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Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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hoheitsvoll: »Vor allen Dingen ist dein Betragen höchst unschicklich. Man ist durchaus nicht neidisch, wie du auf so schroffe Weise andeuten zu wollen schienst. Man gesteht gerne zu, daß das Werk große Vorzüge hat und von vielem Talente zeugt. So – und jetzt geh und beurteile mich nicht nach deinen Einbildungen.«
    Karl ging, ohne zu entgegnen. Der Direktor war mit sich selbst und mit seiner Verteidigung höchst unzufrieden und ärgerte sich über die ganze Welt. Daß der Roman so vorzüglich war, machte ihm einen dicken Strich durch die Rechnung. Das Buch war auch garnicht so unmoralisch, als er erwartet hatte. Es kamen nur ein paar derbe Ausdrücke vor, die aber durch den ganzen Zusammenhang gerechtfertigt wurden.
    Er wollte weiter lesen, draußen klingelte es. Das Dienstmädchen meldete: »Fräulein Emma Dorn.«
    Der Direktor fuhr fast von seinem Sitz in die Höhe. »Wie? hast du recht gehört?« fragte er betreten.
    Das Mädchen gab eine Karte ab, die der Direktor überflog. Mittlerweile war Katharina aus dem offenen Nebenzimmer eingetreten und sagte: »Ists wirklich Fräulein Emma Dorn?«
    »Sie ists; hier liest man es.«
    »Wahrscheinlich handelt sichs um Karl,« meinte die Frau. »Laß mich dann rufen; ich möchte das Fräulein auch gerne kennen lernen, – schon weil sie so viel für unser Kind getan hat. Schließlich bekommst du auch vielleicht eine andere Meinung von ihr.«
    »Eine andere? ob bessere?« versetzte Körn pedantisch. »Aber es mag sein. Man lasse bitten!« wendete er sich zum dienstbaren Geist. Die Frau Direktor verschwand, der Direktor räusperte sich in seiner präzeptoralen, gravitätischen Weise, legte seine Züge in würdevolle Staatsbeamtenfalten und überlegte, ob er dieser Würde einen freundlichen oder feindlichen Beigeschmack geben sollte.
    Die Tür ging auf. Er erhob sich. Unwillkürlich verrieten die soeben noch so strengen Mienen eine gewisse Neugier, als die üppige Gestalt vor seinen Blicken auftauchte, – die prickelnde Neugier der Jugend, die mit schaudernder Wonne die Geheimnisse des Lasters zu erforschen bestrebt ist. Sie mußte trotz ihrer Befangenheit lächeln; dann stieg, als sie in seiner Miene erriet, was in ihm vorging, ein entschiedener Ärger in ihr auf, den sie natürlich unter der Maske der Liebenswürdigkeit verbarg. Doch bald entdeckte sie, als ihre eigenartige Schönheit auf ihn zu wirken begann, eine gewisse Scheu, wenn nicht gar Angst in seinen Zügen. Das versöhnte sie.
    Er verbeugte sich und stammelte: »Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Diese leidenschaftlichen Augen, von denen er so geheimnisvoll angeblitzt wurde, erfüllten ihn wirklich mit einem wonnigen Grausen. Ihre Kleidung war geschmackvoll phantastisch. Sie trug eine blaue, oben weit ausgeschnittene Seidenbluse, die einen herrlichen Hals offen ließ. Die Ärmel waren sehr kurz, sodaß, vom Ellbogen an, die schön gerundeten Arme sichtbar waren. Dieser Arm mit dem zierlich-weichen Gelenk bewegte sich mit graziöser Nervosität. Ihre Hand, die klein aber fest erschien, spielte oft reizend mit der Halskette, oder begleitete ihre Worte mit ausdrucksvoll-anmutigen Gebärden.
    »Was steht zu Diensten?« fragte er etwas verwirrt und sich mit der Hand über den schön gepflegten Backenbart streichend, genau so wie er es in der Schule tat, wenn er im Augenblick nicht weiter wußte.
    »Ich komme,« sagte sie lächelnd, »Sie um eine Freundlichkeit zu bitten, die Sie eigentlich sich selbst erweisen würden.«
    »Mir selbst?« gab er zurück, diesmal wirklich so außer Fassung, daß er seine imponirende Beredsamkeit gar nicht finden konnte.
    »Ja. Sie vermuten wohl, um was es sich handelt.«
    »Wie? . . . wirklich nicht . . .«
    »Sie wollen Ihren Herrn Sohn aus dem Gymnasium werfen, wenn jene Anklage erhoben wird?«
    »Ach, jetzt verstehe ich. Aber ich bitte Sie! das ist doch eine Angelegenheit . . . die . . .«
    »Die mich eigentlich nichts angeht, – wollen Sie sagen? Eine Familienangelegenheit! Ich fühle selbst, daß ich mich hier in Ihr Familienleben dränge. Vielleicht ist das taktlos? Nun, verurteilen Sie mich, – aber, bitte, erst wenn Sie mich gehört haben. Also, ich hege großes Interesse für das Talent Ihres Sohnes. Sie haben ihm zwar verboten mich zu besuchen, aber . . . leider wurde dadurch sein Vertrauen zu mir nicht erschüttert. Ich habe mir nun vorgenommen, einerlei was die Welt hiervon denkt, – dies Vertrauen zu rechtfertigen. Ich halte das für meine Pflicht.«
    »Ihre

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