Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
gelegenen Dorfe »Schlabrendorf« nannten, gerade so, wie sich die Gröbens in voraufgegangener Zeit nach dem im Teltow gelegenen Dorfe Gröben ihren Namen gegeben hatten.
Aus den ersten zwei Jahrhunderten der Anwesenheit der Schlabrendorfs in Gröben und Siethen wissen wir wenig von ihnen. Es scheint nicht daß sie sich hervortaten, einen ausgenommen, Johann von Schlabrendorf, der in die geistliche Laufbahn eintrat und in dem Jahrzehnte, das dem Auftreten Luthers unmittelbar voranging, zum Bischof von Havelberg aufrückte. Wegen seiner Vorliebe für die Prämonstratenser behielt er die Tracht derselben bis an sein Lebensende bei. »Es wird ihm nachgerühmt«, so schreibt Lentz in seiner »Stifts-Historie von Havelberg«, »daß er ein rechter Geistlicher gewesen, der fleißig in der Bibel gelesen und seine horas canonicas selber abgewartet, auch mit seinen Canonicis einen Vers um den andern dabei gebetet habe. Daneben hab er auch auf seiner Burg zu Wittstock als ein rechter Herr und Fürst zu leben und einen convenablen Hofstaat mit einem zahlreichen Gefolge von Rittern und Edelknaben zu halten gewußt. Ebenso Koppeln und Meuten und einen wohlbesetzten Marstall. Ingleichen auch hab er der Armen nicht vergessen und sie mit Bier und Brot allezeit reichlich versorgt.«
So Lentz in seiner »Stifts-Historie«. Daß dieser Bischof aber speziell dem Hause zu Gröben entsprossen gewesen, dafür spricht mit großer Wahrscheinlichkeit ein noch jetzt in der Gröbener Kirche befindliches Glasfenster, das in seinem Oberteile die Bischofsmütze samt zwei gekreuzten Bischofsstäben, darunter aber das Schlabrendorfsche Wappen zeigt.
Aus dem Gröbener Kirchenbuch
Auf dieses Vorerzählte beschränkt sich alles, was wir durch zwei Jahrhunderte hin einerseits von den Schlabrendorfs selbst, andrerseits von den ihren Hauptbesitz bildenden Schwesterdörfern Gröben und Siethen wissen, und erst von 1604 ab, wo Pastor Johannes Thile I. ins Gröben-Siethener Pfarramt eintrat und das seit 1575 bestehende Kirchenbuch eifriger als seine Vorgänger zur Hand nahm, um Aufzeichnungen darin zu machen, erst von diesem Jahre 1604 an erfahren wir Eingehenderes aus dem Leben der beiden Dörfer.
Um ebendieser Aufzeichnungen willen, die – mit Ausnahme der Schlußepoche des Dreißigjährigen Krieges – durch alle Nachfolger Johannes Thiles I. getreulich fortgesetzt wurden, ist denn auch das Gröben-Siethener Kirchenbuch ein wahrer historischer Schatz und für die Kultur- und Sittengeschichte der Mark von um so größerem Wert, als es im ganzen genommen in unsrem Lande doch nur wenige Kirchenbücher gibt, die bis 1604 zurückgehen. Es ist ein vollkommner Mikrokosmus, dem wir in diesem alten, wurmstichigen und selbstverständlich in Schweinsleder gebundenen Bande begegnen, und alles, was das Leben, und nicht bloß das Leben einer kleinen Dorfgemeinde, zu bringen vermag, das bringt es auch: Krieg und Pest und Wasser- und Feuersnot und Mißwachs und Mißgeburten. Und daneben Unglück über Unglück, heut auf dem Gröbener und morgen auf dem Siethener See. Fischer ertrinken, Brautzüge werden vom Sturm überrascht, und in Winterdämmerung Verirrte brechen ein in die kaum überfrorenen Lunen oder erstarren in dem zusammengewehten Schnee. Dazu Mord und Brand und Stäupung und Enthauptung und auf jedem dritten Blatte das alte Lied von Ehebruch und »Illegitimitäten« aller Art, an die sich dann regelmäßig und wie das Amen in der Kirche die pastoralen und meist invektivenreichsten Verurteilungen knüpfen. Aber immer im Lapidarstil.
Und nun möge das Kirchenbuch sprechen.
Aufzeichnungen des Pastors Johannes Thile I. 1)
»In diesem Jahre 1609 ist Herr Ernst von Schlabrendorf, Erbherr auf Gröben und Siethen, aus dieser Zeitlichkeit geschieden. Er war vermählt mit Ursula von Thümen, aus welcher Ehe demselben zwei Söhne geboren wurden: Joachim von Schlabrendorf und Melchior Ernst von Schlabrendorf. An Melchior Ernst kam Gröben, und an Joachim kam Siethen, so daß wir von diesem Jahre 1609 an zwei Schlabrendorfsche Linien haben: eine gröbensche und eine siethensche.
1620 am 18. Oktober hat der an der Nuthe wohnende Vogt Hans Blume seinen Stiefvater Hans Möller mit einer Büchse erschossen.« Nachschrift aus dem Jahre 1622: »Selbiger Hans Blume wurde von den Obrigkeiten zu keiner Strafe gezogen, vielmehr heimlich über die Grenze geschafft. Er ging nun in den Krieg nach Böhmen. Eh er aber nach Prag kam, ward er, nach gerechter
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