Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
seinem Blick aus. „Ja, so war es …“
Lucas wurde es plötzlich ganz kalt. „Seltsam. Du kannst sonst so überzeugend lügen.“
Das Kinn trotzig gereckt, sah sie ihn an. „Rafe hat nichts damit zu tun. Aber genau das unterstellt Lord Frayne, oder? Dass Rafe etwas mit dem Tod meines Onkels zu tun hat.“
„Versteckte Andeutungen sind eine fürchterliche Waffe … Einflüsterungen, Bemerkungen bei gewissen offiziellen Stellen … das jedenfalls hat mich der Tod meines Vaters gelehrt. Ich werde dich nicht bitten, mir zu sagen, was passiert ist. Es genügt mir, zu wissen, dass Fragen aufkommen könnten, die Rafe in eine unangenehme Lage brächten. Aber da ist noch etwas …“
„Genügt das nicht schon? Wie konntest du …? Meine Familie …“
Lucas sah, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb, denn seine Kutsche reihte sich in die Schlange derer ein, die das gleiche Ziel hatten.
„Erinnere dich an den Abend im Theater, als du Frayne mit deiner Mutter sahst … Er kannte den Ruf deiner Mutter und wusste, dass er sie herumkriegen konnte. Und er ist nicht dumm. Da er mir nicht traute, sorgte er für den Fall vor, dass ich es mir anders überlegen, ihn nicht unterstützen würde.“
Als Nicole endlich antwortete, klang ihre Stimme angespannt und sehr zaghaft. „Verschweig mir nichts! Was hat meine Mutter getan?“
„Sie schrieb ihm Briefe, vernichtende Brief!“ Dann dämmerte ihm Furchtbares. Enthielten jene Billets vielleicht mehr als nur indiskrete Äußerungen einer verliebten Frau? „Nicole, wäre deine Mutter so leichtsinnig, ihrem Liebhaber schwarz auf weiß mitzuteilen, wie dein Onkel und seine Söhne umkamen?“
Nun war ihr Ton eisig. „Meine Mutter ist zu jeder Dummheit fähig. Zu jeder! Du und Rafe, ihr nehmt das an, nicht wahr?“
„Nein, wir dachten, es ginge um Liebesbriefe. Bis jetzt. Das hier ist viel schlimmer.“
„Wir haben mit dem Unfalltod meiner Verwandten nichts zu tun, nicht das Geringste, aber jemand mit bösem Willen könnte es so aussehen lassen …“ Hastig fasste Nicole nach seiner Hand und drückte sie heftig. „Ich frage noch einmal, Lucas: Was werden wir tun?“
„Das ist der verflixte Haken bei der Sache, Nicole, denn du hast recht mit dem ‚wir‘. So sehr ich dich aus der Sache heraushalten möchte, sind Rafe und ich uns doch einig, dass wir deine Hilfe benötigen. Mehr denn je.“
„Sag, was ich tun muss.“
„Der erste Schritt ist, deine Mutter zu entführen.“
Ohne dass sie es merkte, rutschte das Päckchen mit ihrem einfachen Mahl, das sie auf dem Schoß gehalten hatte, zu Boden. „ Was ?“
„Da, der Wagen hält! Es bleibt uns keine Zeit mehr, also hör gut zu. Morgen Vormittag muss Lydia die Habseligkeiten deiner Mutter packen lassen und sie samt einer Zofe in meinen Reisewagen verfrachten, der im Stallhof hinter eurem Haus warten wird.“
„Du willst, dass Lydia darin verwickelt wird?“
„Ja, denn deine Schwägerin können wir kaum dafür brauchen, nicht in ihrem Zustand. Rafe versicherte mir, dass Lydia das schafft, während du, die du naturgemäß waghalsiger und listiger bist – seine Worte, nicht meine, und als Kompliment gedacht! – dich eurer Mutter annehmen wirst. Du musst sie irgendwie aus ihrem Haus schaffen; denk dir irgendeine Ausrede aus, du bist doch so erfindungsreich. Von da an übernehme ich. Sie kann nicht einen Tag länger in London bleiben.“
„Wo soll sie denn hin? Wenn Rafe sie nach Ashurst bringt, kann er sie dort ja nicht anbinden. Sie wäre schneller wieder hier, als man ‚piep‘ sagen kann, und würde noch dazu überall herumerzählen, was ihr mit ihr gemacht habt.“
„Rafe hatte eine bessere Idee. Er schickt sie nach Italien. Rafe bleibt hier und hält Frayne unauffällig im Auge. Wir beide, du und ich, sorgen dafür, dass deine Mutter morgen Abend wie geplant den Kanal überquert. Und damit ist für uns der Weg frei, uns Frayne vorzuknöpfen, und nun komm, wir müssen aussteigen. Wahrscheinlich sind dein Bruder und deine Schwester längst hier und warten auf uns.“
„Weiß … weiß Lydia schon etwas?“, fragte sie, als schon ein Lakai den Wagenschlag öffnete.
„Rafe wird es ihr mittlerweile erzählt haben. Nicole … es tut mir so leid. Das alles wäre nicht geschehen, wenn ich meine Rachepläne nicht so blind verfolgt hätte.“
„Ja, ich weiß“, sagte sie, schob seine Hand fort und ließ sich stattdessen von dem Lakaien den Tritt hinabhelfen. „Deine Motive kann ich verstehen, Lucas,
Weitere Kostenlose Bücher