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Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Pflicht?«
    »Ja, deshalb weil ich Ihrem Sohn nützen zu können glaube. Ich werde ihm auch dann zu nützen suchen, wenn er mir völlig aus den Augen geschwunden ist, d. h. wenn er Ihr Gebot, das ich verstehe und sogar billige, buchstäblich erfüllt. Es ist mir sogar sehr lieb, wenn er es erfüllt. Trotzdem . . . kurz, hören Sie mich nur an. Meine Teilnahme für Ihren Sohn hat mich zu dem beleidigten Dichter geführt.«
    »Wie? Sie hätten . . .?« stammelte Körn überrascht.
    »Seien Sie mir nicht böse deshalb!« bat sie mit einem so kokett schalkhaft flehenden Augenaufschlag, daß ihm vor der Stirn ein süßer Schwindel vorbeizog. »Es geschah aus gutem Herzen. Ich konnte es nicht mit ansehen, daß ein hochbegabter Mensch, einer Albernheit wegen um sein Vorwärtskommen in der Welt gebracht worden sollte.«
    »Ich muß gestehen,« brachte der Direktor heraus, »Sie haben da sehr eigenmächtig gehandelt. Es muß doch auf den Herrn Dr. Simmer einen seltsamen Eindruck machen, wenn . . .«
    »Ach was!« schnitt sie ihm in humoristisch-ärgerlichem Ton das Wort ab. »Wenn ich, die ich fast die Mutter Ihres Sohnes sein könnte, ein gutes Wort für ihn einlege? Ich möchte wissen, wer das sonderbar findet! Gibt es denn in der Welt nur niedrige, kleinliche Interessen?«
    »Nun ja, nun ja,« lenkte Körn ein. »Wie dem nun auch sei . . . Ich für mein Teil glaube Ihnen gern, daß Sie aus edelster Teilnahme für mein Kind gehandelt haben; ich muß auch gestehen, ich kann es nicht in Abrede ziehen, daß . . . daß Ihr Schritt . . . vielmehr, daß Sie diesen Schritt besser tun konnten, als sonst irgend jemand. Ich selbst konnte doch als Vorgesetzter des Beleidigten . . . Sie verstehen? Gerechtigkeit ist mir das oberste Gesetz! Es ist mir daher beinahe willkommen, daß Sie . . . den Mut . . . Nun – Tatsache ist die . . . Sie haben mir da einen Stein vom Herzen genommen! gewiß . . . gewiß; ich danke Ihnen! Aber . . . was war denn das Resultat dieser kühnen Unternehmung?«
    »Ich darf sagen,« fuhr sie innerlich über seine geschraubten Schulmeisterredensarten lächelnd fort, »das Resultat war so günstig wie nur möglich. Ihr Sohn soll den beleidigten Dichter besuchen und um Verzeihung bitten, dann wird die Klage nicht erhoben!«
    Körn atmete erleichtert auf. So war der Sohn gedemütigt und alle Gefahr für den Vater, ohne daß er sich etwas zu vergeben brauchte, abgewendet. In diesem Augenblick erinnerte der Direktor sie auffallend an ihren Kater Peter; ganz ein veredelter, stolzer Katerkopf, dachte sie.
    »Sie haben da Wunder gewirkt!« sagte er mit der gewinnenden Freundlichkeit, die ihm, wenn er wollte, zu Gebot stand. »Nochmals meinen herzlichsten Dank. Ich sehe übrigens aus Ihrem ganzen Verhalten, daß ich mich in Ihnen geirrt habe. Mein Gott! man hinterbrachte mir allerlei törichte Gerüchte über Sie . . .« Er errötete.
    »Ich weiß,« unterbrach sie den Verlegenen. »Ein alleinstehendes Fräulein, besonders wenn es dichtet, – da sind die Klatschmäuler gern in Bewegung. Das war ja auch ein Grund, warum ich mich Ihnen persönlich vorstellen wollte . . . damit Sie sehen, mit wem Ihr Sohn verkehrte.«
    »Ich hatte es schon gesehen!« rief er. »Aus Ihrem neuesten Roman, – sehen Sie, hier liegt er. Einer Seele, die solch ein Werk schaffen kann, darf man nichts Unlauteres zutrauen. Hier zerschellt jede Verdächtigung. Wirklich, eine außergewöhnliche Leistung!«
    »Und die unmoralischen Wendungen . . . stoßen Sie nicht ab?«
    »Die gehören hinein. Alle großen Dichter vermeiden die Zimperlichkeit und nennen das Kind beim rechten Namen. Für Kinder ist ja so etwas nicht geschrieben; ein reifer Mensch wird keinen Anstoß daran nehmen. Ich gratuliere Ihnen zu dem Werk.«
    »Ich danke Ihnen!« sagte sie; »für Ihr Urteil, wie für das Schwinden Ihres Vorurteils.«
    Der Direktor drückte auf die Glocke. »Wir wollen sofort dem Sünder den Erfolg Ihres Besuchs bei dem Beleidigten mitteilen,« sagte er.
    Das Dienstmädchen trat ein und bekam den Auftrag Karl hierher zu rufen.
    Emma hatte bemerkt, daß sie einen starken Eindruck in der Seele des Schulmanns zurückgelassen. Seine Bewunderung ihres Romans berührte sie nicht tiefer; sie traute dem Gelehrten kein feineres ästhetisches Verständnis zu; aber, daß er offenbar das Weib, das schöne Weib, in ihr bewunderte, das freute sie, das reizte sie alle Künste der Gefallsucht spielen zu lassen, um ihn noch mehr in

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