Walzer der Liebe
Terrasse aus winkte ich ihm zum Abschied zu. Erst in diesem Moment wandte er sich ab. Als ich ins Haus ging, staunte ich über mein Glück. Ja, ich vermisste Hugh bereits, doch innerlich fühlte ich mich stark, sogar unbesiegbar, weil er mich liebte.
Kaum hatte ich am nächsten Vormittag Moreston House betreten, da spürte ich auch schon, dass etwas nicht stimmte. Alles war sehr still, doch daran lag es nicht. Es war oft sehr ruhig im Haus, wenn Louisa nicht anwesend war. Nein, da war noch etwas, etwas, das ich nicht hätte benennen können, dessen ich mir jedoch bewusst war, das mir die Nackenhaare zu Berge steigen ließ und in mir den nachhaltigen Eindruck erweckte, unbedingt auf der Hut sein zu müssen.
„Wo ist meine Tante, Hibbert?" erkundigte ich mich, derweil ich meine Handschuhe auszog.
„Sie hat heute Morgen ihre Räumlichkeiten nicht verlassen, Miss. Miss Mason ist bei ihr."
„Und Viscount Moreston? Ist er daheim?"
„Er hat vor ungefähr einer halben Stunde das Haus verlassen und ist in seinen Club gefahren, Miss."
„Und Miss Langley?"
„Sie ist in ihrem Zimmer, Miss."
Ich zuckte mit den Schultern. Ich war sicher, dass ich durch den Butler nicht herausbekommen würde, was immer nicht in Ordnung war. Vielleicht konnte Louisa mir mehr sagen.
„Miss Hefferton ist im Salon, Miss", fuhr er fort. „Sie ist bereits seit einiger Zeit dort."
Ich zögerte, drehte mich jedoch auf der Treppe nicht um. Es wird immer seltsamer, dachte ich, während ich die Stufen hinaufstieg. Warum ließ Louisa Gloria Hefferton im Salon warten, während sie sich in ihrem Zimmer aufhielt? Von einer neuerlichen Entfremdung zwischen den beiden war mir nichts bekannt. Sie waren wieder Freundinnen.
Auf mein Klopfen erhielt ich keine Antwort. Daher machte ich die Tür zu Louisas Zimmer einen Spalt weit auf und lugte hindurch. Louisa war noch immer im Nachthemd, saß beim Fenster und starrte leeren Blicks auf die zugezogenen Vorhänge, Ich hatte sie selten, wenn überhaupt, so still gesehen.
„Cousinchen? Was ist los?" fragte ich beim Betreten des Raums. „Ist alles in Ordnung? Ich bin sicher, irgendetwas ist passiert."
Louisa drehte sich um, und ich erschrak über den Ausdruck ihres hübschen Gesichts. Sie hatte geweint, war jedoch auch äußerst verärgert. Ich gebe zu, dass ich bedauerte, nicht gleich zu meinem Zimmer gegangen zu sein. Insgeheim wappnete ich mich gegen den unerfreulichen Wutausbruch, der bestimmt gleich folgen würde.
„Also bist du endlich nach Haus gekommen." Sie stand auf und klammerte sich an die Rücklehne des Sessels. „Wie ungemein liebenswürdig von dir, dich schließlich doch an uns erinnert zu haben!"
„Was redest du da? Ich war nur über Nacht fort", erwiderte ich, um einen leichten Ton bemüht. „Lady Beech lässt dich grüßen", fügte ich hinzu. „Sie hat mich gebeten, dir auszurichten ..."
Louisa machte einen Schritt auf mich zu und hob die geballten Hände. „Ich will nicht hören, was Lady Beech gesagt hat oder was Lady Beech tut oder was Lady Beech fühlt", rief sie. „Ist es nicht schlimm genug, dass du mich ihretwegen im Stich gelassen hast? Muss ich mir auch noch alles darüber in meinem eigenen Zimmer anhören?" Louisa keuchte, und ihre Stimme war immer schriller geworden.
Ich sah, dass sie sich in einen hysterischen Anfall steigerte. Früher hätte ich mich bezähmt und versucht, sie zu beruhigen, doch jetzt äußerte ich nur kalt: „Ich lasse dich allein. Ich habe nicht die Absicht, hier zu bleiben und mich dafür schelten zu lassen, dass ich eine Freundin besucht habe."
„O ja! Eine Freundin! Deine liebe, liebe Freundin! Es ist offenkundig, dass sie dir mehr bedeutet als ich!"
„Nanu, du bist ja eifersüchtig!" stellte ich verwundert fest. „Wie albern von dir, Louisa. Natürlich ist Lady Beech meine Freundin. Sie ist auch deine Freundin. Nein, sag nichts mehr. Ich rede mit dir, wenn du dich wieder beruhigt hast."
Ich machte die Tür hinter mir zu und wunderte mich über meine letzte Bemerkung. Ich hatte den Eindruck, dass ich soeben die wahre Louisa erlebt hatte. Ihre mir während der meisten Zeit bekundete äußerliche Höflichkeit und verwandtschaftliche Zuneigung waren offenbar nur eine Fassade gewesen, hinter der sich die echte Louisa Langley verborgen hatte.
Da ich momentan von meinen Angehörigen genug hatte, begab ich mich nicht sogleich zu meiner Tante. Ich trug meiner Zofe auf, mir Tee zu bringen. In meinem Zimmer nahm ich den Hut ab. Lady Beechs
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