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Wandernde Welten

Titel: Wandernde Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Holland
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verkroch sich unter die Decke. Sie war allein im Bett, und sie begann bald wieder einzuschlafen. Im Halbschlaf hörte sie das leise Knarren der Tür. Der Akellar trat leise herein und setzte sich auf den Bettrand.
    »Bist du wach?«
    »Hmmmm.«
    »Was hast du geträumt? Du hast dich so unruhig bewegt.«
    »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Steh auf.« Er stieß sie leicht in die Seite. »Ich möchte nach draußen gehen. Es ist jetzt dunkel, und da kann ich besser sehen.«
    »Wohin willst du?«
    »In den Wald. Steh auf.« Er zog ihr die Decke weg.
    Sie kleidete sich an. Und jetzt fiel ihr der Traum wieder ein: Das Baby war in zwei Hälften geboren worden, und sie hatten eine Hälfte verloren. Der Akellar war bei ihr im Entbindungszimmer gewesen, der wie ein Observatorium ausgesehen hatte. Es wäre ein leichtes gewesen, die beiden Hälften des Kindes wieder zusammenzunähen, wenn sie nur die andere Hälfte gefunden hätten.
    Als sie angezogen war, gingen sie hinunter in die Küche, und Paula machte Kaffee. Er ging unterdessen in dem dunklen Raum auf und ab und aß Brot und Käse und Äpfel.
    »Mach doch das Licht an, wenn du willst«, sagte er.
    »Mich stört die Dunkelheit nicht. Ich habe meine halbe Kind-heit im Dunkeln verbracht. Mein Vater schaltete nur Licht an, wenn es unbedingt nötig war. Er hatte mal irgendwo gelesen, daß künstliches Licht bei Mädchen die Pubertät beschleunigt.«
    Er lachte. »Dein Vater gefällt mir.«
    Sie gingen den Hang des flachen Hügels hinauf, über eine weiche Wiese. Am Waldrand stand eine lange Reihe von Bienenstöcken. Ein kleines Tier raschelte im Unterholz, als sie sich näherten.
    Der Hügel wurde Fuchsberg genannt. Auf dem Gipfel wandte sich Paula nach rechts. Auf dieser Seite fiel der Hang zu einem breiten Flußtal ab, das sich bis zum Fuß der westlichen Bergkette erstreckte. Sie folgte dem Stythen in den Wald.
    Immer wieder blieb er stehen, um die ihm neuen Bäume und Pflanzen genau zu mustern. Der Waldboden war weich wie ein Teppich. Da und dort wuchsen kleine weißborkige Birken zwischen den hohen, dunklen Kiefern. Sie gingen um die zerfallene Ruine eines Hauses herum. An einem Ende stand noch der ziemlich gut erhaltene Kamin. Sie kletterten über einen Geröllhaufen und erreichten eine große Lichtung.
    Ein Hund kam laut bellend auf sie zugerannt. Paula blieb stocksteif stehen. Das Tier schoß an ihr vorbei auf den Stythen zu, und sein Bellen ging in bösartiges Knurren über. Es war ein riesiger Hund. Die Rasse konnte sie nicht erkennen. Er trug ein Stachelhalsband, an dem ein Stück Kette hing.
    »Was ist das?« fragte der Akellar. Der Hund umrundete ihn vorsichtig, noch immer knurrend. Paula stellte sich zwischen das erregte Tier und den Akellar.
    »Willst du mich beschützen?« Seine Stimme klang amüsiert.

    In diesem Moment griff der Hund an. Knurrend sprang er dem Stythen an die Kehle.
    Mit einer blitzschnellen Bewegung stieß er Paula zur Seite.
    Gleichzeitig schlug seine rechte, krallenbewehrte Hand nach dem Hund. Mitten im Sprung krachte das schwere Tier zu Boden, und das Knurren ging in ein erbärmliches, fiependes Jaulen über.
    Mühsam richtete es sich wieder auf und humpelte auf drei Beinen davon. Über seine rechte Flanke zogen sich drei lange, blutige Schrammen.
    Paula stand auf und spürte, daß sie am ganzen Körper zitterte.
    Der Hund war ein zäher Bursche. Er dachte nicht daran, den Kampf schon aufzugeben. Auf drei Beinen humpelte er um den Akellar herum, knurrend und mit gesträubtem Nackenhaar.
    Noch nie hatte sie erlebt, daß ein Hund so aggressiv sein konnte.
    Der Stythe lächelte und sagte kaum hörbar: »Du hast wohl noch nicht genug?«
    Er wich ein paar Schritte zurück und ging in die Hocke. Der Hund sprang ihn wieder an. Der Mann fuhr herum, und seine Rechte traf den anspringenden Hund auf den Kopf. Das Tier stieß einen gurgelnden Schrei aus, fiel zu Boden und lag still. Paula trat vorsichtig auf den Hund zu. Blut rann aus dem zerfetzten Kopf.
    Die Augen starrten glasig.
    »Alles in Ordnung?« fragte der Akellar, als ob nichts gewesen wäre.
    »Mir geht es prächtig.« Ihre Knie zitterten so, daß sie Angst hatte, sie würden einknicken.
    »Hast du ein Tuch oder irgend etwas, an dem ich mir die Hände abwischen kann?«
    In einer Jackentasche fand sie einen zusammengeknüllten Schal. Sie standen unter den Bäumen, und sie sah ihm zu, wie er das Blut von seinen Fingern und Krallen wischte. »Er hat mich angegriffen. Ich mußte mich

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