zu hören, die sie anfangs unbeachtet ließ, die sie aber später beunruhigten; man rief ihr Glückwünsche nach; ja der Gondelführer begegnete ihr auf einmal mit einer gewissen Achtung, der Aufseher des Hauses trug ihr sogar seinen Schutz an.
    »Glückliches Geschöpf,« sagte ihr einmal die junge Zofe, von der sie einige Wochen vorher in den Arm gestochen worden war, »glückliches Wesen, über dir walten die Götter sichtlich. Aber wenn du dies Glück errungen hast, dann denke an mich! Daß ich immer deine beste, treueste Freundin war.«
    Damit küßte die Zofe des Mädchens Wangen.
    »Welches Glück,« fragte Myrrah verwundert, »soll ich mir erringen?«
    »Welches Glück, ei du Schalk,« lachte die Schmeichlerische, »als wenn du das nicht längst erraten hättest! Ei du süßer Schelm, stellst dich unwissend?«
    »Ich weiß gewiß nicht, von was du redest,« sagte Myrrah, deren Gutherzigkeit der boshaften Zofe längst vergeben hatte.
    »Ha, ha,« lachte diese, »wie du bescheiden tust! Nun, nur so weiter, damit wirst du ihm gewiß gefallen, du kleine Beneidenswerte.«
    Mit diesen Worten schlüpfte sie lächelnd hinweg, das Mädchen in ängstlicher Spannung zurücklassend. Was bereitete sich um sie her im stillen? Welches Unheil schwebte bereits mit ausgebreiteten Schwingen über ihrem Haupte? Von welchen Händen ward der Pfad, auf dem sie ging, untergraben? Es war ihr, als lege sich ein schweres Netz immer enger und enger um ihren Leib; sie fühlte, daß man einen Plan geschmiedet, sie nicht völlig zu vernichten, doch unschädlich zu machen für ewig. Immer bedrohlicher wurden die Anzeichen des herannahenden Sturmes, immer

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