Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
sich.
»Huhu«, tönte der Pinguin mit einer Stimme, die Walpar allzu gut kannte.
»Hier ist Kerbil! Ich komm dich bald besuchen! Ist das nicht cool?«
»Wieso benutzt du meine Auftragsannahme-Nummer?«, fragte Walpar gepresst.
»Nur so«, antwortete Kerbil fröhlich. »Ist doch witzig!«
Walpar brauchte einen Moment, bis er ein »Einigermaßen« hervorbrachte.
Man kann über Name und Sprachfehler des Lang X lästern, den Kopf schütteln oder seine Agentur wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verklagen – er weiß, wie man standesgemäß ein Abenteuer beginnt. Auf der Milchstraße, der Nobel-Shoppingmeile von Olympus City, kauft er für Nera ein neues Parfum namens Wine And Onion , das bei Schweißausbrüchen eine leicht sedierende Chemikalie absondert. Nera fühlt sich sofort gewappnet für jedes Abenteuer, auch wenn das Parfum am Ende auf der Spesenrechnung landet, sie es also genaugenommen selbst gekauft hat, sodass von einem großzügigen Geschenk eines Gentlemans keine Rede sein kann.
Zwei Geschäfte weiter residiert Daphne de Mkono , wo sonst nur Promis der Stufen C und B Damenkonfektion erwerben. Lang X besteht darauf, dass Nera einen schwarzen Fummel mit Lederelementen anprobiert, in dessen hautfreundlichem Synthetikmaterial eine KI mit 32 Prozessoren auf Befehle wartet. Zuerst findet Nera, dass sie in Schwarz wie ein Kunstvampir aussieht, aber die KI weist sie freundlich darauf hin, dass das bloß an der zu ihrem Hauttyp inkompatiblen Beleuchtung liegt.
Nera fragt, ob es den Artikel auch ohne KI gibt – ja, gibt es –, und kauft das etwas günstigere Kleidungsstück. Lang X lobt ihre Entschlussfreudigkeit und empfiehlt, den Modeartikel sofort anzuziehen. Die vorher getragene Kleidung landet in einer Plastiktüte mit animiertem Logo von Daphne de Mkono .
Auf der Milchstraße drehen sich die Leute nach Nera um, sodass sie sich ein arrogantes Lächeln gönnt und bei Lang X einhakt. So prächtig hat sie sich seit Tagen nicht gefühlt, und das hat sie nicht nur den MyCare-Kapseln zu verdanken. Einfach nur zum Genießen geht sie mit ihrem persönlichen Abenteurer noch zweimal die Milchstraße runter bis zum Armstrong-Denkmal und wieder rauf zum Bradbury-Theater.
Anschließend führt Lang X Nera in den angesagten Deepnight-Club Bloodsand aus. Am Eingang erhält man eine Pille gegen epileptische Anfälle, die man erleidet, wenn man sich den Stroboskopblitzen, UltratiefbassRhythmen und Magnetresonanzstimuli dieser Psychodisco längere Zeit aussetzt.
Es stellt sich heraus, dass Lang X ein leidlich guter Tänzer ist. Außerdem setzt er seine spitzen Ellenbögen sehr erfolgreich ein, sodass keiner der Vampire, die Nera möglicherweise aufgrund ihres Outfits als Opfer erkoren haben, zu ihr vordringt. Natürlich sind die Typen keine echten Vampire, aber es macht ihnen Spaß, so zu tun, als wären sie welche. Sie schlafen in Särgen, tragen spitze Zahnimplantate und trinken Bloody Cola , bloß zu Asche zerfallen sie nicht. Das hindert sie aber nicht daran, den ganzen Tag zu verschlafen.
Blutjunge Anfänger-Vampire erkennt man daran, dass sie silberne Kreuze als Anhänger um den Hals tragen – die haben in Popkultur nicht besonders aufgepasst und werden von richtigen Vampiren bloß belächelt, so wie es ein Hase mit einem Igel tut. Einer dieser Amateure wagt sich näher an Nera heran, als es für ihn gesund ist. Lang X stupst ihn zweimal mit dem Ellenbogen, aber das hilft nicht. Der bleiche Kerl hantiert ungeschickt mit seiner samtschwarzen Kutte, was offenbar so eine Art Paarungstanz darstellen soll, den das Stroboskop in einen zerfledderten Horrorfilm eines längst vergessenen Jahrhunderts verwandelt. Jetzt reicht es Lang X. Er zupft den Vampir an der Kutte, sodass der zur Seite kippt. Da wartet schon die Schuhspitze des Chinesen. Nera hätte nicht gedacht, dass der das Bein in so luftige Höhen schwingen kann, dass sie mühelos lesen kann, dass er Größe 43 trägt, Made in Taiwan . Der Vampir hat sich in seiner Halskette verheddert, die Lang X ergreift, um den Kerl herumzuschleudern. Dabei stellt er ihm ein Bein, sodass man nur noch eine wallende Kutte über den glatten Metallboden rutschen sieht, die nach dem nächsten Stroboskopblitz zwischen den Beinen der Tänzer verschwunden ist.
Nera gibt sich entspannt den magnetischen Stimuli der Tanzfläche hin, fühlt spirituelles Prickeln in Rückgrat und Unterleib, nimmt sich aber vor, vernünftigerweise frühestens übermorgen mit Lang X im Bett zu landen.
Als sie
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