Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
in Mittenwalde, vom 31. August bis 2. September. Das Verhör fand mutmaßlich am 1. statt. Er bestand es vor Generallieutenant von Grumbkow, Generalmajor von Glasenapp, Oberst von Sydow und den Geheimen Räten Mylius und Gerbett und behauptete während desselben eine »kecke und beleidigende Zurückhaltung«. Als Grumbkow ihm seine Verwunderung darüber bezeugte, antwortete er: »Ich bin auf alles gefaßt, was kommen kann, und hoffe, mein Mut wird größer sein als mein Unglück.«
Garnison stand damals noch nicht in Mittenwalde; die Stadt war überhaupt noch klein und zählte (1730) nur 952 Einwohner. In welchem Hause der Prinz bewacht wurde, hab ich nicht mehr ermitteln können; das »Schloß« existierte längst nicht mehr. Das Verhör fand mutmaßlich auf dem Rathause statt.
Das war im September 1730.
Fast siebenzig Jahre später, am Silvesterabend 1799, tritt noch einmal eine historische Figur auf die bescheidene Mittenwalder Bühne, um ihr sechs Jahre lang in Leid und Freud anzugehören. Sechs Jahre lang, wie Paul Gerhardt. Ein Kämpfer wie dieser, nicht mit mächtigeren, aber mit derberen Waffen. Es genügt, seinen Namen zu nennen: Major von Yorck, der spätere »alte Yorck«.
Unterm 6. November hatte der König an den damals in Johannisburg stehenden Major von Yorck geschrieben: »Mein lieber Major von Yorck. Da die jetzt verfügte Versetzung des Major von Uttenhoven vom Regiment Fußjäger als Commandeur zum dritten Bataillon des Regiments von Zenge es notwendig macht, dem Jägerregiment (in Mittenwalde) einen ganz capablen Commandeur zu geben, und Ich Mich überzeuge, daß Ihr die zu diesem wichtigen Posten erforderlichen Eigenschaften in Euch verbindet, so will Ich Euch hierdurch zum Commandeur des Jägerregiments ernennen« etc.
Am Silvesterabend 1799, an der Neige des Jahrhunderts, traf Major von Yorck in seiner neuen Garnison ein und überraschte seine Herren Offiziers auf dem Silvesterball. Die erste Begegnung war gemütlich genug, der dienstliche Ernst kam nach. Das seit 1780 in Mittenwalde stehende Jägerregiment war verwahrlost; er gab ihm einen neuen Geist, und dieser Geist war es, der sich sieben Jahre später erfolgreich in jenen kleinen Kämpfen bewährte, die dem Tage von Jena folgten. Bei Altenzaun am 26. Oktober, dreiviertel Meile südlich der Sandauer Fähre, waren es die Mittenwalder Jäger, die den Elbübergang des Blücherschen Corps zu decken hatten. Sie taten es mit Ruhm und Geschick. Die Jäger kehrten nicht nach Mittenwalde zurück. Yorck selbst nur auf wenige Tage, Januar 1807. 3) Dann rief ihn die Not des Vaterlandes dorthin, wo damals allein noch Preußen war – nach Königsberg. Die Mittenwalder aber waren stolz auf ihren Yorck, und als nach schweren Jahren der Erniedrigung alles Volk in Preußenland zu Gewehr und Lanze griff und »Landwehr« wurde, da griffen die Mittenwalder zur Büchse und wurden – Jäger . Wenigstens deutet darauf die Gedächtnistafel in der Kirche hin, wo die Namen der Gefallenen fast ausnahmslos die Bezeichnung J., F. J. und G.-J., das heißt also Jäger, Freiwilliger Jäger und Garde-Jäger, tragen.
Das Haus, das Major von Yorck bewohnte, existiert noch. Es ist jetzt ein Gasthaus, in der Hauptstraße der Stadt gelegen, und führt wie billig den Namen » Hotel Yorck «. Über der Haustür erblicken wir eine Nische, und an derselben Stelle, wo sonst wohl ein »Mohr« oder ein »Engel« zu stehen pflegt, steht hier eine Büste des alten Yorck. Auch in den Zimmern findet sich sein Bild. Die Lokalität ist im großen und ganzen noch dieselbe, wie sie vor siebzig Jahren war: hinter dem Hause der Hof und hinter dem Hof ein Garten, beide von Stall- und Wirtschaftsgebäuden umstellt, an deren Außenwänden sich allerlei Treppen und Stiegen im Zickzack entlangziehen. Im Innern des Hauses hat sich natürlich viel verändert, und nur das Zimmer, das er selbst zu bewohnen pflegte, zeigt noch ein paar der alten, übrigens höchst einfachen Stuckverzierungen. Über dem Sofa hängt der Kaulbach-Muhrsche Jeremias und von der Decke herab eine Kamphinlampe. – Beides Kinder einer andern Zeit.
Wer reist nach Mittenwalde?
Tausende wallfahrten nach Gohlis, um das Haus zu sehen, darin Schiller das Lied »An die Freude« dichtete. Mittenwalde besucht niemand, und doch war es in seinem Propsteigarten, daß ein anderes, größeres Lied an die Freude gedichtet wurde, das große deutsche Tröstelied: »Befiehl du deine Wege«.
----
Propst Straube (1841
Weitere Kostenlose Bücher