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Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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einem wohl zwei Meter langen Gemälde. Ein schlafendes Weib in orientalischem Kostüm; hinter der fieberhaft in Träume Versunkenen schwebte ein blutender, gräßlicher Kopf, der sie mit starren Totenaugen fixierte.
    »Nicht schwer zu erraten!« sagte Karl. »Salome, der Johannes als Gespenst erscheint.«
    »Nu – und wie ists?«
    »Gar nicht übel!« kritisierte Karl. »Hast große Fortschritte gemacht; wirklich! Die ganze Malweise ist eigen. Dieser sonderbar gespenstisch-verschwommne Nebelton! Du warst wohl selbst n bischen benebelt, als du das schufst?«
    »Du kannst natürlich nie unterlassen, deinem Lob einen hinkenden Pferdefuß folgen zu lassen.«
    Karl lachte. »Nein, aufrichtig, – s ist das Beste was du bisher gemacht. Wenn du so weiter fortfährst, kommst du gelinde in die Art des Gabriel Max hinein.«
    »Schon wieder!« lehnte sich Otto auf. »Du willst mir die ganze Freud verderben.«
    Karl lachte stärker. »Etwas Eigenes ist entschieden darin, – nämlich das: man merkt dem Bild an, daß du keinen rechten Sinn für das Schauerliche halt. Du hast dir das Gruseliche nur angequält.«
    Otto fühlte, daß der scharfsinnige Freund nicht ganz unrecht hatte.
    »Meinst du?« sagte er kleinlaut. »Kannst recht haben, Alter; mir liegt das Lebensheitere besser. Unsinn, daß man immer gleich die Mode mitmachen will! So gehts vielen Talenten; sie suchen stets nach Erfolg und versäumen darüber etwas Eignes zu leisten. Jetzt fällts mir wie Schuppen von den Augen! ich seh jetzt, daß ich geglaubt hab, originell zu sein – und daß ich einfach nur der Mode nachlaufe . . .«
    »Was seh ich denn da?« rief nun Karl, der an ein Bild gestoßen war, das am Fußboden stand. Das Bild war umgefallen, er hob es auf, – es stellte das reizende Köpfchen Nataliens dar.
    »Ja,« sagte Otto; »soll eine Überraschung werden für die Familie.«
    »Siehst du,« lobte Karl, »da bist du entschieden in besserem Fahrwasser. Da liegt deine Stärke, – im Portrait!«
    »Meinst du?«
    »Ganz gewiß! Du hast das Kindlichmütterliche des Gesichtchens prächtig getroffen. Es ruht so was Liebes, Gutmütiges über diesen runden, von der Natur gleichsam genial skizzierten Zügen. Auch den scheuen Blick der Kleinen hast du herausgefühlt.«
    »Ach, das ist nichts!« unterbrach ihn Otto unzufrieden, nahm ihm das Bildchen ab und warf es in eine Ecke.
    Karl wollte weiter loben.
    »Nein,« fiel ihm Otto ins Wort. »Ich muß das Zeug ganz anders anpacken. Muß überhaupt ein anderes Leben beginnen . . . . Das blödsinnige Wirtshausleben versimpelt den Geist. Da gießt man des Abends so viel Bier in sich hinein, daß man am Morgen keine Stimmung findet. Und die unflätigen Unterhaltungen, – diese öden Gespräche und Kellnerinnenabenteuer, – wie kann da ein Talent aus so nem Sumpf aufwachsen! Ich werd jetzt Abends zu Haus bleiben, was Gescheidts lesen, nicht mehr mit dem boshaften Kritiker Weinerl saufen und lumpen. Dem Kerl ward ja ohnehin nachgewiesen, daß er sich hat bestechen lassen! Wie kann ich auf die Art was leisten! Vor allen Dingen . . .« Er brach plötzlich verstimmt ab.
    »Nu – was hast du?« fragte Körn.
    »Es geht nicht mehr anders,« brummte der Künstler vor sich hin, »ich muß mein kleines Kapital zurückziehen!«
    Karl erinnerte sich, daß der Rechtsanwalt Wilhelm Meyer, der im Haus des Direktors Körn, gerade über ihm, im dritten Stockwerk wohnte, Ottos Vormund gewesen war. »Wie?« fragte der Oberprimaner, »du bist doch längst volljährig? Hast du dein Geld nicht vom Vormund zurückerhalten?«
    »Das ists eben,« klagte Grüner, »was mich schon seit Jahren verstimmt . . .«
    »Wie so? Was braucht dich da zu verstimmen?«
    »Ja – das ist so ne eigne Geschicht. Als ich volljährig geworden, ließ ich mein kleines Kapital – zwanzigtausend Mark – meinem Vormund zur Verwaltung. Man riet mir sogar von der Obervormundschaft dazu, ich sei zu weltunerfahren, zu unpraktisch, ich könne das Geld völlig einbüßen, wenn ichs ungeschickt anlege. Na gut! ich ließ es also beim Vormund. Für diese kleine Mühewaltung bezieht Herr Meyer aber ein übergroßes Honorar.«
    »Wie viel denn?« fragte Karl.
    »Dreihundert Mark.«
    »Was? dreihundert Mark? Das ist freilich viel . . .«
    »Natürlich, viel zu viel,« fuhr Otto fort. »Früher, als der Anwalt noch mein eigentlicher Vormund war, da ließ ich mir ja so ne Summe noch gefallen, – aber jetzt? Diese dreihundert Mark kann ich mir auch selbst

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