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Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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die Kleinen an ihren Tischen und ließen sich's schmecken. Frau von Beeren konnte die Züge der einzelnen nicht unterscheiden, aber sie sah die lebhaften Bewegungen und erkannte deutlich, daß alle sehr heiter waren. Nach dem Essen wurde getanzt. Eine leise Musik, wie wenn Violinen im Traum gespielt würden, klang durch das ganze Zimmer. Als der Tanz vorüber war, ordneten sich alle wieder zu einem Zuge und erschienen abermals vor dem Bett der Wöchnerin und dankten für freundliche Aufnahme. Zugleich legten sie ein Angebinde nieder und baten die Mutter, des Geschenkes wohl achtzuhaben: die Familie werde blühen, solange man das Geschenk in Ehren halte, werd aber vergehen und verderben, sobald man es mißachte. Dann kehrten sie unter den Ofen zurück, die Lichterchen erloschen, und alles war wieder dunkel und still.
    Als Frau von Beeren, unsicher, ob sie gewacht oder geträumt habe, nach dem Angebinde sich umsah, lag es in aller Wirklichkeit auf der Wiege des Kindes. Es war eine kleine Bernsteinpuppe mit menschenähnlichem Kopf, etwa zwei Zoll lang und der untere Teil in einen Fischschwanz auslaufend. Dieses Püppchen, das Leute, die zu Anfang dieses Jahrhunderts lebten, noch gesehen haben wollen, führte den Namen »Allerhühnchen« (Alräunchen) und galt als Talisman der Familie. Es vererbte sich von Vater auf Sohn und wurde ängstlich bewahrt und gehütet. Geist von Beeren indessen kümmerte sich wenig um das wunderliche Familienerbstück; war er doch kein Freund von Sagen und Geschichten, von Tand und Märchenschnack, und was seiner Seele so ziemlich am meisten fehlte, war Pietät und der Sinn für das Geheimnisvolle.
    Allerhühnchen hatte lang im Schrank gelegen, ohne daß seiner erwähnt worden wäre. Da führte das Weihnachtsfest eine lustige Gesellschaft bei Geist von Beeren zusammen, und der Zufall wollte, daß einer der Gäste vom »Allerhühnchen« sprach. »Was ist es damit?« hieß es von allen Seiten, und kaum daß die Frage gestellt worden war, so wurd auch schon die Geschichte zum besten gegeben und das Allerhühnchen herbeigeholt. Geist von Beeren ließ es rundum gehen, witzelte und spöttelte und – warf es dann ins Feuer.
    Von dem Augenblick an brach das Unheil herein, und jene Schläge kamen, deren ich teilweis schon erwähnte. Zweimal brach Feuer aus, Krieg und Mißwachs zerstörten die Ernten, und rasche Todesfälle rafften die Glieder der Familie fort. Der General starb plötzlich, bald darauf die beiden Söhne desselben, endlich Geist von Beeren selbst. Die junge Witwe, welche Geist hinterließ, verlobte sich zwei Jahre später mit dem Hauptmann Willmer 1) , einem liebenswürdigen Mann, und die Hochzeit stand nahe bevor. Da geriet Willmer in Streit mit einem Kameraden, einem Herrn von Dolfs von den Gardekürassieren, und in der Heide von Wulkow kam es zum Duell. Willmer ward erschossen. Sein Grab befindet sich auf dem Kirchhofe von Großbeeren. Neben ihm ruht die Tochter des »tollen Geist«, die ebenfalls auf rätselhafte Weise starb. Sie war in Berlin im Pensionat und fuhr nach Großbeeren hinaus, um ihre Mutter zu besuchen. Als der Wagen vor dem Hause hielt, schien das Fräulein fest und ruhig zu schlafen – sie war tot . Frau von Geist verkaufte schließlich die Besitzung, aber der Unsegen dauerte fort. Nichts gedieh, nichts wollte vorwärts. Der nächste Besitzer verlor sein Vermögen, der ihm folgende führte ein wüstes, unstetes Leben und verscholl, der dritte hielt sich, aber Streit und Hader verbitterten ihm die Tage.
    Der Unsegen blieb; aber es blieb auch ein Geistsches Element an dieser Stelle lebendig, ein halb rätselhaftes Verlangen, es ihm an Tollheiten nachzutun. Man kann hieran Studien machen über die Macht und die nachwirkende Kraft eines Originals. Alle Nachfolger des »tollen Geist« hatten einen Zug von ihm, der letzte Besitzer, ein Rittmeister Briesen, am meisten. Sein größter Verehrer aber und ebenso sein begeistertster Nachahmer in allen Dingen, die sich nachahmen ließen, war ein Herr von Beier, der Großbeeren von 1827 bis 1837 besaß. Als eines Abglanzes ehemaliger Geistscher Herrlichkeit sei seiner am Schluß dieser Skizze gedacht. Es lag ihm daran, dem Herrenhause zu Großbeeren den Ruf von etwas Apartem zu erhalten, und kaum daß er von der Existenz eines in Zossen lebenden alten Mannes gehört hatte, der zur Zeit des »tollen Geist« eine Art Kammerdiener bei diesem gewesen, so ließ er sich's angelegen sein, denselben zu engagieren. Der alte Mann kam auch

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