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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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nach Bad Godesberg und schloss sich der Adenauer-CDU an. Dort geriet er alsbald ins politische Abseits, weil er gegen die Westintegration war.
    Die vier Parteien bildeten damals den antifaschistisch-demokratischen Block. Das Prinzip der Gemeinsamkeit, das bis zum Ende der DDR galt, hatte also dort seine Wurzeln.
    So ist es. Die Parteien kämpften nicht gegeneinander, wie das in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft der Fall ist. Es ging darum, miteinander die Trümmer der alten Gesellschaft zu überwinden und eine neue, eine andere Gesellschaft zu entwickeln.
    Diese Zusammenarbeit war für mich überhaupt der Grund, der CDU beizutreten, denn die fürchterlichen Schlägereien der Parteien in der Weimarer Republik hatte ich als Kind erlebt. Das durfte sich nicht wiederholen.
    War die West-CDU eine Abspaltung oder eine eigenständige Parteigründung?
    In den westlichen Besatzungszonen bildeten sich unabhängig voneinander christliche-demokratische Parteigruppierungen, das zog sich bis 1947 hin, weshalb die CDU (West) kein Gründungsdatum hat. Es gab in der Woche vor Weihnachten 1945 ein »Reichstreffen« dieser Gruppen in Bad Godesberg. In der Darstellung der Konrad-Adenauer-Stiftung heißt es dazu: »Von diesem Zeitpunkt an wurde der Name ›Union‹, wie er in Berlin und in der SBZ geprägt worden war, im Westen übernommen.«
    Mit anderen Worten: Die heutige Regierungspartei der Bundesrepublik Deutschland verdankt Stalin ihren Namen?
    So weit würde ich nicht gehen. Aber ein gewisser historischer Kontext besteht natürlich. Wobei ich glaube, dass man damals den Ostnamen CDU auch deshalb übernahm, um Einfluss auf die Christdemokraten in der SBZ zu bekommen. Konrad Adenauers Ziel jedenfalls bestand darin, in Westeuropa eine geschlossene katholische Abwehrfront gegen den vordringenden Kommunismus zu schaffen und später in den Osten auszudehnen.
    Hast du Adenauer mal getroffen?
    Das war auf dem 3. Deutschlandtag der Jungen Union vom 12. bis 15. August 1947 in Hamburg. Eingeladen waren die Landesvorsitzenden, ich war der Vorsitzende von Sachsen-Anhalt. Adenauer gab für uns fünf Landesvorsitzende aus dem Osten eine Privataudienz. Meine Mitstreiter kniffen, sie fürchteten den Ärger daheim, wenn sie erzählten, sie hätten mit dem Reaktionär Adenauer geplaudert. Ich hatte ein ordentliches Verhältnis zu dem in Halle für uns zuständigen Kulturoffizier der Sowjetischen Militäradministration und machte mir daher keine Sorgen. Also war ich allein bei Adenauer. Der erzählte mir, dass ihn die SBZ nicht interessiere, ihn beschäftige mehr, dass Westdeutschland ein ordentliches Verhältnis zu seinen Nachbarn im Westen bekäme. Und dann sagte er noch, denn er wähnte mich als einen Bruder in Christo, wir sollten im Osten so lange aushalten, wie es gehe. Denn dass die kommunistischen Sowjets uns irgendwann verbieten würden, schien ihm ausgemachte Sache.
    Wo fand das Gespräch statt?
    Die Tagung fand im Fährhaus statt, und dort hatte Adenauer ein Zimmer, wo ich mit ihm allein Kaffee trank.
    Was machte er für einen Eindruck auf dich?
    Er war damals schon jenseits der 70, wirkte aber sehr entschlossen und zielstrebig. In seinen Augen war ich eine Art Exot, kam aus einer Gegend, in die er nie freiwillig seinen Fuß setzen würde. Aber ich verhehle nicht: Er hat mich beeindruckt.
    Wie behandelte er dich? Von oben herab?
    Keineswegs, er behandelte mich sachlich und korrekt, erkundigte sich nach der Lage in der Zone, aber ließ keinen Zweifel daran, dass er sich offiziell mit der CDU im Osten nicht ins Benehmen setzen würde. Er lehnte jedes Gespräch mit Otto Nuschke 4 , dem Parteivorsitzenden, ab. Aber er setzte erkennbar auf die Jugend, auf meine Generation. Deshalb gab’s ja auch Kaffee und dieses gemütliche, keineswegs feindselige Gespräch von vielleicht einer Stunde.
    Hast du ihn später noch einmal getroffen?
    Nein. Wir hatten nie wieder Kontakt. Auch nicht schriftlich.
    Du hattest zu Walter Ulbricht ein gutes Verhältnis.
    Das kann man wohl sagen. Er hatte von Anfang an Vertrauen zu mir und ich zu ihm. Gleich nach 1945 sprachen wir in der CDU vom »Sozialismus aus christlicher Verantwortung«. Jakob Kaiser hat diesen Begriff geprägt. Ulbricht nahm mich eines Tages beiseite und sagte: »Das ist doch eine verkehrte Welt. Ihr sprecht vom Sozialismus, während wir von der antifaschistisch-demokratischen Ordnung reden.«
    Wenn du Ulbricht und Adenauer vergleichst …
    Irgendwo waren sie sich ähnlich. Jeder

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