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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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sollt,« setzte er dann mit niedergekämpfter Erregung hinzu, »in meiner Gegenwart diesen Mörder beobachten, um zu ergründen, wer ihn gegen mein Leben mißbrauchen wollte.«
    Menes erriet, daß der König die Absicht hatte, zu sehen, welchen Eindruck wohl der Verbrecher auf seine heimlichen Freunde ausüben würde; er selbst zweifelte kaum mehr an einem Einverständnis.
    »Das ist ein anderes,« erwiderte die Königin, »mir klang aus deinen Worten eine versteckte Anschuldigung, ein Verdacht – doch genug –! Ich will meine Rechtfertigung anderen überlassen. Da kommt der Vorgeladene!«
    Mehrere Bewaffnete führten den Bogenschützen, den man völlig entkleidet und dessen Rücken Spuren von Züchtigungen zeigte, vor den König. Den hageren, starkknochigen Schützen überlief ein Zittern, seine Züge drückten Entschlossenheit aus, welche sich besonders in den fest zusammengekniffenen Lippen ausprägte. Er warf der Königin einen Blick zu, als er eintrat, welchen diese bedeutungsvoll erwiderte.
    »Du willst also nicht gestehen,« frug ihn Ramses gelassen, »wer dich dazu verführt, den Pfeil auf deinen Herrn abzudrücken?«
    Der Mann wechselte wieder einen verstohlenen Blick mit Urmaa.
    »Nein,« sagte er.
    »Gibst du mir keine Gründe an, warum du so gehandelt?« frug ihn sein Gebieter weiter, »tat ich dir ein Leid? Handle ich unrecht an dir? Hast du Grund, mich zu hassen?«
    Der Prinz schien ihm, wie Menes bemerkte, zuzuwinken, er solle schweigen.
    Der Mann schüttelte den Kopf und schlug sich auf die Brust.
    »Weißt du, daß du sterben mußt?«
    »Ich weiß es.«
    »Und daß du dir dein Leben erhalten kannst, wenn du Antwort gibst, wenn du gestehst?«
    »Ich schwur, zu schweigen,« sagte der Angeklagte dumpf.
    Mit dem Gefangenen war der Sklavenaufseher zugleich eingetreten; diesem gab nun der König einen Wink, worauf derselbe die Türvorhänge auseinanderschlug und dem zurückschaudernden Verstockten einen Knecht zeigte, der ein an der Spitze glühendes Eisen in seiner muskulösen Faust hielt. Menes atmete schwer auf, als er sah, wie der Knecht eintrat und das rauchende Eisen dem Nacken des Gefangenen näherte. Der Schütze zuckte zusammen, sein Kopf fiel keuchend auf seine Brust herab; Menes sah den Augenblick gekommen, wo ihm die Todesangst das Geständnis abzwingen mußte. Fragenden Blickes wendete sich der Knecht zu dem sinnenden Ramses; die Augen des Henkers funkelten grausam und sein nackter Arm streckte sich verlangend nach seinem Opfer aus. Eine Zeitlang schwebten alle Anwesenden in größter Spannung, ob der König zu diesem schrecklichen Hilfsmittel der Gerechtigkeit seine Zuflucht nehmen werde. Der König machte einen Schritt auf den Gefangenen zu.
    »Wie ist dein Name?« begehrte er zu wissen.
    »Hui!« hauchte dieser.
    Hierauf folgte eine Pause. Urmaa schien erleichtert aufzuatmen; die Festigkeit des Mannes mußte ihr Vertrauen erweckt haben; sie wagte mit mehr Sicherheit umherzublicken.
    »Nun, Hui,« begann der König milde, »ich könnte dich martern lassen, um dir dein Geständnis abzuzwingen; doch da du, wie du sagst, geschworen zu schweigen, will ich dich zu keinem Meineid verleiten. Du dienst denjenigen, die dich gegen mich gebrauchten, treu, bei allen Göttern sehr treu! denn du weißt, daß dich bereits der Tod an der Hand hält, daß du dich durch ein offenes Geständnis retten könntest, und dennoch verschließest du deine Lippen. Würdest du mir ebenso treu dienen, wie meinen Feinden?«
    Hui sah verwundert bald den König, bald die Königin an.
    »Ich hoffe es,« fuhr Ramses fort, »ich hoffe, ich habe einen treuen Diener an dir gefunden. Du sollst leben, du bist von dieser Stunde an in die Schar meiner nächsten Diener eingereiht. Meiner nächsten, hörst du? Dein Amt sei, mich beim Mahle zu bedienen.«
    Der Bogenschütze griff sich mit der Hand nach dem Kopfe, als wolle er sich von seinem Wachen überzeugen.
    »Was willst du tun,« rief die Königin aufspringend, »das heiße ich die Großmut zu weit getrieben, mein Gatte; vertraust du dein Leben einem Mörder an? Legst du dich auf einem geschliffenen Schwerte schlafen? Steh' um aller Götter willen davon ab.«
    »Laß mich gewähren,« entgegnete ihr der Gemahl. »Bist du es zufrieden? Hui, wirst du mich vielleicht lieben lernen, wenn ich dir ein freundlicher Herr bin?«
    »Herr, Ihr scherzt!« stammelte der Verwirrte.
    »Ich scherze nicht, es ist mein Ernst!«
    »Mich Unwürdigen wollt Ihr zu Euerm Diener ernennen?«
    Alle

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