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Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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besten zu dem nahe gelegenen Reiherhorst führen würde, war mittlerweile zugunsten von Lieutenant Apitz entschieden worden. Also »querdurch«. Wir erkletterten zunächst das Uferbastion, in dessen Schutze wir lagen, hielten kurze Umschau und schlugen uns dann, immer die Höhe haltend, waldeinwärts. Nach längerem Suchen und Irren, das zu den üblichen Bemerkungen über »Richtwege« führte, hatten wir endlich die Reiherkolonie, ihre Wohn- und Brutstätte vor uns und schritten ihr zu.
    Dieser Reiherhorst, wie jeder andere, befindet sich in den Wipfeln alter Eichbäume, die, zu mehreren Hunderten, auf der plattformartigen Kuppe einer abermaligen Ansteigung des Waldes stehen. Eine Anzahl dieser Eichen, vielleicht die Hälfte, war noch intakt, die andere Hälfte aber zeigte jeden Grad des Verfalls, und zwar um so mehr, je länger sie des zweifelhaften Vorzuges genossen, im Reiherdienste zu stehen, das heißt also, ein Reihernest in ihren Wipfeln zu tragen. Die Zahl dieser Nester wechselt. Manche Bäume haben eins, andere drei und vier. Das letztere ist das gewöhnlichere. Aber ob eins oder mehrere, über kurz oder lang trifft sie dasselbe Schicksal: sie sterben ab, unter dem Einfluß der Reiherwirtschaft, namentlich der Reiher-Kinderstube, deren Details sich jeder Mitteilungsmöglichkeit entziehen.
    Erst Mitte Juli pflegen die Jungen flügge zu werden. In diesem Jahre jedoch mußten sie kräftiger oder gelehriger gewesen sein; jedenfalls fanden wir alles ausgeflogen und sahen uns in der angenehmen Lage, jede einzelne Wohnstätte aufs genaueste mustern zu können. Was die Wipfel der Bäume angeht, so bleibt dem Gesagten an dieser Stelle nichts hinzuzufügen; aber auch der Untergrund erzählt noch manche Geschichte. Hier und dort lag zu Füßen einer wie geschält aussehenden, ihrer Rinde halb entkleideten Eiche das Federwerk eines Jungvogels. Das erklärt sich so. Fällt ein junger Reiher vor dem Flüggewerden aus dem Nest, so ist er verloren. Ein freies, selbständiges Leben zu führen, dazu ist er noch zu jung, ihn wieder in das Nest hinaufzuschaffen, dazu ist er zu schwer. So bleibt er liegen, wo er liegt, und stirbt den allerbittersten Tod unter den Unbilden seiner nächsten Verwandten, die, ohne ihre Lebens- und Anstandsformen im geringsten zu ändern, erbarmungslos zu seinen Häupten sitzen.
    Unter anderen Bäumen lagen herabgestürzte Nester. Sie gaben uns Veranlassung, ein solches zu untersuchen. Es ist einem Storchennest ähnlich, aber noch gröber im Gefüge, und besteht aus angetriebenem Holz der verschiedensten Arten: Kiefern-, Elsen- und Weidenzweige. Dazu viel trockenes Stechapfelkraut, lange Stengel, mit aufgesprungenen Kapseln daran. Ob sie für dies Kraut um Geruches willen, vielleicht auch als Arzneidrogue, eine Vorliebe haben oder ob es ihnen lediglich als Bindemittel zu festerer Verschlingung der dicken Holzstäbe dient, muß dahingestellt bleiben. Überall aber, wo ein solches Nest lag, sproßte wuchernd aus hundert Samenkörnern ein ganzer Giftgarten von weißblühender Datura auf, der übrigens, jede Ausschließlichkeit vermeidend, auch anderem Blumenvolk den Zutritt gestattete. Nur »von Familie« mußten die Zugelassenen sein: Wolfsmilch, Bilsenkraut, Nachtschatten. Das Harmloseste, was sich eingeschlichen hatte, war Brennessel.
    Ein Erinnerungsblatt hier mitzunehmen verbot sich; so mußten die umherliegenden Federn aushelfen. Ein paar der schönsten an unsere Mützen steckend, kehrten wir, nunmehr des Weges kundig, in kürzester Frist an Bord unseres Schiffes zurück.
    Hier hatte sich mittlerweile Mudy nach mehr als einer Seite hin legitimiert. Der Tisch war unter einer ausgespannten Leinwand gedeckt; der weißeste Damast, das blinkendste Silber lachten uns entgegen. Selbst an Tafelaufsätzen gebrach es nicht. Neben dem großen Köpenicker Baumkuchen parodierten zwei prächtige, in hundert Blüten stehende Heidekrautbüschel, die Mudy, samt dem Erdreich, ausgeschnitten und in zwei reliefgeschmückte Weinkühler eingesetzt hatte. Aber Größeres war uns vorbehalten, was sich erst offenbaren sollte, als die Reihe der vorschriftsmäßigen Gänge, unter denen sich besonders das Fischgericht »Schlei mit Dill« auszeichnete, beendet war. Ob aus Nachklang oder Inspiration, aus Erinnerung oder geoffenbarter Weisheit, gleichviel, in Mudys Seele hatte die Vorstellung gedämmert, daß »das Dessert die Krone jedes Mahles sei«. Und dieser Vorstellung Ausdruck zu geben, hatte er sich beflissen gezeigt.

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