Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
Male nicht bloß verheiratete, sondern diesen dritten Mann, den sie nie gesehen, von Paris her sich schicken ließ , das war mehr, als die Oberkammerherrin von Burgsdorf, die funfzig Jahre lang erst als die Tochter und dann als die Gattin des vornehmsten Mannes in Kurmark Brandenburg gelebt hatte, ruhig ertragen konnte. Diese Heirat zehrte an ihrem Herzen und vergällte ihr das letzte Jahrzehnt ihres Lebens.
Die Ehe selbst aber, die zu dieser Verbitterung Anlaß gab, bildet einen zu charakteristischen Zug für die Sittengeschichte jener Zeit, als daß ich es mir versagen könnte, den Hergang ausführlicher zu erzählen.
Frau von der Goltz (geborene von Burgsdorf, verwitwete von Canitz) war kaum von ihrem zweiten Manne, dem General von der Goltz, getrennt, als sie den Vorsatz faßte, sich zum dritten Male zu vermählen, und zwar, coûte que coûte, mit einem Franzosen. Bei ihrer Schwärmerei für alles Französische kam es ihr auf eine Wahl im besonderen nicht an. Sie schrieb deshalb ihrem Pariser Kommissionär, der sich bis dahin durch seinen feinen und guten Geschmack in der Übersendung von Coiffüren und Modeartikeln bewährt hatte, ihr einen Mann zum Heiraten zu schicken, der rüstig, fein und geistvoll und selbstverständlich auch von Adel sei. Der Auftrag wurde prompt ausgeführt. Nach etwa vier Wochen traf in Berlin ein Franzose von über fünfzig Jahren ein und meldete sich bei Frau von der Goltz als derjenige, den sie gewünscht habe. Sein Name war Peter von Larrey, Baron von Brunsbosc, aus einer alten Familie in der Normandie. Die Ehe kam wirklich zustande und war glücklich . Frau von Burgsdorf indes konnte die Kränkung, die ihr dieser abenteuerliche Vorgang bereitet hatte, nicht verwinden. Die Partie mit dem normannischen Baron, der vielleicht keiner war, zehrte an ihrem Leben, und sie starb, nachdem sie längst vorher, mit Umgehung ihrer Tochter, den Sohn dieser Tochter aus erster Ehe, den Freiherrn von Canitz, zum Erben all ihrer Güter, das schöne Blumberg mit eingeschlossen, eingesetzt hatte.
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Dieser Geheime Rat« bestand aus acht Mitgliedern, darunter drei Doktoren der Rechte, die, meist auch später noch, aus bürgerlichem Stande genommen wurden. Die acht Mitglieder waren: Hieronymus Graf von Schlick, Präsident; Johann von Löben, Kanzler; von Benkendorf, Vizekanzler; Christoph Friedrich von Wallenfels; Hieronymus von Dieskau; Friedrich Pruckmann; Simon Ulrich Pistorius; Johann Hübner. ._.
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Freiherr von Canitz
Und diesem Freiherrn von Canitz wenden wir uns nunmehr ausführlicher zu. Sein Bildnis fehlt zwar an dem breiten Mauerpfeiler, an dem es früher hing, und Großmutter und Enkel, das Lächeln des einen und der herbe Gesichtsausdruck der andern, begegnen sich nicht länger mehr an dieser Stelle; das Totalbild des »Poeten« aber, seinen Charakter wie seine Erscheinung, hat uns eine zeitgenössische Feder aufbewahrt, und mit Hülfe dieser Aufzeichnungen erneuern wir auf Momente das Bild und führen es an des Lesers Auge vorüber.
»Canitz, der Poet war von mittlerer, wohlgewachsener Gestalt, in den späteren Jahren etwas untersetzt und stark; sein Gesicht voll, offen, wohlgebildet, seine blauen Augen lebhaft, sein Ansehn männlich. Bei einer weißen Haut und freien Stirn hatte er einen freundlichen Mund, der sich nur manchmal eines spöttischen Lächelns nicht erwehren und seine angeborene Neigung zur Satire nicht ganz verbergen konnte.«
So schildert ihn sein Biograph, und dementsprechende Züge mocht auch das Bildnis zeigen, das einst hier hing. Aber an jenem Sonntage des Monats Juni 1699, als er zum letzten Mal in diesen Chorstuhl uns unmittelbar zur Rechten eintrat, um andächtiglich der Rede des Geistlichen zu folgen, zuckte kein spöttisches Lächeln mehr um seinen Mund, und die »angeborene Neigung zur Satire« hatte längst einem Besseren Platz gemacht. Er wußte, daß ein anderes Leben seiner harre, und von Todesgewißheit erfüllt, hatte er in tiefer Rührung zu Spener die Worte gesprochen: »Wenn Gott mich wieder aufrichtet, so will ich dem eitlen Wesen dieser Weit mich ganz entziehn und mich dem widmen, was das allein Notwendige ist.« Canitz wußte, daß er nur noch Wochen zu leben habe (die Ärzte hatten es ihm gesagt, weil er es zu wissen verlangt hatte), und die Textesworte, die eben jetzt gelesen wurden, trafen sein Herz. »Es wird gesäet verweslich und wird auferstehen unverweslich; es wird gesäet in Unehre und wird auferstehen in Herrlichkeit.« Diese
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