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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Mantel umhüllend, »die Nacht ist kühl.«
    Als das Mädchen in der Sänfte Platz genommen, beugte er sich noch einmal zu ihr.
    »Verzeihe mir, Myrrah,« flüsterte er bebend, »verzeihe mir . . .«
    »Was soll ich dir verzeihen?«
    »Daß – daß ich dich liebe,« kam es verlegen über seine Lippen.
    *           *
*
    Das Haus, welches Asso Isaak geschenkt, lag im Westen der Stadt inmitten eines Gartens. Der Jude hatte klugerweise dem Mädchen mehrere Tage Zeit gegeben, sich von dem Unerwarteten zu erholen, ihre Geister zu sammeln. Er hatte es mit ihr gemacht wie derjenige, der einen anfangs unbändig sich zeigenden Papageien zähmen will, er hatte sie sich selbst überlassen, hatte sie kaum einmal des Tages gesehen und wenig mit ihr geredet. An diesem Abend wollte er es wagen, zum ersten Male sein eheliches Recht von ihr mit aller Entschiedenheit zu fordern, denn mehrere Anspielungen auf dieses Recht hatte sie bisher unwillig zurückgewiesen; jetzt, nach dem Verlauf einer Woche, hoffte der sehnsüchtige Ehemann auf günstigere Ergebnisse, denn nun mußte sich die Widerspenstige an ihn gewöhnt haben. Und konnte denn überhaupt ein weibliches Herz lange dem innigen Drängen eines glühenden Mannes widerstehen? Ihr entfernter Geliebter mußte allmählich dem gegenwärtigen Liebhaber weichen; das stille Bild des Entfernten mußte verblassen vor dem Andrang des Gegenwärtigen; und war nur einmal ihre Phantasie genugsam erhitzt von reellen Liebkosungen, wie konnten die nur eingebildeten eines Abwesenden noch Anziehungskraft auf ihr Herz ausüben. Es kam alles auf die günstige Stunde an, und diese glaubte Isaak an einem lauen, träumerischen Abend, der sich wie der Mund eines Liebenden auf das Niltal senkte, gefunden zu haben. Er kleidete sich in feines Gewebe und betrat das flache Dach seines Hauses mit klopfendem Herzen, mit unsicherem Schritt. Dort saß sie, kaum bekleidet, in der Ecke auf den schwellenden Kissen; ringsum blähten sich wollüstig die dunkelroten, assyrischen Vorhänge, die dem Dach, welches sie einschlossen, ganz das Ansehen eines behaglichen Zimmers verliehen, durch dessen Decke neugierig der Mond schielte. Dort saß sie abgewandten Blickes. Isaak stand nun neben ihr, seine Lampe auf den kleinen Tisch stellend, auf welchen sein Weib den Arm stützte. Welch ein Arm! wie bogen sich seine Wellenlinien weich nach dem Haupte empor; er zitterte leise, dieser weiße Arm, und als ihn der Erwartungsvolle berührte, kehrte sie ihm ihr von der Lampe geheimnisvoll umspieltes Antlitz zu. Noch zögerte er.
    »Wie glücklich könnten wir beide miteinander sein,« begann er endlich mit unsicherer Stimme.
    »Glücklich?« hauchte sie schaudernd, »glücklich?«
    »Wenn du diesen Menes vergessen wolltest. Reichtum und Ansehen ward mir zuteil, mir fehlt nichts mehr zu meinem Glück als deine Liebe. Was hängst du dein Herz an diesen Menes, der nicht deines Stammes ist? O Myrrah, wenn du mich nur mit der Hälfte der Liebe lieben könntest, die du diesem Fremden widmest, – ich wollte dir ein getreuer, zärtlicher Gatte werden, ein Gatte, wie du ihn vielleicht in Menes nicht findest, von dem du jetzt kaum weißt, ob er dein ihm ergebenes Herz nicht verlacht.«
    Beide schwiegen. Die Nachtluft spielte mit den Teppichen, ein Nachtfalter umschwirrte die Lampe, tiefe Stille überall; weit draußen in der Dunkelheit zeigten einzelne glühende Punkte die Stelle, wo Memphis lag, auf dessen flachen Hausdächern die Bewohner der kühlen Ruhe genossen. Isaak legte seinen Arm um den Nacken des Mädchens, sie rückte hinweg, von Grauen geschüttelt.
    »Isaak, ich flehe dich an,« sagte sie, »gib mir Wahrheit. Hat mich Menes vergessen? Du weißt es, o täusche mich nicht! Dir hat es Asso anvertraut.«
    »Was fragst du mich nach Menes,« entgegnete er düster.
    »War jene Botschaft erlogen? Liebt er mich noch? Isaak, bei allem, was dir heilig ist – rede!«
    »Ich bin nicht hierhergekommen, mit dir über Menes zu reden,« gab er barsch zur Antwort, »ich wollte, die Schakale nagten an seinem Gebein, die Sandkörner der Wüste tränken sein Blut. Du weißt, was ich von dir fordere, zögere nicht länger, denn mit meiner Geduld ist es zu Ende.«
    »Rufe deine Schwester,« preßte die Bebende hervor.
    »Meine Schwester?«
    »Sie nahm mich gestern in Schutz dir gegenüber, sie wird auch diesmal dich überreden, mich zu schonen –« Er starrte sie an.
    »Jehova, welche Blicke – Isaak! töte mich! Komm, töte mich und ich

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