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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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»Ich möchte Ihnen, liebe Zuschauer, gerne zeigen, dass hier wirklich 12:18 Uhr steht. Das ist genau die Uhrzeit – Greenwich-Standardzeit – der Entdeckung des Fingers im Erdorbit. Offenbar hat die Heilige Schrift der Jünger der pünktlichen Ankunft diesen Zeitpunkt richtig vorhergesagt.«
Leslie gibt das Buch an seinen Besitzer zurück, der es entgegennimmt und andächtig über die Verzierungen streicht.
Walpar hat genug gesehen. Sein Bauchgefühl sagt ihm, dass dieser Priester etwas mit dem Auftauchen des Fingers zu tun hat. Sein obskures Kursbuch mag gefälscht sein oder nicht, die Vorhersage schwammig formuliert –
die Ankunftsjünger sind die nächste Spur, die er verfolgen wird.
Zunächst allerdings muss er im Wohnzimmer nach dem Rechten sehen, denn dort schreit jemand, als würde er von einem Dinosaurier verschlungen.

»Ich bin keine Frikadelle!«, kreischt Kerbil und versteckt sich unter dem Tisch.
»Was ist los?«, fragt Walpar verzweifelt. Nera versucht, Kerbil unter dem Tisch hervorzuziehen. »Er hält mich für ein Schnellrestaurant.«
»Nicht sehr naheliegend«, findet Walpar.
Kerbil heult unter dem Tisch: »Sie will mich zu einem Hamburger verarbeiten!«
»Du hast zu viele Psychips gefressen«, diagnostiziert Walpar.
»Ich will nicht zwischen Brötchenscheiben geklemmt werden!«
»Wirst du nicht.«
»Mein Name ist Philip Marlowe«, sagt Humphrey Bogart auf der Leinwand.
»Helfen Sie mir, Mister Marlowe!«, schluchzt Kerbil und klammert sich an Walpars Hosenbein.
Der Detektiv versucht, Kerbil abzulenken. »Sollen wir gemeinsam Nachforschungen anstellen? Ich habe eine neue Spur.«
»Mir reicht's.« Entschieden springt Nera auf. »Dann suche ich Tilko eben alleine.«
»Ich würde dir ja helfen, aber …« Walpar zuckt mit den Schultern. »Erst mal muss ich mich um Kerbil kümmern. Die Chips sind ihm nicht gut bekommen. Vielleicht hat er eine Allergie.«
»Walpar, die sollen so wirken.«
»Auf keinen Fall mit Senf«, heult Kerbil.
Nera schließt die Augen und versucht, nicht zu schwanken. »Bring ihn in die Entgiftungsanstalt am Chinesischen Platz«, schlägt Nera vor. »Da kannst du ihn ein paar Tage unterbringen, und hinterher ist er wie neu.«
»Kauf mir Chips«, winselt Kerbil. »Mister Marlowe.«
Nera bahnt sich einen Weg zum Korridor. »Schalt endlich den Film ab! Auf mich hört dein MediaCenter nicht.«
»Film stopp!«, ruft Walpar gehorsam. Philip Marlowe erstarrt mit einem Whiskeyglas in der Hand. »Wo sind deine Schuhe?« Verzweifelt sucht Walpar zwischen dem herumliegenden Krempel. Er nimmt sich vor, alles aufzuräumen, während Kerbil bei der Entgiftung ist. Kurz nachdem er den linken Schuh gefunden hat, knallt die Tür, und Nera ist weg. Der rechte Schuh ist knifflig. Walpar verfolgt zunächst eine heiße Spur, indem er in der Nähe des Fundorts von Schuh Nummer eins sucht. Aber die Fußbekleidung hat damit gerechnet und sich eine Finte ausgedacht. Das Objekt steckt unter dem Sofa fest.
Mühevoll zwingt Walpar den wenig kooperativen Kerbil in seine Schuhe, wirft ein paar Sachen in eine Reisetasche und nimmt ihn sicherheitshalber an die Hand.
Draußen ist es dunkel. Die Straße ist leer, die Bürger von Olympus City sitzen vor dem Fernseher oder liegen im Bett. Ein paar Müllbots rollen durch die Gegend und sammeln Abfall ein. Kühler Wind treibt rostroten Staub in Nischen.
»Warum ist die Straße nicht schwarzweiß?«, fragt Kerbil.
»Wir befinden uns auf dem Mars«, erklärt Walpar geduldig.
Der Junge fängt unvermittelt an zu singen: »Bra-haucht Go-hott seinen Fi-hinger nicht me-heeehr …?«
Walpar eilt mit Kerbil im Schlepptau Richtung Chinesischer Platz. Warum denkt jeder, dass Gott etwas mit dem Finger zu tun hat? Ist das naive Bild, Gott sei ein ziemlich großer Mensch, so tief in den Köpfen verwurzelt?
Könnte nicht irgendein kosmischer Taxifahrer mit dem Finger in die Tür seines Fahrzeugs geraten sein? Dann muss man nur noch eine Raumkrümmung mit ð Dimensionen unterstellen, und schon hat man einen zehntausendfach vergrößerten Finger im Erdorbit schweben.
Walpar beißt sich auf die Zunge, als er an einem Graffiti vorbeieilt, das einen erhobenen Mittelfinger zeigt, neben dem »Du mich auch« steht. Die Sache mit dem Taxifahrer klingt nicht besonders überzeugend, aber die mit Gott auch nicht. Es muss eine andere Erklärung geben, und Walpar wird sie finden. Und danach begibt er sich auf die Suche nach Tilko. Immerhin hat Nera ihn darum gebeten, und sie ist ziemlich nett zu

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