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Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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will. Na, wisse Se, Herr Körn, ich duh die Kunst überhaupts gern unnerstütze. Soll mer auch net auf ä Reis für Sie nach Idallie ankomme.«
    »Wie? Sie wollen mich nach Italien schicken?« fragte Karl freudig erregt.
    »Warum net?« begann Weihals wieder, der sehr gerne versprach , was er nie zu halten gedachte. »Mache Se nur erst Ihr Examen. So ä Reis nach Idallien soll ja für die Herren Bücherschreiber sehr bildend sei?«
    »Gewiß,« fiel ihm hier Emilie lächelnd ins Wort; »denken Sie nur an Göthe!«
    »So?« meinte der Kommerzienrat, »war der auch in Idallie?«
    »Und wie!« bestätigte Karl. »Aber waren Sie, ein so reicher Mann, noch nicht dort?«
    »Freilich war ich dort,« bemerkte Weihals mit verdrießlichem Gesicht, »awwer, wisse Se, auf mich hat dös Idallie gar net bildend gewirkt. Ich hab nur Ärger davon gehabt.«
    »Wie so? Ärger?«
    »Ja – gehn Se mer wegg mit dem Idallie! Was hab ich von de alte Bilder? mich bilde die garnet. Lauter Heilige, hie und da ä Venus, awer was haw ich von nor gemalte , wenn se aach noch so schee sind? he? Mich interessiern nur die lewendige.«
    »Sie hätten sich halt dort auch eine lebendige Venus anschaffen müssen,« meinte Otto.
    »Gehn Se mer wegg! bei der Hitz vergeht eim die Lieb, wisse Se. Am Dag bringt eim die Hitz um, un in der Nacht im Bett steche eim die Eskimos.«
    »Eskimos?« fragte Karl lachend.
    »Sie meinen wohl Moskitos!« erkundigte sich Otto. Alle unterdrückten ein Gelächter.
    Die Frau Rechtsanwalt mußte rasch aufstehen, um ihren Lachkrampf zu verbergen. Otto ließ einen vernehmlichen ›Quitscher‹ durch die aufeinandergepreßten Lippen entwischen und rührte eifriger als zuvor in seiner Teetasse. Nur Natalie blieb ernsthaft. Sie bedauerte den armen reichen Mann, der sich so viele hohe Genüsse hätte verschaffen können.
    »Ja, Gott weiß, wie däs Deifelszeig heißt,« entschuldigte sich der reiche Mann. »Awer . . . s ist Zeit . . . ich muß ins Theater!« setzte er etwas verlegen hinzu.
    »Sie müssen ?« fragte Karl.
    »Ja – wie will ma dann sei Zeit rum bringe? Ich weiß so wie so net, wie ich den Dag rum bringe soll; s is ä wahres Elend; ma kann doch auch net den ganze Dag komponieren?«
    »Sie sollten etwas lesen.«
    »Ach, gehn Se mer wegg mit dene Romane. Alles verstunke un verloge Zeig; s Theater geht noch am erste an; – da sieht ma doch ä paar hübsche Weibsleut, kann a bische Musik höre un dazwische durch auch ämal ä Nickerche duh. Ja, ja, –wenn die Lieb net wär un die Musik, mächt ich net lewe.«
    Er war entschieden über das unterdrückte Lachen ein wenig verstimmt. Sein bleiches, kaltes Gesicht schwoll vor Grimm ordentlich noch dicker auf, als es schon war. Karl nannte es immer ›das richtige Ohrfeigengesicht‹. So breite fette Hängewangen, die ordentlich die Hand elektrisch anziehen und anreizen, sich im Schlag von der magnetischen Spannung zu befreien. So gemeinsinnliche Nero-Lippen, die man mit dem Stiefelabsatz noch breiter treten möchte. Überhaupt ganz der richtige Nero-Typus: die plump-massige Gestalt, die tiefliegenden grausamen Augen, die wollüstig wulstige Stirn mit dem schwammigen Stiernacken. »So,« sagte er, seinen Überzieher anziehend, »Jeder kann net gebüldet sei; ich brauchs auch net.«
    Frau Emilie tröstete ihn: »Die Herzensbildung ist die Hauptsache.«
    »Da hawe Se recht,« meinte er gutmütig;»s Herz is die Hauptsach am Mensch, un das sitzt bei mir am richtige Fleck.«
    Der Anwalt brachte es fertig, den Kommerzienrat noch, ehe er sich verabschiedete, in sein Studierzimmer zu locken, unter dem Vorwand ihm eine seiner seltensten Münzen zu zeigen. Kaum hatte er ihn im Zimmer, so sagte er, seine Erregung beherrschend: »Herr Kommerzienrat, ich muß Ihnen gestehen, daß die Ratschläge, die Sie mir betreffs Bodenspekulationen gegeben, durchaus verkehrt waren.«
    »Wie so?« fragte Weihals gelangweilt und verstimmt.
    »Ja – sie rieten mir Griechen zu kaufen, – diese sanken. Sie rieten mir Spanier zu kaufen, –sie sanken. Ebenso, ja noch schlimmer, gings mit den Portugiesen . . .«
    »Ja – da steckt mer net drin! Ich bin net allwissend, hab auch verlore durch die verdammte Portugiese. Die ganze Stadt hat verloren! ma könnt die ganze Stadt pflastern mit Portugiese. Die Bank hat sich blamiert.«
    »Ich dacht, so ein reicher Mann wie Sie verstehe was vom Börsengeschäft. Ihr bester Freund ist der Bankdirektor Fuchs, der gab Ihnen doch sonst die besten

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