Wandel
war so warm, so real, so ganz und gar hier, bei mir … ich schloss sie fest in die Arme. Mein Herz schlug doppelt so schnell wie gewöhnlich, und mein Kopf fühlte sich zunehmend leicht an.
Bis ein tiefes, bedrohliches Knurren das Zimmer erfüllte: Mouse war aufgetaucht.
„Rodriguez!“ Martins Stimme klang hoch und angespannt.
Susans Lippen lösten sich von meinem Mund. Als sie die Augen öffnete, waren sie durchgehend tiefschwarz, ohne weiße Iris, wie die einer Roten Vampirin. In meinen Lippen und meiner Zunge kribbelte es, ein schwacher Widerhall des ansteckenden Giftes, das der Rote Hof verbreitete. Hellrote Tätowierungen liefen über Susans rechte Wange, den Hals und den rechten Arm. Einen Moment lang fixierte sie mich wie benommen, dann blinzelte sie langsam, wandte den Kopf und sah Martin an.
„Ihr seid zu dicht beieinander“, sagte der mit leiser beruhigender Stimme. „Du musst dich ein wenig zurückziehen. Nimm dir Zeit zum Atmen.“
Ein Anflug von Zorn huschte über Susans Gesicht, dann jedoch huschte ihr Blick zitternd von Martin zu mir und sie machte Anstalten, sich von mir zu lösen.
„Draußen scheint die Sonne, es ist warm.“ Martin packte sie sanft am Ellbogen. „Komm, lass uns ein wenig spazieren gehen. Wir genießen die Sonne und sehen zu, dass wir einen klaren Kopf bekommen.“
„Sonne …“ Susans Stimme klang immer noch tief und heiser vor Erregung. „Ja, ein bisschen Sonne. Ja.“
Martin warf mir einen Blick zu, von dem er vermutlich hoffte, er sei todbringend. Dann verließ er mit Susan die Wohnung, und die beiden stiegen die Treppe hoch, hinaus in die Morgensonne.
Molly wartete, bis sie sich weit genug von der Eingangstür der Wohnung entfernt hatten, und sagte: „Nun, das war dumm von euch beiden.“
Über die Schulter hinweg warf ich ihr einen strengen Blick zu.
„Ich sage dir das so, wie ich es sehe“, flüsterte Molly. „Du weißt doch, sie hat Probleme, ihre Gefühle und Instinkte im Griff zu behalten. Sie hätte sich dir nicht so an den Hals werfen und du hättest ihren Kuss nicht erwidern dürfen.“ Sie presste die Lippen aufeinander. „Jemand hätte verletzt werden können.“
Bei mir prickelte es immer noch in den Lippen. Ich fuhr mir mit der Hand über den Mund. Irgendwie war ich wütend, aber auf wen genau, hätte ich nicht sagen können. „Molly …“
„Nicht, dass ich das nicht verstehe.“ Molly ließ mich nicht zu Wort kommen. „Ich verstehe es. Dir liegt etwas an ihr, klar. Vielleicht hast du sie sogar mal geliebt. Vielleicht hat sie dich geliebt. Aber das ist vorbei, so kann es nie mehr werden.“ Sie zog die Schultern hoch und spreizte die Hände. „Das mag bescheuert sein und dich nerven, ist aber Realität. Mit der müsst ihr leben, die kannst du nicht ignorieren. Es kann nicht gut ausgehen, wenn du ihr zu nahe kommst. Das geht einfach nicht gut aus.“
„Sei vorsichtig, Molly!“ Ich starrte sie fassungslos an, wobei mein Zorn mir nur zu deutlich anzuhören war, obwohl ich mir doch alle Mühe gab, ihn zu zügeln.
Molly wurde blass und sah hastig zur Seite. Aber sie wich keinen Millimeter zurück. „Ich sage dir das, weil es mir nicht egal ist.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
„Dann machst du dir etwas aus Susan?“, höhnte ich. „Du kennst sie doch noch nicht mal.“
„Nicht aus Susan. Ich mache mir etwas aus dir.“
Ich rückte einen Schritt näher an sie heran. „Du hast keinen blassen Schimmer von mir und Susan. Du hast verdammt noch mal nicht die geringste Ahnung.“
„Ich weiß, dass du dir bereits Vorwürfe machst. Du gibst dir die Schuld für das, was mit ihr geschehen ist!“ Sie spie mir die Worte förmlich entgegen. „Stell dir vor, wie es für sie ist – wenn sie sich in einem Kuss mit dir verliert und später feststellen muss, dass sie dir den Hals aufgerissen, dein Blut getrunken und sich in ein Monster verwandelt hat! Soll die Geschichte von Susan und Harry so enden? Willst du das?“
Am liebsten hätte ich bei ihren Worten angefangen zu schreien. Ich wusste wirklich nicht, was mich daran hinderte, diesem Mädchen gegenüber handgreiflich zu werden.
Bis auf die Tatsache vielleicht, dass sie mir das nie zugetraut hätte und dass sie natürlich recht hatte – das spielte wohl durchaus auch eine Rolle.
Also holte ich tief Luft, schloss die Augen und rang meinen Zorn wieder nieder. Langsam hatte ich die Schnauze voll davon, ständig meine Wut unterdrücken zu müssen.
Als ich es gut eine
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