Wandel
verhinderte, dass der Bolzen fiel.
Heftig blinzelnd versuchte der Schütze noch ein paarmal abzudrücken, aber jedesmal vergeblich. Dann warf sich Forthill gegen seine Knie. Beide gingen zu Boden. Dem Killer rutschte die Pistole aus den klammen Fingern, sie schnellte wild sich drehend einmal durch den Raum, knallte gegen eine Wand, das Eis löste sich beim Aufprall, und ein Schuss peitschte ins Leere.
Forthill erhielt einen Fußtritt ins Gesicht. Der alte Mann taumelte vor Schmerz stöhnend rückwärts, und sofort warf sich Molly in rasendem Zorn auf den Angreifer, um wild entschlossen, aber bar jeder Technik mit bloßen Fäusten auf ihn einzudreschen. Der Schütze erledigte sie ziemlich unaufgeregt mit einem Ellbogenschlag gegen den Hals, der meinen Lehrling weit nach hinten schleuderte, stand auf, sah sich um und hatte schon bald seine Knarre entdeckt.
Da löschte ich das Licht an meinem Amulett. Der Schütze hatte sich gerade auf die Pistole stürzen wollen, geriet ins Stolpern, und kurz darauf hörte ich ihn wieder mit Forthill ringen.
Als plötzlich ein einzelner, greller Lichtstrahl aufblitzte, zeigte der mir unseren Angreifer, der sich vor Schmerz aufbäumte. Es wurde wieder dunkel. Man hörte etwas Schweres zu Boden fallen, mehrere Menschen keuchten.
Ich legte einen Finger auf mein Amulett und schaffte Licht im Zimmer.
Forthill saß gegen eine der Wände gelehnt, hielt sich den Kiefer und wirkte leicht blässlich. Molly kniete auf dem Boden, eine Hand erhoben, als wolle sie gerade ihre magischen Talente einsetzen – was sie meiner Meinung nach gleich nach dem ersten Schuss hätte tun sollen, nur hatte sie da wohl nicht klar denken können. Wie dem auch sei: Der Schütze lag seitlich auf dem Boden, schien sich aber gerade wieder rühren zu wollen.
„Bleib, wo du bist!“ Butters hielt dem Übeltäter zwei nackte Kabelenden an die Brust.
Die Kabel führten zurück zum Notdefibrillator und hatten ursprünglich zu den Elektroschock-Pads gehört, bestanden jetzt aber an den Enden praktisch nur noch aus reinem Kupfer. Strom floss und tat, was er zu tun pflegte, wenn er floss. Der Schütze bäumte sich eine Sekunde lang zuckend auf, ehe er in sich zusammensackte und keinen Mucks mehr tat.
„Mistkerl.“ Butters legte sich eine Hand aufs Kreuz. „Scheiße, tut das weh!“
„Butters!“ Molly umarmte meinen Freund stürmisch.
Der wehrte sich, aber recht halbherzig: „Au! Lass das, das tut weh.“
„Grashüpfer, lass den Mann, wir wissen nicht, wie schwer er verletzt ist“, sagte ich. „Verdammt!“ Ich fummelte an den Gurten herum, bis ich den Oberkörper frei hatte, mich aufsetzen und mich den Beinen widmen konnte. „Forthill? Alles in Ordnung?“
Vater Forthill sagte etwas, aber aus seinem Mund kam nur Unverständliches. Also beschränkte er sich auf leises Aufstöhnen, rappelte sich aber tapfer auf und half mir mit den Schnallen an den untersten Riemen. Der alte Bursche war unverwüstlicher, als man es seiner sanften, milden Erscheinung zugetraut hätte. Sein Unterkiefer war geschwollen und fing an, blau zu werden: Er hatte einen teuflischen Kinnhaken einstecken müssen, war aber trotzdem bei Bewusstsein geblieben.
Ich kletterte vom Spineboard und sammelte die Pistole ein.
„Bei mir scheint soweit alles klar zu sein“, meldete sich Butters. „Glaube ich.“ Er riss die Augen auf und schien plötzlich panisch zu werden. „Oh Gott, lass bitte alles klar sein!“ Er begann, an seinem Hemd zu zerren. „Dieser irre Freak hat auf mich geschossen!“ Langsam holte ihn die Geschichte ein. „Komm und sieh nach, ob bei mir alles okay ist!“
Hektisch riss er sich das OP-Hemd vom Leib, um Molly seine Kehrseite zu präsentieren. Der Mann trug ein Unterhemd … und darüber eine Kevlarweste. Die leichte Variante, die man unter der Kleidung trug, um sich gegen Handfeuerwaffen zu schützen. Was unser Schütze, dem Himmel sei Dank, berücksichtigt hatte, indem er mit einer Neun-Millimeter-Pistole aufgetaucht war. Beide Kugeln hatten Butters im Kreuz getroffen, wunderbar abgefangen von der treuen Weste, in der sie, plattgedrückt, immer noch feststeckten.
„Mich hat’s erwischt, nicht?“ Butters stammelte inzwischen vor Panik. „Ich stehe unter Schock. Stimmt’s? Deshalb spüre ich nichts. Sag schon, ist die Leber getroffen, fließt schwarzes Blut? Ruf sofort den Notarzt.“
„Butters!“, sagte ich. „Sieh mich an.“
Das tat er auch, mit weit aufgerissenen Augen.
„Die Polka stirbt
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