Walpurgistag
sind jetzt wieder in Mode, mit ein bisschen Glück wird die Maschine bald zu einem begehrten Retroobjekt. Vielleicht lohnt es sich, sie bei eBay zu versteigern.
Wahrscheinlich verbraucht die Maschine viel zu viel Energie.
Nach dem Einschalten der Kaffeebrühmaschine erfolgt der Zulauf des Wassers in den Brühkessel automatisch. Das Wasser wird im Brühkessel auf eine Brühtemperatur von ca. +95° C erhitzt. Im Filter fließt das Heißwasser über den gemahlenen Kaffee in den Brüh- und Vorratsbehälter aus feuerfestem Glas ab.
Nachdem die vorher eingestellte Brühmenge erreicht ist, wird der gesamte Brühvorgang automatisch abgeschaltet. Um eine gleichbleibende Konzentration der gesamten gebrühten Kaffeemenge zu sichern, ist die Entnahme während des Brühvorganges automatisch gesperrt.
Die Kaffeebrühmaschine ist waagerecht auf eine Arbeitsfläche mit einer Höhe von ca. 900 mm (Oberkante Fußboden) aufzustellen. Änderungen im Sinne des Technischen Fortschritts vorbehalten (Redaktionsschluß 1.5.1984).
Die Kaffeemaschine war für den Export ins nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet vorgesehen, der Weg in den Westen dauerte dann etwas länger und verlief im Zickzack und ohne dem Staat die dringend notwendigen Devisen zu sichern. Der Export fand aus im Folgenden dargelegten Gründen etliche Jahre später statt, zu einem Zeitpunkt allerdings, wo man von Export nicht mehr reden kann.
An einem Maiabend des Jahres 1984 schlendert Uwe Peschel etwas nervös an der Mauer des VEB Getränkeautomaten Berlin,
Betrieb der VEB Handelstechnik, in der Bruno-Bürgel-Straße entlang. Es ist eine Stunde vor Ende der Spätschicht, draußen ist es lau, ein leicht penetranter Geruch von Spreewasser liegt in der Luft. Plötzlich hört er einen kurzen Pfiff, springt zur verabredeten Stelle, wo das kleine Loch in der Mauer ist. Ein kurzer Blick, ein Pfiff zurück, und, ein gepresstes »Achtung!« von der anderen Seite, dann fliegt ein Karton durch die Abenddämmerung von Schöneweide, wie ein Schatten, und geradewegs in die Arme des Facharbeiters für Fleischerzeugnisse, Uwe Peschel. Das ist ein Glück, nichts schlimmer, als wenn der Karton gefallen wäre. Jetzt hat er noch eine Rechnung offen mit dem Uwe auf der anderen Seite (als hätten die Eltern sich damals abgesprochen, ihre Jungen Uwe zu nennen). Am anderen Tag wirft Peschel zu Beginn der Nachtschicht ein halbes Schwein in Portionen zu je zwei Kilo über die Mauer des VEB Zentral-Vieh- und Schlachthofs an der Hausburgstraße, wo der Kaffeemaschinenmonteur Uwe Franke die gekühlte Ware auffängt. Der feiert Hochzeit, zu kurzentschlossen, als dass sich noch ein halbes Schwein auf legalem Wege bestellen ließe. Also wechseln Schwein und Kaffeemaschine ihre illegitimen Besitzer. Haustrunk nennt sich das im Betriebsjargon des VEB Getränkeautomaten, wenn man eine Maschine mitgehen lässt. (Im Fleischkombinat heißen die Diebstähle Mundraub.) Die Stichproben bei Schichtende am Tor haben in letzter Zeit zugenommen. Also gibt es nur noch den Weg über die Mauer oder seltener, weil man dazu einen Kahn braucht, über die Spree. Das lohnt sich erst ab fünf Kaffeeautomaten und wird nur von Arbeitern mit hoher krimineller Energie praktiziert, die sich vor allem auf die großen Geräte für den Gesellschaftsbedarf spezialisiert haben.
Von dem Schwein gibt es nach achtzehn Jahren keine Spur mehr. Die Ehe des Kaffeemaschinenmonteurs Uwe Franke ist längst geschieden. (Zwei Jahre später schon, als er, eingezogen zum Grundwehrdienst, auf Urlaub kam, hatte sich da einer auf seiner Seite des Ehebetts eingenistet. Bald fand der Kaffeemaschinenmonteur eine neue Frau, eine neue Wohnung und neue Kinder. Eine nagelneue Kaffeemaschine brachte die zweite Frau
mit, aber um diese Maschine geht es hier nicht, die ging am Tag der Republik 1989 bei einem Streit kaputt und wurde nicht ersetzt. Inzwischen ist Uwe Frankes Arbeitsplatz längst futsch, der Betrieb eine Ruine, aus der Pappeln und Essigbäume wachsen, die Kaffeemaschinen werden in China montiert, die zweite Frau lebt in Wuppertal. Der Kaffeemaschinenmonteur Uwe Franke trinkt nur noch Beuteltee, die Packung zu 99 Cent. Er lebt allein und ist zudem seit zwei Jahren ohne Arbeit. Manchmal schaut er jungen Frauen nach und phantasiert von einer dritten Ehe.)
Uwe Peschel hat mehr Glück, vorerst. In der lauen Nacht des Jahres 1984 kommt er mit dem Karton nach Hause und ist erstaunt, als er beim Auspacken entdeckt, dass der Wasserbehälter der
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