Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
Vom Netzwerk:
während sie in der Warteschleife von Walpars Telefon hing. Er scheint seinen Pinguin abgeschaltet zu haben, oder Kerbil hat ihn wieder in seinen Besitz gebracht. Zuzutrauen ist dem Jungen alles.
Zugegeben, Nera hat auch ganz schön zugelangt und mehr Psychips vertilgt, als gut für sie ist. Aber sie nimmt brav ihre MyCare -Kaukapseln. Die hat ihr die Klinik empfohlen, in der sie die Verjüngungs-OP hat machen lassen. MyCare kontrolliert die Gehirnparameter. Verhindert Realitätsverlust, Konsumanfälle, Verkniffenheit, Stresshormone und hält jung. So ähnlich wie Kerbils Pille gegen die üblen Begleiterscheinungen der Pubertät, bloß für Erwachsene. Cool möchte jeder sein, und zwar immer, sodass MyCare die Pharmaindustrie noch reicher gemacht hat als die Erfindung der nebenwirkungsfreien Pille für den Mann. Um die benötigten Mengen Pillen herstellen zu können, hat der Hersteller kurzerhand den größten Teil Brasiliens gekauft und mit vollautomatischen Fabriken überzogen, denn ohne Regenwald war der ohnehin zu nichts mehr zu gebrauchen. Abhängig macht MyCare übrigens nicht, man kann jederzeit aufhören, sie zu nehmen, wenn man will.
Jedenfalls fühlt Nera sich vernünftig und sicher, als sie dem Kapuzenmann im Büro von MaxAdventure gegenübersteht. Sie hat bloß einen blauen Nachgeschmack auf der Zunge. »Hübsche Kapuze«, sagt Nera zu dem recht klein geratenen Agenturberater.
»Ich hasse sie«, zuckt ihr Gegenüber mit den Schultern. »Die Chefs finden, dass ihr Personal mysteriös aussehen muss.«
»Sie tragen die Kapuzenverkleidung also, weil Sie dafür bezahlt werden.«
»Ja, aber ich trage nichts drunter. Aus Protest.«
»Sind Sie immer so direkt?«
»Nachts gehe ich jagen. Ich sammle nämlich Elfenohren.«
Nera kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Allmählich fühlt sie sich in dem Laden wohl.
»Kann ich Sie jetzt bedienen? Wir haben noch mehr Kunden.«
Nera sieht sich um, aber da ist niemand. »Wo?«
»Kommen bestimmt jeden Moment.«
»Also gut. Ich brauche einen Mann, der vor nichts zurückschreckt.« Nera sieht zu dem Kapuzenmann hinunter und blinzelt. »Er soll mich auf der Suche nach meinem verlorenen Sohn begleiten.« Ihr Blick fällt wieder auf den Drachen, der im Hintergrund seine Kreise dreht und gelegentlich Rauchwölkchen ausstößt. »Es könnte gefährlich werden. Er braucht also Mut.«
»Wenn er Sie begleiten soll, braucht er zunächst einmal gute Nerven«, versetzt der Kapuzenmann mit einem gespielten Seufzer. »Im Moment sind die meisten unserer Barbarenkrieger besetzt.« Er durchsucht auf einem kleinen Bildschirm eine elektronische Kartei. »Würde es ein Cowboy tun?«
Nera schüttelt den Kopf. »Männer mit Hüten finde ich unerotisch.«
»Er kann gut mit seinem Colt umgehen.«
»Ich hoffe nicht, dass jemand erschossen werden muss.«
Wieder seufzt der Angestellte der Agentur. »Sie sind eine anspruchsvolle Kundin. Heute muss ich mir meine Vermittlungsprämie hart erarbeiten.«
»Schwitzen Sie unter der Kutte?«
»Wie ein Ochse auf der Flucht vor einem Cowboy. Wollen Sie mal riechen?«
»Und außer dem Cowboy? Haben Sie sonst niemanden?«
Der Kapuzenmann wischt sich virtuellen Schweiß von der Stirn und durchsucht weiter seine Kartei. »Haben Sie ein Faible für Martial Arts?«
»Ich habe einen gelben Gürtel in … wie hieß das doch gleich?«
»Sie machen mir langsam Angst«, schreckt der Angestellte zurück. Es sieht so aus, als würde er in den nebligen Abgrund stürzen, über dem der Drache seine Kreise zieht. »Wenn ich Ihnen eine Geld-zurück-Garantie verkaufen darf, können Sie den Chinesen für die Hälfte haben.«
»Annehmbar. Kann ich ihn mir vorher ansehen?«
»In der Kaschemme. Die breite Tür mit den blinden Glasscheiben, hinter der ein Klavier mit KI Honkytonk improvisiert.«
Nera nickt, dann marschiert sie zielstrebig in den Abenteurer-Wartesaal.
Das steht jedenfalls an den blinden Glasscheiben. Dahinter lauern muffige Luft, das KI-Klavier und leere Barhocker auf leichtsinnige Opfer. Ein Hocker ist besetzt von einem kompakten Chinesen, der einen schwarzen Anzug trägt. Nera schließt kurz die Augen, verwünscht Walpar, weil er ihr nicht helfen will. Dann setzt sie sich auf den freien Barhocker neben dem Chinesen.
»Die Galaxis nicht groß genug für uns beide ist«, sagt der Chinese.
»Bedienung!«, ruft Nera. »Ein Drink, aber nicht das, was der hier trinkt.“Der Kapuzenmann taucht auf – vielleicht ist es auch ein anderer, im Zwielicht ist das Gesicht nicht zu

Weitere Kostenlose Bücher