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Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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»Hilfe begehre ich, aber nicht für mich. Ich kenne einen jungen Menschen, dessen Lebensglück auf dem Spiele steht . . .«
    »Wie?«
    »Ja, und Sie könnten ihn retten.«
    »Ich . . . einen jungen Menschen . . . retten?«
    »Ja. Ich will Ihnen seinen Namen nennen, dann wissen Sie alles. Karl Körn.«
    Der Theologe zuckte empor. »Wie? Sie kennen diesen jungen Mann?« fragte er mit einer Betonung, in der ein leiser Verdacht lag.
    Sie war hierauf gefaßt. »Ich kenne ihn,« fuhr sie offen und klar fort, den vorwurfsvoll prüfenden Blick des Lehrers mit Ruhe und Würde aushaltend. »Ich interessiere mich lebhaft für seine Arbeiten. Er hat sich vor längerer Zeit an mich gewendet, da ihn einer meiner schriftstellerischen Versuche – ich darf wohl sagen: begeisterte. Ich versprach ihm, ihn zu fördern. Ich weiß wohl, daß sein Vater nicht gerne sieht, daß er mit mir umgeht.«
    »In der Tat . . .« ließ Dr. Simmer einfließen.
    »Ja,« fuhr sie gleichgültig fort, »ich habe auch dem jungen Herrn angedeutet, es sei mir lieber, wenn er mich nicht mehr besuche. Ich hoffe, er stellt den Verkehr ein. Doch das nebenher. Um nun auf den Zweck meines Besuchs zu kommen . . .«
    »Ich ahne diesen Zweck!« unterbrach er sie gereizt. »Aber . . . ich fürchte . . .«
    »Ich weiß,« fuhr sie fort, »er hat Sie in jugendlicher Hitze schwer beleidigt. Ich misbillige diese Kritik sehr. Sie hat auch schwere Folgen gehabt für den Verfasser; sein Vater will ihn nicht zum Examen zulassen.«
    »Sein Vater,« tadelte der Theolog heftig, »sollte gar nicht erlauben, daß er jetzt schon unter die Schriftsteller geht; ein Schüler hat nur für die Schule zu arbeiten.«
    »Ganz einverstanden!« gab ihm Emma recht, um ihn nicht noch mehr zu reizen. »Die Kritik über Ihre Lyrik ist noch so unreif . . .«
    »Das sagen Sie auch?« rief er. »Das sagt Jeder, der meine Gedichte kennt! Unreif? o – schmählich, verrucht ist diese Kritik! Er ist ein Gottesleugner! wo soll das hin? Er wird im Zuchthaus endigen! Eine solche Pestbeule darf nicht ansteckend um sich greifen, sie muß so rasch als möglich aus dem gesunden Organismus geschnitten werden! Der Herr Direktor ist derselben Meinung; er hat mir selbst den Rat erteilt Strafantrag zu stellen.«
    »Eben deshalb,« fiel ihm Emma ins Wort, »sollten Sie christliche Großmut und Nächstenliebe walten lassen. Sie sollen nicht nur siebenmal dem Irrenden verzeihen, sondern siebenmal siebzigmal.«
    Der Theologe sah finster vor sich hin. »Ich verzeihe ihm,« sagte er dann; »selbstverständlich verzeihe ich ihm – als Christ. Aber bedenken Sie die Folgen, die ansteckende Kraft der Sünde für Andere! Und seine eigene Reue und Besserung!«
    »Sie wollen sagen: nur Strafe bessert?« erwiderte sie. »Bei diesem Charakter irren Sie sich, Herr Doktor. Diesen Menschen bessert nur großmütiges Verzeihen, Liebe! Strafe würde ihn nur verbittern.«
    »Da mögen Sie vielleicht recht haben,« gab der Lehrer zu.
    Emma bemerkte, das der Gestrenge schon versöhnlich gestimmt war und nutzte dieses zu ihrem Vorteil aus. »Wenn Sie ihm verzeihen, würde er auch vielleicht seinen Gott wiederfinden.«
    »Seinen Gott?« fragte der Theologe, »wie meinen Sie das?«
    »Nun ja!« fuhr sie errötend fort. »Das Verzeihen ist eine göttliche Tugend; auf den Menschen, dem ein großes Unrecht verziehen wird, fällt ein Strahl der Gottesliebe.« Dann setzte sie mit seiner Betonung und gut gespielter innerer Bewegung hinzu: »Er würde gleichsam in Ihnen, seinem großmütigen Lehrer, die göttliche Milde und Gnade verkörpert finden.«
    Der Theologe machte lächelnd eine abwehrende Handbewegung. »Nun,« sagte er behaglich schmunzelnd von dieser Schmeichelei schon halb besiegt, »Sie verstehen es in der Tat, den Sünder wie der beste Anwalt in Schutz zu nehmen. Merkwürdig, was ein hübsches Weib alles durchsetzen kann! Ich hatte mir vorgenommen, diesmal unerbittlich zu bleiben; aber Sie, Sie schlaue Schlange,« er drohte ihr schalkhaft mit dem Finger, »Sie schmelzen die Rinde von meinem Herzen. Ich will Ihnen etwas sagen, Fräulein Dorn: wenn der junge Mensch zu mir her kommt und aufrichtige Reue an den Tag legt, mich ernstlich um Verzeihung bittet, natürlich auch öffentlich in der Litterarischen Wacht seine harten Ausdrücke zurücknimmt, – dann will ich ihm nicht nur verzeihen, sondern sogar auch seinen Vater bitten, ihn zum Examen zuzulassen.
    »Das ist nicht mehr als recht und billig,« sagte Emma

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