Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
Geheimnis – was er übrigens explizit betonte. Nur dass ich ein bisschen darüber herausfand, wofür ich mich schlagen könnte, denn seitdem habe ich erst recht Angst. Was ich ihm natürlich nicht sagen kann, weil er denkt, dass ich einfach nur dieser dumme Quälgeist bin, als der ich mich darstellte, als er mich um Hilfe bat, obwohl er lieber keine Hilfe wollte, nur dass ich … ja, mit ihm flirtete. Ja, das tat ich wirklich, und zwar schamlos, und deshalb meinte er, er könnte mich dazu bewegen, mitzuspielen, wenn er vorgab, schrecklich vernarrt in mich zu sein.“
„Warum will er so tun, als ob er in dich vernarrt wäre?“
„Das darf ich dir nicht sagen; nur so viel, dass wir beide Gründe hatten, uns auf dieses Spiel einzulassen. Was soll ich nur tun, Charlotte?“
Charlotte lachte leise, sagte aber: „Ach, entschuldige, Liebes, ich weiß, es ist nicht zum Lachen, doch wie kann ich dir einen Rat geben, wenn ich immer noch keine Ahnung habe, wovon du überhaupt redest?“
„Aber du bestehst nicht darauf, dass ich es dir erkläre. Siehst du, darin sind wir beide nämlich ganz verschieden. Wenn Rafe dir etwas nicht sofort anvertrauen würde, gäbest du dich zufrieden, solange er dir nur versicherte, dass alles gut wird. Du würdest ihn unterstützen und warten, bis er es dir erzählt. Da bin ich ganz anders! Ich muss es immer sofort herausfinden, muss es wissen, und dann bohre und stochere ich herum und bin nicht eher zufrieden, als bis ich es weiß, weil … weil ich ja einen besseren Plan haben könnte … nein, überzeugt bin, dass ich einen besseren Plan habe, eine einfachere Methode, was weiß ich … Ach, ich kann es nicht richtig ausdrücken!“
„Ich aber. Du brauchst das Gefühl, alles selbst in der Hand zu haben, Nicole. Die jeweilige Lage, deine Zukunft, sogar die aller anderen vielleicht. Seit eurer Geburt wusstet ihr, du und Lydia, doch nie, wo ihr im nächsten Moment schon sein würdet, bei eurer Mutter daheim oder abgeschoben nach Ashurst Hall als die armen, Mitleid heischenden Verwandten. Eure Mutter stürzte sich in immer neue Ehen, und ihre drei Kinder störten da nur. Kaum dachtet ihr, ihr wäret glücklich beisammen, da gab es schon wieder einen neuen Stiefvater, der sich auf Willowbrook einrichtete und es noch weiter in den Ruin trieb. Auch Rafe fand das abscheulich – diese Machtlosigkeit, dieses Gefühl, sein Leben, seine Zukunft nicht selbst in der Hand zu haben.“
„Nur Lydia nicht. Sie hat immer alles akzeptiert und das Beste daraus gemacht.“ Nicole seufzte.
„Meinst du? Ich weiß nicht. Lydia hat sich in einen schützenden Kokon eingesponnen, finde ich. Eines Tages wird sie uns alle überraschen. Sie wird sich noch daraus befreien und sich als wunderschöner Schmetterling in die Lüfte erheben.“
Nicole schniefte noch einmal und lächelte dann. „Das wünsche ich mir für sie; als der Captain starb, dachte ich, auch sie würde sterben.“
„Fitz war ihre erste Liebe, eher noch ein Schwarm, aber das wird sie erst erkennen, wenn sie eine neue Liebe findet, dieses Mal als Frau, nicht mehr als junges Mädchen. Fitz hätte sie bestimmt glücklich gemacht, denn er liebte sie. Doch ob sie mit ihm, bildlich gesprochen, je fliegen gelernt hätte? Aber eines Tages wird jemand kommen und sie aufwecken, dann werden wir staunen, wie sie sich entfaltet.“
„Das wäre wirklich schön.“
„Ja; und für dich erhoffe ich den Tag herbei, an dem du deine Rüstung abwirfst und dein Herz öffnest, für Freude und Schmerz und für das Leben, wie es ist, und nicht wie du meinst, dass es sein sollte. Und dann wirst du endlich zur Ruhe kommen, wirst nicht mehr nach dem suchen, das du, wie du meinst, versäumt hast, das in deinem Leben fehlt. Bis dahin? Was kann ich dir sagen, außer: Vertraue darauf, dass dein Herz weiß, was richtig ist.“
„Und wenn mein Herz mir sagt, dass ich nicht sitzen und abwarten und hoffen kann, alles werde sich zum Besten wenden? Wenn es mir sagt, dass ich damit riskieren würde, alles zu verlieren?“
Eine ganze Weile sah Charlotte sie nur an. „Du bist Rafe ähnlicher, als ich dachte“, sagte sie schließlich. „Du verfolgst dein Ziel, und zum Teufel mit den Folgen! Als dein Bruder meinte, dass ich ihm etwas verheimliche, ließ er nicht locker, bis ich ihm erzählte, was ich um jeden Preis hatte für mich behalten wollen. Doch er handelte so, weil er mich liebte und mir helfen wollte. Nicht, um seine Neugier zu befriedigen.“
Nicole blinzelte
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